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Diesseits vom Paradies

Diesseits vom Paradies

Titel: Diesseits vom Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Scott Fitzgerald
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bestimmt nicht!
    ROSALIND Ich behalte es lieber als schöne Erinnerung – tief in meinem Herzen verschlossen.
    AMORY Ja, Frauen können das vielleicht – aber Männer nicht. Ich würde nie daran denken, wie schön es war, solange es dauerte, sondern immer nur an die Bitterkeit, an die lange Bitterkeit.
    ROSALIND Nicht!
    AMORY Dich jahrelang nicht mehr zu sehen, nie mehr zu küssen, einfach den Schlüssel herumdrehen und fertig – du hast also nicht den Mut, meine Frau zu werden.
    ROSALIND Nein – nein – ich gehe den schwierigsten, den [282] härtesten Weg. Dich zu heiraten wäre ein Fehler, und ich mache nie Fehler – wenn du nicht aufhörst mit diesem Herumgerenne, fange ich an zu schreien!
    Er sinkt erneut verzweifelt auf die Couch.
    AMORY Komm her und küss mich.
    ROSALIND Nein.
    AMORY Willst du mich nicht küssen?
    ROSALIND Heute Abend sollst du mich ganz ruhig und kühl lieben.
    AMORY Der Anfang vom Ende.
    ROSALIND in plötzlicher Erkenntnis Amory, du bist jung. Ich auch. Jetzt verzeiht man uns noch unsere Posen und Eitelkeiten und dass wir manche Leute wie den letzten Dreck behandeln und trotzdem ungeschoren davonkommen. Jetzt verzeiht man es uns. Aber du wirst noch einige Schläge einstecken müssen…
    AMORY Und du hast Angst, dass du auch welche abbekommst.
    ROSALIND Nein, das nicht. Ich hab mal irgendwo ein Gedicht gelesen – du wirst wieder lachen und sagen, Ella Wheeler Wilcox – aber hör zu:
    Denn das ist Weisheit – zu lieben und zu leben,
    Hinzunehmen, was Gott oder das Schicksal uns gibt,
    Keine Fragen zu stellen, um nichts zu bitten,
    Die Lippen zu küssen und das Haar zu streicheln,
    Der Leidenschaft Ebbe zu durcheilen, wie wir die Flut begrüßen,
    Sich zu haben und zu halten und, wenn’s Zeit ist – sich loszulassen.
    [283] AMORY Aber wir haben uns noch nicht gehabt.
    ROSALIND Amory, ich bin dein – du weißt es. Es gab Augenblicke im letzten Monat, da wäre ich auf ein Wort von dir ganz dein gewesen. Aber ich kann dich nicht heiraten und damit unser beider Leben ruinieren.
    AMORY Wir müssen doch unsere Chance zum Glück nützen.
    ROSALIND Dawson sagt, mit der Zeit würde ich lernen, ihn zu lieben.
    AMORY , den Kopf in den Händen vergraben, rührt sich nicht. Plötzlich scheint alles Leben aus ihm gewichen zu sein.
    ROSALIND Liebster! Liebster! Ich kann nicht mit dir leben, und ich kann mir das Leben ohne dich nicht vorstellen.
    AMORY Rosalind, wir machen uns gegenseitig gereizt. Wir sind einfach beide zu angespannt, und diese Woche…
    Seine Stimme klingt seltsam alt. Sie geht hinüber zu ihm, nimmt sein Gesicht in ihre Hände und küsst ihn.
    ROSALIND Ich kann es nicht, Amory. Ich kann nicht irgendwo eingesperrt ohne Bäume und Blumen in einer kleinen Wohnung sitzen und auf dich warten. In so einer engen Umgebung würdest du mich hassen. Ich würde dich dazu bringen, dass du mich hasst.
    Erneut ist sie blind vor Tränen, die plötzlich hervorquellen.
    AMORY Rosalind…
    ROSALIND O Liebling, bitte geh – mach es doch nicht noch schwerer! Ich halt’s nicht mehr aus…
    AMORY mit verzerrtem Gesicht und gepresster Stimme Weißt du überhaupt, was du da sagst? Soll das heißen, für immer?
    [284] In ihrem Leiden ist plötzlich ein anderer Ton.
    ROSALIND Kannst du denn nicht verstehen…
    AMORY Ich fürchte, nein – wenn du mich wirklich liebst. Du hast einfach Angst, die nächsten beiden Jahre mit mir gemeinsam Schläge einzustecken.
    ROSALIND Ich wäre nicht mehr die Rosalind, die du liebst.
    AMORY etwas hysterisch Ich kann dich nicht aufgeben! Ich kann’s nicht, das ist alles! Ich muss dich einfach haben!
    ROSALIND mit einem harten Ton in der Stimme Jetzt benimmst du dich wie ein kleines Kind.
    AMORY wild Das ist mir egal! Du zerstörst unser Leben!
    ROSALIND Nein – ich tue das einzig Richtige.
    AMORY Willst du etwa Dawson Ryder heiraten?
    ROSALIND Oh, frag mich nicht. Du weißt, in mancher Hinsicht bin ich schon sehr erwachsen – und in anderer – na ja, bin ich noch ein kleines Mädchen. Ich liebe den Sonnenschein und hübsche Sachen und Vergnügtsein – und mir graust vor Verantwortung. Ich will nicht über Töpfe und Küchen und Besen nachdenken müssen. Meine einzige Sorge soll sein, ob meine Beine schön straff und braun werden, wenn ich im Sommer schwimme.
    AMORY Und du liebst mich.
    ROSALIND Ebendeswegen muss es ein Ende haben. Sich so weitertreiben zu lassen, das tut zu weh. Noch mehr solche Szenen können wir einfach nicht durchstehen.
    Sie zieht einen Ring vom

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