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Dieser Sonntag hat's in sich

Dieser Sonntag hat's in sich

Titel: Dieser Sonntag hat's in sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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mit der Aufschrift BETRETEN VERBOTEN; ich warf einen
Blick auf den Kilometerzähler. Bis der Zaun in eine weißgetünchte Adobemauer
überging, war ich mehr als fünf Kilometer gefahren. Die Mauer war fast einen
Kilometer lang. Dann öffnete sie sich bei einem Säulenpaar mit einem filigranen
schmiedeeisernen Bogen. Ich verlangsamte meine Fahrt und schaute zu der Kuppe
hinauf. Sie war noch weit entfernt, mindestens einen halben Kilometer, und
schien von herrlichen, terrassenförmig angelegten Gärten überwachsen zu sein.
Ich konnte Obstbäume erkennen mit Früchten, orange und gelb, deren Last die
Äste niederdrückte, und blühende Sträucher. Die geteerte Einfahrt war auf
beiden Seiten von Palmen gesäumt und endete oben in der Nähe eines riesigen, weißen
Hauses mit Ziegeldach. Es wurde von Eiben wie von stummen Totenwächtern
flankiert — Sallie Hydes Bezeichnung, Friedhofsbäume, fiel mir ein.
    Ich hielt vor der Einfahrt und warf
einen Blick auf den Schriftzug in dem Filigranmuster des Torbogens: BURNING OAK
RANCH. Dann legte ich den ersten Gang ein und fuhr langsam den Fahrweg hinauf.
Er weitete sich zu einem großen halbkreisförmigen Parkplatz, aber es waren
keine anderen Autos zu sehen. Ich ließ den MG auf der Schattenseite stehen,
stieg aus und atmete die herrliche Luft ein. Ich konnte die einzelnen Düfte
zwar nicht genau unterscheiden, aber ich glaubte, blühenden Jasmin und Lorbeer
herauszuriechen.
    Die Eingangstür befand sich in einem
kleinen geziegelten Vorhof, der mit einem schmiedeeisernen Tor verschlossen
war. Durch das Gitter konnte ich Blumenbeete sehen, die mit weißem Kies
eingefaßt waren. Ich fand eine Klingel, drückte sie und wartete. Niemand
antwortete. Ich läutete nochmals und drückte dann gegen das Tor. Es war
verschlossen. Gerade, als ich zu meinem Auto zurückgehen wollte, vernahm ich
ein Motorgeräusch, das über die Einfahrt herauf kam; es klang lauter als mein
MG — der alles andere als leise ist — , aber wesentlich gesünder. Als ein
alter, löffelförmiger Porsche mit dem persönlichen Nummernschild MR VET — Veterinär?
— auftauchte, ging ich auf ihn zu.
    Der Porsche hielt neben dem MG.
    Der Mann, der ihm entstieg, war jung,
gut einsfünfundachtzig groß, mit vollem, sonnengebleichtem Haar und passender
Bräune. Sein muskulöser Körper mit den langen kräftigen Beinen kam in dem
ärmellosen dunkelblauen Hemd und den khakifarbenen Shorts gut zur Geltung.
Seine Augen waren leuchtend blau, seine Zähne gleichmäßig weiß, und er hatte
auch noch ein Grübchen im Kinn. Der Traummann einer jeden Frau.
    Ich fühlte mich sofort abgestoßen.
    Ich beobachtete ihn wachsam, während er
über den Teerweg auf mich zukam. Zuerst meinte ich in seinen Augen einen Anflug
von Mißtrauen zu entdecken, aber nachdem er mich prüfend beäugt hatte, schien
er sich zu entspannen. Seine kritische Begutachtung war nicht von der
abschätzend sexuellen Art, wie das sonst bei diesen Typen so üblich ist, und
ich schämte mich fast für meine instinktive Abneigung. Als er mich höflich
fragte, ob er mir helfen könnte, befand ich, daß meine Reaktion wohl eher von
weichen Knien als aus dem Bauch gekommen war.
    Ich hatte mir eine plausible Geschichte
ausgedacht und stellte mich als Alissa Hernandez, Schadensprüferin bei einer
Versicherung vor. Das ist der Name einer Freundin, die für die Allstate
arbeitet und mir immer ein paar von ihren Visitenkarten überläßt; da ich zu
einem Achtel von Schoschonen abstamme, gehe ich bei nicht allzu kritischer
Betrachtung als Chicana durch. Ich benutze die Karten — oder Alissas Identität —
nur, wenn es wirklich notwendig ist; in diesem Fall war es notwendig. Die Leute
des Sheriffs von San Benito hatten Frank Wilkonson verhört und vermutlich auch
seinen Arbeitgeber; Ben Gallagher hatte ihnen möglicherweise den Namen der
Detektei genannt, die mit Wilkonsons Beschattung beauftragt worden war, und sie
hatten den Namen vielleicht weitergegeben.
    Der Mann studierte die Karte, die ich
ihm gegeben hatte. Aus der Nähe sah er älter aus, als ich zuerst angenommen
hatte: eher Ende dreißig als Mitte zwanzig. »Wenn es um den Unfall mit dem Laster
geht, müssen Sie mit meinem Verwalter sprechen.«
    »Es geht um den Verwalter. Er heißt
doch Frank Wilkonson?«
    Der Mann nickte.
    »Können wir uns im Haus unterhalten?«
Ich deutete auf das Tor. »Ich habe geläutet, aber es ist wohl sonst niemand zu
Hause.«
    Er blickte, offensichtlich ängstlich,
zum Haus

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