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Die zweite Todsuende

Die zweite Todsuende

Titel: Die zweite Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
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auseinander.
    «So ungefähr. Drei Zentimeter. Fünf. Keine Fasern und keine Haare dran. Nichts, was den Schluß zugelassen hätte, daß sie Maitland oder der Puppe gehörte.»
    «Glänzte sie?»
    «O ja. Sie war erst vor kurzem benutzt worden.»
    «Dann hat sie bestimmt einer Frau gehört», sagte Delaney. «Was sollte auch Maitland schon damit anfangen - die Unterwäsche zusammenstecken, die er nicht trug? Nein, an dem Vormittag war bestimmt ein junges Mädchen bei ihm.»
    Auf der langen, stockenden Fahrt nach Norden redeten beide nicht. Erst etwa auf der Höhe der 14th Street sagte Delaney: «Sergeant, tut mir leid, daß ich Sie angeblafft habe, weil die Sicherheitsnadel in den Akten nicht erwähnt wurde. Ich weiß, das ist nicht Ihre Schuld.»
    Boone wandte kurz den Kopf und bedachte ihn mit seinem jungenhaften Grinsen.
    «Blaffen Sie nur, soviel Sie wollen, Chief», sagte er. «Ich hab Schlimmeres einstecken müssen.»
    «Das haben wir wohl alle», sagte Delaney. «Hören Sie, ich habe nachgedacht… ich mache diesen Job nun schon seit sehr langer Zeit, und ich weiß, daß vieles bei den Berichten unter den Tisch fällt. Das kann ja nicht anders sein. Schließlich kann kein Kriminalbeamter alles schriftlich festhalten, sonst würde er sein Leben lang hinter der Schreibmaschine hocken und hätte keine Zeit mehr für die Ermittlung selbst. Die Erstellung eines Berichts ist ja schon Teil des Ermittlungsprozesses. Der Beamte wählt aus, was seiner Meinung nach bedeutsam ist, was irgendwelche Rückschlüsse zuläßt. Was er nicht erwähnt, ist etwa, daß derjenige, den er beschattet, Kaugummi kaut, oder die Frau, die er vernimmt, Chanel No. 5 benutzt. All den belanglosen Kram läßt er beiseite. Oder das, was er für belanglos hält. Verstehen Sie? Er berichtet nur das, was seiner Meinung nach wichtig ist. Oder noch richtiger: was seine Vorgesetzten seiner Meinung nach für wichtig erachten. Stimmen Sie mir zu?»
    «Mit einer Ausnahme», sagte Boone vorsichtig. «Manchmal erwähnt ein Beamter etwas, was ihm selbst nicht besonders bedeutungsvoll vorkommt, was aber so ungewöhnlich oder sonderbar oder einfach befremdlich ist, daß er meint, seine Vorgesetzten müßten es erfahren.»
    «Das ist dann schon ein sehr guter Beamter, denn genau das sollte er tun. Selbst wenn nichts dabei herauskommt. Erweist es sich dann, daß sein Tip heiß ist, hat er einen Stein im Brett. Stimmt's?»
    «Stimmt, Sir. Da bin ich Ihrer Meinung.»
    «Trotzdem.» Delaney ließ es nicht dabei bewenden. «Viele Dinge bleiben unerwähnt. Kleinigkeiten. Manches ist wirklich belanglos und sollte unerwähnt bleiben. Hin und wieder aber könnte ein Fall sehr viel früher abgeschlossen werden, wenn solche Lappalien in den Akten gestanden hätten. Ich hatte mal einen Mordfall, oben in Fünf-zwo. Jemand wurde erdrosselt, in einem riesigen Mietshaus. Zehn Wohnungen allein im Erdgeschoß. Selbstverständlich wurden die Nachbarn vernommen. Kein Mensch hatte etwas gehört; der Flur war mit einem dicken Läufer ausgelegt. Eine alte Dame erwähnte allerdings, an ihrer Tür habe ein Hund geschnuppert und leise gejault. Doch das bedeute wohl nichts, denn allein auf ihrem Stockwerk hätten vier Mieter einen Hund und führten ihn häufig aus. Also kam nichts davon in den Bericht. Vierzehn Tage später sind wir immer noch nicht weiter und fangen noch mal ganz von vorn an. Wieder erwähnt die alte Dame den Hund, der an ihrer Tür geschnüffelt hat. Diesmal kommt das in den Bericht, und der Lieutenant beauftragt mich, bei allen Hundebesitzern auf diesem Stockwerk nachzufragen. Keiner von ihnen hatte zur Tatzeit seinen Hund ausgeführt. Aber der Mann, der erdrosselt wurde, hatte einen ziemlich ruppigen Freund, und der hatte einen Hund. Ging nie ohne ihn aus. Eines führte also zum andern, und schließlich konnten wir ihn festnageln. Wäre dieser schnüffelnde Köter gleich erwähnt worden, hätte uns das womöglich wochenlange Kopfschmerzen erspart. Und was den Fall Maitland betrifft, so haben viele Männer daran gearbeitet, und ich wette, das eine oder andere steht nicht in den Berichten. Ich mache den Männern keinen Vorwurf, ich weiß ja, wieviel sie zu tun haben. Aber es ist möglich, daß manches, was damals unerheblich schien, für Sie und mich jetzt von Nutzen wäre - jetzt, wo ich reichlich Zeit habe, mich um jede Kleinigkeit zu kümmern, weil uns keiner im Nacken sitzt.»

    Boone schnappte sofort nach dem Köder.
    «Was könnte ich dabei tun, Chief?»
    «Sie

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