Dohlenflug
Person ins Landhaus gelassen, die nicht
angemeldet war, nicht einmal Angehörige des Referats. Dazu war sie
viel zu sehr Profi.
Redl hatte inzwischen neben
der Haustür des Landhauses Stellung bezogen. Ein kurzer Blick zu
Feuersang, ein Tritt gegen die Tür, und sofort wich er wieder an die
Hauswand zurück.
Nichts passierte. Feuersang
ging mit dem StG im Anschlag und die Fenster im Auge behaltend auf das
Haus zu. Wieder tat sich nichts.
Nachdem sie auch das Vorhaus
geentert hatten, lief die Untersuchung der übrigen Räume nach
hundertfach gedrilltem Schema ab – mit negativem Erfolg: Das Gebäude
war verlassen. Redl meldete den Status sofort an alle befassten
Dienststellen und an Jacobi, der gerade in Salzburg gelandet war.
Unmittelbar danach schickte
Jacobi ein SMS auf Melanies Handy, in dem ebenso ohnmächtigen wie
verzweifelten Versuch, den Mörder von einer finalen Tat abzuhalten.
Feuersang ahnte, dass sich Jacobi für die misslungene
Zeugenschutzaktion mitverantwortlich fühlte. Auch sich einzureden,
mit einem Insider habe man nicht rechnen können, half nichts, wenn
man neben dem verzweifelten Schuldner Marageter nicht von Anfang an auch
andere Schuldner in Betracht gezogen hatte.
Sie begannen die
systematische Spurensuche im Vorhaus, wo Redl auf einem alten Kokosläufer
einige frische Blutspritzer fand – eine besondere Leistung, da er
die winzigen Flecken auf dem staubigen dunkelroten Hintergrund trotz
leichter Rotgrün-Blindheit bemerkte.
»Jemand, sehr
wahrscheinlich Melanie, ist hier attackiert worden«, vermutete der
Pinzgauer. Schweigend suchten sie nach weiteren Hinweisen, immer in dem
Bewusstsein, dass sich das Schicksal der Gesuchten bereits in diesen
Minuten entscheiden konnte – oder schon entschieden hatte.
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»ICH HOL JETZT die
Barren, dann schleppe ich Tinas Leiche zum nächsten Schacht, werfe
sie hinunter, und anschließend werden wir drei uns voneinander
verabschieden«, sagte Wegener beiläufig. Der Lichtstrahl der
Stablampe schwenkte von den am Boden liegenden Frauen weg und verschwand
im Mauerloch. Im Hauptstollen war es wieder stockdunkel, und die Schritte
im tauben Stollen entfernten sich nach hinten, dorthin, wo sich das
Abraummaterial befand – und das Gold.
»Ich habe nicht vor,
mich wie ein Schaf ohne Gegenwehr abschlachten zu lassen«, zischte
Kotek ihrer Leidensgenossin zu. »Jetzt packen Sie schon an. Sie müssen
mir behilflich sein, die –«
»Vergessen Sie es! Ich
habe es Ihnen schon mal gesagt: Ohne Licht brechen wir uns
hundertprozentig den Hals – mit oder ohne Tini! Und genau das will
er, dass wir uns von hier wegbewegen und irgendwo hinunterstürzen.
Unsre Leichen hier im Goldstollen abzulegen wäre aus seiner Sicht
nicht sehr zielführend. Suchhunde würden uns dort aufspüren,
und das wäre nun überhaupt nicht in seinem Sinn.«
»Aber wir können
doch nicht einfach hier bleiben und uns von ihm abstechen oder erschießen
lassen.« In ihrer Ohnmacht vermochte Kotek die Anspannung kaum noch
zu ertragen. Sie spürte den kalten Schweiß auf ihrer Stirn. Ihr
kam die ermordete Lotte Heinrich in den Sinn, die ihre Ermordung
vorausgeahnt – nein, vorausgefühlt hatte. Um ihrer beider Tod
vorauszusehen, benötigte Kotek jetzt wahrlich keinerlei
hellseherische Fähigkeiten. Plötzlich lachte sie so schrill auf,
dass Häuslschmied zusammenzuckte.
Ein ohrenbetäubender
gewaltiger Knall ließ das hysterische Gelächter abrupt
verstummen. Und ohrenbetäubend war die Detonation im wahrsten Sinn
des Wortes: Schall und Luftdruck nahmen den beiden Frauen nicht nur den
Atem, sondern ließen ihre schmerzenden Ohren auch vorübergehend
taub werden.
Vor dem zu erwartenden
Gesteinsregen duckten sie sich instinktiv auf den harten Stollenboden und
versuchten ohne Rücksicht auf den Leichnam Hohenauers ihren Kopf mit
beiden Händen zu schützen.
»Was … war
… das?«, fragte Kotek benommen. Ihre Gehirnerschütterung
schmerzte wieder stärker.
»Eine Explosion«,
sagte Häuslschmied hustend. Sie hatte aufs Geratewohl geantwortet,
verstanden hatte sie die Frage nicht. In ihren Ohren war nur noch ein
penetrantes Rauschen. Und wenn sie es auch nicht sehen konnte, so merkte
sie an der akuten Atemnot doch sehr rasch, dass der Stollen von dichtem
Staub erfüllt war. Steine aus der Trockenmauer hatten wie Schrapnells
in die gegenüberliegende
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