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Diesseits vom Paradies

Diesseits vom Paradies

Titel: Diesseits vom Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Scott Fitzgerald
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erfahren.«
    »Wird’s bald!«
    »Halten Sie den Mund!«, schrie Amory Olson an.
    Einen Augenblick Schweigen.
    »Stella Robbins«, stammelte sie schließlich. »Postlagernd, Rugway, New Hampshire.«
    Olson klappte sein Notizbuch zu und betrachtete sie mit höchst gewichtiger Miene.
    »Von Rechts wegen könnte das Hotel den Fall der Polizei melden, und Sie kämen ins Zuchthaus, jawohl, dafür, dass Sie ein Mädchen von einem Staat in einen anderen gebracht haben, zu unmoralischen Zwecken…« Er machte eine Pause, um die Gewichtigkeit seiner Worte wirken zu lassen. »Aber – das Hotel wird Sie laufenlassen.«
    »Die wollen bloß nicht in die Zeitung kommen«, rief Jill giftig. »Laufenlassen! Pah!«
    [362] Amory fiel ein Stein vom Herzen. Er spürte, dass er in Sicherheit war, und erst jetzt vermochte er abzuschätzen, in welch ungeheure Verwicklungen er hätte geraten können.
    »Es gibt jedoch einen Schutzverband der Hotels«, fuhr Olson fort. »Es ist schon zu viel in der Art vorgekommen, und wir haben ein Abkommen mit den Zeitungen getroffen, so dass Sie umsonst ein bisschen Publicity haben. Nicht der Name vom Hotel, sondern bloß eine Notiz, die besagt, dass Sie in Atlantic City ein bisschen Ärger hatten. Verstehen Sie?«
    »Ich verstehe.«
    »Sie kommen leicht davon – verdammt leicht –, aber –«
    »Lassen Sie’s gut sein«, sagte Amory munter. »Machen wir lieber, dass wir hier rauskommen. Wir brauchen keine Abschiedsrede.«
    Olson ging durch das Badezimmer und warf einen Blick auf Alecs stille Gestalt. Dann löschte er das Licht und bedeutete ihnen, ihm zu folgen. Als sie den Fahrstuhl betraten, erwog Amory ein Bravourstück und erlag schließlich der Versuchung. Er tippte Olson auf den Arm.
    »Würden Sie wohl den Hut abnehmen? Es ist eine Dame anwesend.«
    Olsons Hut sank langsam herunter. Im erleuchteten Foyer verbrachten sie zwei ziemlich peinliche Minuten, in denen sie vom Nachtportier und ein paar verspäteten Gästen neugierig angestarrt wurden; das grell gekleidete Mädchen mit gesenktem Kopf, der hübsche junge Mann mit trotzig hochgerecktem Kinn: Die Schlussfolgerung war nicht weiter schwierig. Dann die Kälte draußen – wo die [363] Salzluft noch frischer und schärfer war, mit der ersten Ahnung des frühen Morgens.
    »Sie können eins von den Taxis nehmen und verduften«, sagte Olson und wies auf die verschwommenen Umrisse von zwei Autos, deren Fahrer vermutlich schliefen.
    »Wiedersehn«, sagte Olson. Er griff andeutungsweise in seine Tasche, doch Amory schnaubte nur verächtlich, nahm das Mädchen beim Arm und wandte sich ab.
    »Was hast du dem Fahrer gesagt, wo er hinsoll?«, fragte sie, als sie die dämmrige Straße entlangrollten.
    »Zum Bahnhof.«
    »Wenn der Kerl meiner Mutter schreibt…«
    »Wird er nicht. Niemand wird je davon erfahren – außer unseren Freunden und Feinden.«
    Die Morgendämmerung brach über dem Meer an.
    »Es wird blau«, sagte sie.
    »Ja, sieht gut aus«, stimmte Amory kritisch zu, und dabei kam ihm ein Gedanke: »Es ist fast Frühstückszeit – willst du etwas essen?«
    »Essen«, sagte sie mit einem fröhlichen Lachen. »Essen –das war’s wohl, was die ganze Sache hat platzen lassen. Ungefähr um zwei haben wir uns ein großes Dinner aufs Zimmer bringen lassen. Alec hat dem Kellner kein Trinkgeld gegeben, also, nehm ich an, hat der Hund uns verpfiffen.«
    Jills bedrückte Stimmung schien schneller verflogen als die Nacht. »Eins sag ich dir«, erklärte sie mit Nachdruck. »Wenn du so ’ne Party aufziehen willst, dann lass die Finger vom Alkohol, und wenn du dich unbedingt besaufen willst, dann lass die Finger von Bettgeschichten.«
    »Ich werd’s mir merken.«
    [364] Er pochte plötzlich an die Scheibe, und sie hielten vor dem Eingang eines Restaurants, das die ganze Nacht geöffnet hatte.
    »Ist Alec ein guter Freund von dir?«, fragte Jill, als sie sich drinnen auf die Barhocker setzten und die Ellbogen auf die schmuddelige Theke stützten.
    »Früher schon. Jetzt wird er’s vielleicht nicht mehr sein wollen – und nie verstehen, warum.«
    »Du bist ganz schön verrückt, dir die ganze Schuld aufzuladen. Ist er denn so wichtig? Irgendwie wichtiger als du?«
    Amory lachte.
    »Das bleibt abzuwarten«, antwortete er. »Das ist die Frage.«
    Der Zusammenbruch mehrerer Stützpfeiler
    Als Amory zwei Tage später wieder in New York war, fand er in einer Zeitung, wonach er gesucht hatte – ein paar Zeilen, die jedem, der es wissen wollte, mitteilten,

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