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Donnerstags im Fetten Hecht: Roman (German Edition)

Donnerstags im Fetten Hecht: Roman (German Edition)

Titel: Donnerstags im Fetten Hecht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Nink
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im Porzellanladen«, obwohl es insgeheim wusste, dass es selbst einen wesentlich höheren Versicherungsschaden anrichten würde). Es konnte sich an ziemlich viele Details aus seinem Nashornleben erinnern. Zum Beispiel an die Warnung seiner Mutter, niemals, wirklich niemals in ein Wulumba-Gebüsch zu laufen. Und in irgendeinem entlegenen Teil seines Gehirns war die Information abgespeichert, dass dieser Wall aus Steinen, hinter den die Menschen geflohen waren, sich weit in den Norden erstreckte. Wenn es aber lange genug an ihm entlang geradeaus lief, würde es irgendwann an das Ende der Felsen gelangen und dort auf die andere Seite. Auf die, auf der die Menschen waren.
    Den Ersten entdeckte das Nashorn eher zufällig – und verpasste ihn: Der Mann rannte ziemlich schnell und laut schreiend im Mondlicht an ihm vorbei. Das Nashorn war sich sicher, dass der Typ bereits Noooo! Nooo!! gebrüllt hatte, noch bevor er es gesehen haben konnte, aber vielleicht täuschte es sich da auch. Der Mann war jedenfalls in der Dunkelheit verschwunden, bevor es auch nur abbremsen konnte. Ein scharfer, beißender Geruch schien in der Luft zu hängen. Das Nashorn war jetzt noch wütender. Das Nashorn schnaufte. Das Nashorn schnüffelte. Die anderen mussten ganz in der Nähe sein.

36
    Das feine Tickeln kannte er mittlerweile, und er wusste auch, dass er jetzt ganz schnell aktiv werden sollte, sonst würde auf das feine Tickeln sehr schnell das fiese Brennen folgen. Vorsichtig hob Siebeneisen die rechte Hand aus dem Gras und wischte sich die Ameisen aus dem Gesicht. Er ließ die Hand, wo sie war und wartete auf eine Reaktion außerhalb seines Gesichtsfeldes. Nichts passierte. Es war hell geworden. Das Stampfen und das Grunzen waren verschwunden, die Schrottpressengeräusche verhallt. Auch der Boden zitterte nicht länger. Stattdessen ließ wieder das normale Afrika von sich hören, das Summen und Brummen, das Rauschen des Grases im Wind und das leise Schnauben, weit weg in der Ferne. Irgendwo über ihnen sang ein Vogel, als wolle er Charlie Parkers schönste Saxofonsoli imitieren.
    »Ist es weg?« Siebeneisen flüsterte.
    »Bin mir nicht sicher« – O’Shady, leise, vom Rand ihrer Gruppe.
    »Kann gut sein, dass es irgendwo steht und die Ohren spitzt« – Sam, noch leiser, im Gras neben ihm.
    »Beobachten kann es uns ja schlecht« – Marcus, kaum zu hören, quer vor seinen Füßen.
    »Sehr witzig! Aufstehen, Jungs! Die Show ist vorbei!« – Lawn, ziemlich laut, direkt über ihnen.
    Die vier sprangen auf die Füße. Lawn fiel Siebeneisen um den Hals. Sie küssten und umarmten sich. Das Lager war ein Schlachtfeld. Die beiden Jeeps sahen aus, als hätten sie mehrere Durchgänge im Crash-Labor des ADAC hinter sich und warteten nun auf ihre Testergebnisse. Ein Fahrzeug lag auf dem Dach, bei dem anderen waren beide Seiten über fast ihre gesamte Länge wie mit einem riesigen Dosenöffner aufgeschlitzt. Der Klapptisch hatte sich über das Gelände verteilt, auch Teile der Laptoptastatur und die Maschinenpistolen. In den Büschen hingen zerstampfte Zeltplanen. Von den Wilderern war nichts zu entdecken. Wenn man einmal von einer Herrentasche aus Lederimitat absah, die von einem Ast am Rande der Lichtung baumelte.
    »War das … unser Nashorn?« Siebeneisen hielt Lawn noch immer in seinen Armen.
    »Sah ganz so aus. Jedenfalls war es genauso wütend wie das, das uns gejagt hat.«
    »Hast du gesehen, was passiert ist?«
    »Ich hatte da oben in meinem Baum quasi einen Logenplatz.«
    »Und wo sind die Wilderer?«
    »Die sind in alle Richtungen gerannt, als das Nashorn sich die beiden Jeeps vorgenommen hat. Damit war es ja eine Zeitlang beschäftigt, wie man sehen kann.«
    »Und? Sind sie entkommen?«
    »Ich fürchte, die hatten Glück. Das Ding hat sich ja fast eine Stunde lang nur um die Autos gekümmert.«
    »Sobald wir im Büro sind, lösen wir eine Fahndung aus.« O’Shady hatte die letzten Worte aufgeschnappt. »Wahrscheinlich warten die in irgendeinem Gebüsch darauf, dass sie abgeholt werden. Das kann länger dauern, wie wir wissen. Vielleicht haben unsere Kollegen sie vorher aufgestöbert. Bis dahin können die sich gerne ein bisschen beschnüffeln lassen.«
    Die beiden Landrover der Parkverwaltung kamen eine Stunde später. Simon Winter begrüßte sie wie Leute, die zehn Minuten zuvor losgefahren waren und dann wegen eines gerissenen Keilriemens angerufen hatten. Monica blieb am Steuer des zweiten Fahrzeuges sitzen (später würde sie

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