Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Donnerstags im Fetten Hecht: Roman (German Edition)

Donnerstags im Fetten Hecht: Roman (German Edition)

Titel: Donnerstags im Fetten Hecht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Nink
Vom Netzwerk:
Jurten Stimmen zu ihnen herüber. O’Shady legte die Hand über die Augen und sah hinüber.
    »Wissen Sie was? Lassen Sie uns später reden. Die Wettkämpfe beginnen gleich.«
    »Die Wettkämpfe?«
    »Sind gestern Abend beim Wodka beschlossen worden. Einer von den Gurragtschaas hat behauptet, sie seien die besseren Schützen und die besseren Reiter und überhaupt die besseren Männer, das konnten die Barlas natürlich nicht auf sich sitzen lassen. Deswegen wird die Behauptung gleich auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft. Kommen Sie, das wird ein ziemliches Spektakel!«

41
    Während sie sich ihren Weg durch die Ziegen bahnten, begann aus dem Lager im Tal unter ihnen der große Exodus: Die Mongolen marschierten in zwei langen Kolonnen hinaus in die Steppe und stellten sich auf freiem Feld in vielleicht zwanzig Meter Abstand voneinander auf. Beide Gruppen brachen augenblicklich in lautes Geschrei aus und beschimpften sich gegenseitig. Siebeneisen wunderte sich. Offenbar konnte man in diesem Land den Tag gemeinsam um einen wärmenden Ofen verbringen, um dann plötzlich so zu tun, als sei der andere Clan der Erzfeind. Als sie sich den beiden Gruppen näherten, sah er, dass ausschließlich die Frauen für den Krawall sorgten. Die Männer standen mit verschränkten Armen vor der Brust und starrten schweigend zu den Männern des anderen Clans hinüber, die auf der anderen Seite ebenfalls mit verschränkten Armen vor der Brust standen – die Frauen aber zeterten und keiften und zeigten mit den Fingern auf die jeweils andere Gruppe. Natürlich verstand Siebeneisen kein Wort, aber bei den Satzkaskaden, die da vor ihm wie ein unablässiger Pfeilhagel zwischen den beiden Sippen durch die Luft sausten, handelte es sich mit Sicherheit um einige der schlimmsten Flüche Innerasiens. Selbst die ältesten Schrumpelgroßmütterchen machten mit. Und die dreckverschmierten Kleinkinder saßen vor ihnen im Gras und streckten ihren Altersgenossen auf der anderen Seite die Zunge heraus. Siebeneisen musste an Asterix denken, da gab es auch solche Szenen. Er wandte sich an O’Shady.
    »Wer ist denn wer da unten?«
    »Links sind die Gurragtschaas. Die anderen sind die Barlas. Im Alltag passt kein Stück Papier zwischen die beiden Familien. Aber wehe, es geht in einen Wettkampf.«
    »Und auf welche Seite stellen wir uns?«
    »Kommt darauf an, wer uns als Erstes entdeckt und als Glücksbringer haben möchte.« O’Shady grinste. Wahrscheinlich hatte der Kaschmirhändler das schon etliche Male erlebt – möglicherweise gehörte so ein Aufruhr zum festen Programm jedes Clantreffens. Sie liefen noch immer den Hügel hinunter, an dem die Erdhörnchen eine gewaltige unterirdische Stadt angelegt haben mussten, überall waren Löcher, und wo keine Löcher waren, lagen kleine Sandhügel, die beim Bau der Löcher und Gänge entstanden waren. Als sie noch vielleicht zweihundert Meter von den tobenden Sippen entfernt waren, entdeckten die Barlas sie. Und unmittelbar darauf auch die Gurragtschaas. Aus beiden Gruppen kam ihnen ein Mann entgegen.
    »Die Clanchefs?« Siebeneisen sah interessiert zu den beiden Männern, die auf sie zusteuerten und sich dabei gegenseitig finstere Blicke zuwarfen. Beide gingen immer schneller. Wahrscheinlich hinderte sie bloß ihr Stolz daran, auf die Besucher zuzusprinten.
    »Nein, nicht die Clanchefs. Für so etwas sind die Schamanen zuständig.«
    Die beiden hatten sie fast erreicht. Sie waren nach wie vor auf gleicher Höhe, aber dann stolperte der Schamane der Gurragtschaas über ein Erdhörnchenloch, und sein Widersacher vom Clan der Barlas war einen Moment früher bei O’Shady. Er verbeugte sich und berührte den Arm des Iren mit seiner Hand. O’Shady lächelte und nickte: Offenbar war er mit dieser Berührung als Talisman für die Wettkämpfe gebucht. Der Schamane der Gurragtschaas hatte sich unterdessen aufgerappelt und starrte seinen Widersacher wütend an. Dann stapfte er mit schmerzverzerrtem Gesicht auf Siebeneisen zu.
    »Sieht ganz so aus, als würden Sie dann wohl von der Konkurrenz verpflichtet.« O’Shady grinste. Siebeneisen wollte ihn noch schnell fragen, was man denn von so einem Talisman erwarte, aber da stand der Schamane auch schon vor ihm und verbeugte sich. Das heißt: Er begann mit seiner Verbeugung. Als er den Kopf senkte, hielt er für einen kurzen Moment inne. Dann richtete er sich ruckartig auf. Er sah an Siebeneisen vorbei zu Lawn hinüber, vier, fünf Sekunden lang, und humpelte zu ihr.
    »Da

Weitere Kostenlose Bücher