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Donner unter der Kimm

Donner unter der Kimm

Titel: Donner unter der Kimm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Ich werde dafür sorgen, daß Ihnen kein Leid geschieht.«
    Er ging an dem Posten vorbei, ohne ihn eines Blickes zu würdigen. Was hatte er da getan? Wie kam er dazu, ihr Versprechungen zu machen? Er kannte sie doch nicht einmal!
    Als er die Stufen des ersten Niedergangs hocheilte, wußte er die Antwort auf die beiden Fragen bereits: Es war der reine Wahnsinn. Ich bin wohl nicht bei Trost, dachte er.
    Plötzlich war er froh, wieder den Himmel zu sehen.
    Leutnant Hector Stayt beugte sich über den Tisch und legte Bolitho eine weitere Ausfertigung seiner Befehle zur Unterschrift vor. Wenn sie endlich auf der Reede von Gibraltar vor Anker gingen, würden die Dokumente an alle anderen Kommandanten weitergereicht werden. Das mochte noch zwei Tage dauern, wenn der Wind günstig blieb, oder auch länger. Seit dem Vorfall auf der
Orontes
war eine lange, ereignislose Woche vergangen, doch nun steuerte das Geschwader nach Südosten, und die spanische Küste zwischen Cadiz und Algeciras war für die scharfäugigsten Ausguckposten gerade noch sichtbar.
    Bolitho überflog Yovells runde Handschrift, ehe er seinen Namen daruntersetzte. Es waren gleichlautende Befehle, aber jeder Kommandant würde sie bei der Lektüre anders interpretieren.
    Er dachte an Keen und ihren unerwarteten Passagier. Die französischen Schiffbauer hatten hinter der Kapitänskajüte Platz für einen zusätzlichen Kartenraum gelassen, der nun für Zenoria Carwithen so behaglich wie möglich eingerichtet worden war. Eine Koje, ein Spiegel und saubere Laken aus der Messe hatten ihn verwandelt. Ozzard hatte sogar eine Kommode im Laderaum entdeckt und für Zenoria aufgestellt. Wir dürfen uns nicht zu sehr an ihre Anwesenheit gewöhnen, dachte Bolitho. In Gibraltar muß sie von Bord.
    »Ich habe etwas über dieses Mädchen erfahren, Sir Richard«, sagte Stayt.
    Es hatte nicht zum ersten Mal den Anschein, als habe der Flaggleutnant Bolithos Gedanken gelesen. Bolitho fand das enervierend.
    »Ja?« Er schaute vom Kartentisch auf.
    »Sie war an Krawallen beteiligt, die sich nicht weit vom Besitz meines Vaters ereigneten. Jemand wurde ermordet, ehe das Militär eintraf.« Er lächelte dünn. »Wie üblich zu spät.«
    Bolitho schaute an ihm vorbei auf die beiden Degen am Schott. Einer so schimmernd und glänzend, der andere im Vergleich fast schäbig.
    Stayt interpretierte sein Schweigen als Interesse. »Ihr Vater wurde gehängt.«
    Bolitho zog seine Taschenuhr hervor und klappte sie auf.
    »Zeit für die Signalübung, Mr. Stayt. Ich komme gleich an Deck.«
    Stayt ging. Er hatte einen federnden Gang, der großes Selbstvertrauen verriet.
    Bolitho runzelte die Stirn. Eingebildeter Fatzke.
    Yovell trat an den Tisch und sammelte die Papiere ein. Dabei warf er Bolitho über seine kleine Goldbrille hinweg einen Blick zu und sagte: »Ganz so hat es sich aber nicht ereignet, Sir Richard.«
    Bolitho schaute ihn an. »Dann sagen Sie mir, wie es war.« Yovell lächelte betrübt. »Carwithen war Drucker, Sir, ein guter sogar, wie ich hörte. Einige Landarbeiter ließen ihn Flugblätter drucken, Protestaufrufe gegen zwei Gutsbesitzer, die ihnen vorenthielten, was ihnen an Geld und Naturalien zustand. Dem Vernehmen nach war Carwithen ein Feuerkopf, der seine Meinung frei heraussagte, besonders wenn anderen Unrecht geschah.« Er wurde rot, aber Bolitho nickte.
    »Keine Angst, Mann, sprechen Sie.«
    Seltsam, daß ausgerechnet Yovell Bescheid wußte. Wenn er an Land war, wohnte er in Bolithos Haus, aber da er aus Devon stammte, galt er bei den Einheimischen als Zugereister. Trotzdem schien er immer zu wissen, was vorging.
    »Da Carwithens Frau kurz zuvor gestorben war, schickte man das Mädchen nach seinem Tod aus der Grafschaft weg.«
    »Nach Dorset?«
    »Jawohl, Sir.«
    Es mußte sich also nach den Krawallen, wie Stayt sie nannte, noch etwas abgespielt haben.
    Bolitho kam zu einem Entschluß und sagte: »Holen Sie Allday.«
    Allday schaute den Sekretär fragend an, als er eintrat, doch Yovell zuckte nur die hängenden Schultern.
    »Sir?«
    »Geh mit Yovell das Mädchen holen.« Er sah ihre Überraschung. »Und zwar sofort, wenn ich bitten darf.«
    Allday schob trotzig den Unterkiefer vor.
    »Wenn Sie das für klug halten, Sir…« Bolitho sah ihn fest an. »Das tue ich.«
    Ozzard reichte ihm seinen Rock, aber er schüttelte den Kopf. Sie mochte eingeschüchtert verstummen, wenn sie sich einem Vizeadmiral gegenüberfand. Nach Keens und Tuson Aussagen schien sie intelligent zu sein;

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