Diebin der Nacht
etwas anginge.«
»Das habe ich auch nie behauptet. Und nun lass mich bitte vorbei!«
»Du kleine Närrin, ich arrangiere das alles doch nur, um ein Gerücht in die Welt zu setzen und einen Skandal heraufzubeschwören, siehst du das denn nicht? Um Caroline zu bedrängen, denn ich wusste mit Sicherheit, dass sie davon erfahren würde. Vielleicht ist es sogar schon geschehen.«
»Und das macht das Ganze dann annehmbar?«, fragte sie mit großen, empörten Augen. Eine heftige Wut verkrampfte ihre Eingeweide. »Du weißt ganz genau, dass Lance Streeter und dieses blutsaugende Pack von Lästerzungen einen öffentlichen Wirbel darum machen werden. Was soll’s also, dass unsere Verlobung nur vorgetäuscht ist; die Öffentlichkeit nimmt sie als echt hin. Aber was du heute getan hast, wird mich mehr als alle anderen erniedrigen. Du hattest doch geschworen, mich nicht vernichten zu wollen.«
Er schüttelte den Kopf. »Falsch. Du liegst völlig falsch.
Du sprichst von der Öffentlichkeit, aber für sie ist eine provinzlerische Moralvorstellung in der sündigen Stadt fehl am Platz. Caroline wird diejenige sein, die kochen wird vor Wut, denn diese Geschichte zeigt ihr, dass ihre Zügel ihr zu entgleiten drohen.
»Oh, du machst mich krank, Rafe, weißt du das? Die Massen dies, Mrs. Astor das ... du und Abbot, ihr seid euch wirklich sehr ähnlich. Es ist Mrs. Astors geschlossene Welt im Kampf mit dem dampfenden Misthaufen, und du bist anscheinend entschlossen zu beweisen, dass der Misthaufen als Sieger hervorgehen wird. Aber was bringt es einem denn überhaupt, Recht zu haben?«
Rafe war es nicht gewohnt, versöhnlich zu sein. Andererseits konnte er aber auch nicht abstreiten, dass sie, zumindest im Augenblick, völlig Recht hatte.
»Ich verstehe deinen Standpunkt ja«, räumte er ein, »und du hast auch Recht, bis zu einem gewissen Punkt jedenfalls. Ich habe ein paar niederträchtige Taktiken angewandt, das gebe ich zu. Aber bedenke bitte auch meinen Standpunkt. Für ein paar Stunden Langeweile mit Antonia kann ich meinen Feind schockieren. Ohne einen eigentlichen Verstoß habe ich den Einsatz in meinem Kräftemessen mit Caroline erhöht.«
»Schön. Aber warum bist du dann jetzt hier, um mir meinen Weg zu blockieren und mich erneut in die Enge zu treiben ? Warum bist du nicht weiterhin mit Antonia zusammen und arbeitest an deinem >Eindruck von Sünde< ?«
»Wegen dieses Blickes, den du mir vor ein paar Minuten zugeworfen hast, darum. Ich hatte das Gefühl, erdolcht zu werden. Die Frage sollte aber eigentlich lauten - warum bist du zu meinem Hotel gekommen?«
Ein plötzliches Erröten war nur ein Teil ihrer Antwort, aber seinem Grinsen nach zu urteilen war es der beste Teil.
»Ich ... ich bin heute Morgen in Sheridans Büro gewesen«, erklärte sie ihm unglücklich.
»Das dachte ich mir schon. Und... ?«
Ihr Kinn zitterte einen Moment lang, bevor sie sich wieder unter Kontrolle hatte, und dann antwortete sie: »Es war eine Katastrophe. Ich glaube, es ist mir gelungen, meine Identität zu schützen; aber sie haben mir ins Gesicht gelacht, und wer könnte ihnen das auch verübeln ?«
Seine Augen wanderten ihren Körper entlang, von den nassen Haaren bis hin zu ihren wohlgeformten Knöcheln. Ihr zerknittertes, durchnässtes Kleid ließ ihr wirres Haar nur noch wilder erscheinen. Der dünne Stoff des Baumwolloberteils ließ deutlich ihre Formen erkennen. »Die befreite Schönheit«, bemerkte er mit einem Lächeln.
»Ich sehe fürchterlich aus«, erwiderte sie trotzig.
»Falsch. Du siehst unzivilisiert und unersättlich aus und ... in der Tat ganz schön attraktiv.« Er küsste ihre feuchte Nase. »Sag mir, was machen wir nun? Wollen wir weiter hier herumstehen?«
»Hast du dich nicht um Antonia zu kümmern?«
»Nein. Ich war ziemlich unhöflich zu ihr, jetzt bin ich ganz für dich da.«
»Nun, ich bin an deine Unhöflichkeit gewöhnt. Aber eines sage ich dir«, nahm sie in einem Ausbruch trotziger Entrüstung den Kampf wieder auf, »ich werde jetzt nicht mit dir in dieses Hotel gehen. Nicht, nachdem du dort gerade erst mit ihr herumgeflirtet hast.«
»Einverstanden. Wie wärs denn mit folgendem Plan? Die Sonne müsste bald wieder hervorkommen. Ich werde dich nach Hause fahren, damit du dir trockene Sachen anziehen kannst. Dann verdrücken wir beide uns und machen eine kleine Kreuzfahrt auf dem Hudson. Wie wäre das?«
In der Tat, so dachte sie, ist das eine wundervolle Idee. Sie brauchte dringend eine Erholung
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