Doch du wirst nie vergessen: Roman (German Edition)
wirbelte ihm durch den Kopf. Er wusste, dass er versuchen sollte, die einzelnen Fragmente zusammenzusetzen, aber ein wichtiges Teil fehlte noch. Er wusste nichts über Pascals Privatleben, hatte keine Ahnung, wo er wohnte und ob er verheiratet war. Warum sollte ein Bestattungsunternehmer eine relativ gesicherte Zukunft aufgeben, um Hotelportier zu werden? Die beiden Berufe hatten rein gar nichts gemeinsam.
Als er den Blick zum Hotel wandte und sich fragte, ob er vielleicht irgendetwas übersehen hatte, fiel ihm ein Pärchen auf, das gerade aus einer Droschke stieg. Vor dem Ritz standen vier weitere Wagen bereit, um Fahrgäste aufzunehmen.
»Das ist es! Wir müssen den Fahrer finden, der Belle an diesem Abend abgeholt hat«, murmelte er. Er wusste, dass es kein leichtes Unterfangen sein würde, aber einen Versuch war es wert. Falls Pascal den Wagen bestellt hatte, war es durchaus möglich, dass der Fahrer regelmäßig Fuhren vom Hotel bekam.
Noah tauchte erst nach einer halben Stunde wieder auf. Als er Etienne entdeckte, lief er zu ihm.
»Dieser Pascal ist wirklich ein widerlicher Typ«, sagte er. »Ich habe ihn eine Weile im Umgang mit anderen Leuten beobachtet, und obwohl ich nicht verstehen konnte, was geredet wurde, habe ich zweimal gesehen, wie ihm etwas zugesteckt wurde, das verdächtig nach Geld aussah. Er spricht übrigens sehr gut Englisch. Als ich an der Reihe war, zeigte er mir sofort verschiedene Prospekte, machte mich aber darauf aufmerksam, dass heuteAbend schon sämtliche Shows ausverkauft seien, er mir aber für ein ›kleines Handgeld‹ über einen Kontaktmann Karten besorgen könne! Als ich nach Mädchen fragte, reagierte er eher zurückhaltend und sagte nur, dass er jemanden kennt, der vielleicht etwas arrangieren könnte. Ich hatte den Eindruck, dass er darauf wartete, einen größeren Geldschein zu ihm wandern zu sehen.«
»Hat er gefragt, wo Sie wohnen?«
»Nein, aber ich hatte so etwas wie einen Geistesblitz und erzählte ihm, dass ich in Paris wäre, um die Beerdigung meiner Tante zu organisieren, und nicht einmal wüsste, wo man hier ein Bestattungsunternehmen findet. Im Handumdrehen hatte er mir einen Namen aufgeschrieben. Hier!«
Noah reichte Etienne den Zettel. »Arnaud Garrow, Directeur de Services Funèbres«, las er. »Rue Custine, das ist nah beim Montmartre. Ob das der Mann ist, für den er früher gearbeitet hat?«
»Mir kommt es jedenfalls seltsam vor, dass ein Hotelportier die Anschrift eines Bestattungsunternehmers parat hat«, sagte Noah. »Hat der Kerl eigentlich überall seine Finger im Spiel?«
»Wir sehen uns das nachher gleich mal an«, sagte Etienne und erzählte Noah von seiner Absicht, den Droschkenkutscher zu finden, der am Donnerstag, dem elften April, eine junge Frau vom Hôtel Mirabeau in der Rue St.Vincent de Paul abgeholt hatte. »Reden wir erst mit den Fahrern und lassen uns dann von einem in die Rue Custine bringen.«
Noah hörte zu, wie Etienne mit dem Kutscher sprach. Er konnte nicht verstehen, was er sagte, wahrscheinlich bat er den Mann, bei seinen Kollegen wegen Belles Fahrt am elften des Monats herumzufragen. Wer dazu Informationen liefern konnte, sollte zu Gabrielle kommen, wo ihn eine Belohnung erwartete.
»Was ist, wenn Pascal davon Wind bekommt?«, fragte Noah, als der Kutscher mit der Peitsche knallte und das Pferd sich in Bewegung setzte.
»Das Risiko müssen wir eingehen. Wenn wir Belle finden wollen, brauchen wir diese Information.«
Arnaud Garrows Betrieb wirkte ziemlich armselig: Ein kleiner Laden, in dessen Fenster ein paar Wachsblumen auf verblasstem lila Satin vor sich hin staubten. Die beiden Männer wechselten einen erstaunten Blick.
»Passt nicht ganz zur Pracht des Ritz «, bemerkte Noah und grinste.
»Ich komme lieber mit und übernehme das Reden«, meinte Etienne. »Sieht nicht so aus, als ob hier jemand Englisch spricht. Ich sage einfach, wer uns das Unternehmen empfohlen hat, und warte die Reaktion ab. Wahrscheinlich gehört der Laden einem Freund oder Verwandten von Pascal. Sie müssen den dümmlichen Engländer sehr überzeugend gespielt haben.«
Ein dünner Mann mit dunklem, fettigem Haar, das sorgfältig über seinen fast kahlen Schädel gekämmt war, tauchte aus dem Hintergrund auf, als sie den Laden betraten. Seine Hemdsärmel waren hochgerollt, und seine dunkelgrüne Schürze war mit Sägespänen übersät. Als Noah ihn fragte, ob er Englisch spreche, schüttelte der Mann den Kopf. Jetzt sprang Etienne ein. Von dem
Weitere Kostenlose Bücher