Donnerstags im Park - Roman
inzwischen gewohnten Rastlosigkeit und Geistesabwesenheit. Der Umzug sollte in weniger als zehn Tagen stattfinden und erschien ihr immer unwirklicher. Allerdings hatte George im Verlauf der vergangenen Woche mehr und mehr Energie aufs Packen verwendet und von Jeanie die Aufgabe, die farbigen Sticker zu verteilen, übernommen. Wenn Jeanie nach Hause kam, fand sie lange Listen vor, auf denen jeder Einrichtungsgegenstand – Lampen, Stühle, Uhren und so weiter – mit seinem Platz im neuen Haus aufgeführt war.
In der Woche zuvor hatte sich seine Miene aufgehellt, als sie auf den Kiesweg zur Old Rectory gefahren waren; er hatte die Schultern gestrafft bei der Begrüßung des flotten James mit seinem Peugeot. Der hatte ihnen noch einmal alles gezeigt und ihnen erklärt, wie Boiler, Fensterschlösser und Entwässerung funktionierten, aber am meisten schien George vom Garten begeistert zu sein. Dort hatte er Ewigkeiten verbracht, während Jeanie dem Makler nur mit halbem Ohr lauschte. Er war über den Rasen und zwischen den Büschen hindurchgeschlendert, hatte die Pflanzen begutachtet und manche von ihnen im Vorübergehen sanft berührt, als wären sie alte Freunde. Am Ende hatte James Jeanie zu verstehen gegeben, dass er gehen müsse. Es war ein seltsames Gefühl gewesen, den Umschlag mit den Schlüsseln zu ihrem neuen Zuhause in der Hand zu halten. Am liebsten wäre sie dem Peugeot nachgelaufen, um sie James zurückzugeben, denn die Old Rectory fühlte sich für Jeanie definitiv nicht wie ihr Zuhause an.
Während der Fahrt zurück nach London hatte George kein Wort gesprochen und war wieder in seinen geistesabwesenden Zustand verfallen. Jeanie hatte sich gefragt, wie sich ihm das Haus präsentierte, und ihre Sorge unterdrückt, dass es seinen Erwartungen in der Realität nicht entsprechen würde. Es war nicht möglich, psychologische Traumata zu bewältigen, indem man sie verdrängte.
Da ertönte die Ladenklingel. Als Jeanie den Kopf hob, standen Natalie und Dylan vor ihr.
»Hallo, Jean.« Natalie lächelte verlegen.
»Natalie … Dylan, schön, euch zu sehen.«
»Ich gehe jetzt in die Schule«, verkündete Dylan stolz. »Das ist mein Schulranzen.« Er hielt ihr den blauen Rucksack mit dem in Weiß aufgedruckten Schullogo zur Begutachtung hin.
»Wow … Toll.«
»Mein Freund Sammy geht in dieselbe Schule wie ich, aber er hat noch keinen Ranzen.« Seine Augen, Rays Augen, strahlten. Am liebsten hätte Jeanie ihn umarmt und so ein wenig vom Wesen seines Großvaters in sich aufgesogen.
»Prima«, sagte sie. »Es ist gut, einen Freund zu haben, wenn man mit der Schule anfängt.«
Natalie lachte. »So eine Begeisterung.«
»Möge sie lange anhalten. Wie geht’s Ihrem Dad?« Jeanie ordnete mit gesenktem Blick die bereits sorgfältig gestapelten biologisch abbaubaren braunen Papiertüten auf der Verkaufstheke.
»Der ist schon seit Wochen unterwegs. Er macht einen Segeltörn mit einem Freund, entlang der dalmatinischen Küste. Ich bin anders als Dad keine Wasserratte. Er liebt das Segeln.«
»Ich auch. Ich bin zwar seit meiner Jugend nicht mehr gesegelt, aber in Norfolk am Meer aufgewachsen. Meine Freundin Wendy hatte ein kleines Boot. Ich war immer wahnsinnig gern auf dem Wasser. Soweit ich weiß, ist die dalmatinische Küste wunderschön«, fügte sie neidisch hinzu.
»Dad will Dylan das Segeln beibringen, sobald er ein bisschen älter ist. Mir macht das Angst.«
Jeanie, die sich an die Furcht ihrer Mutter erinnerte, wenn Jeanie mit Wendy hinausgefahren war, konnte das gut verstehen.
»Er ist sicher ein guter Segler«, bemerkte Jeanie. Sie stellte sich Ray braun gebrannt vor, mit Salz in den Haaren und auf den Lippen, das Gesicht von der Sonne strahlend, in einer steifen Atlantikbrise. Die Sehnsucht nach ihm schmerzte. Erst nach einer Weile merkte sie, dass Natalie sie musterte.
»Tut mir leid, ich habe geträumt … Es ist ewig her, dass ich auf einem Boot war.«
»Ich bin zufällig vorbeigekommen. Dylan hat Sie durchs Fenster gesehen.« Sie wandte sich ihrem Sohn zu. »Verabschiede dich von Jean, Dylan.«
»Wir ziehen nächste Woche aufs Land, nach Somerset«, rief Jeanie ihnen nach.
Natalie war überrascht. »Davon hat Dad gar nichts erzählt. Dann verkaufen Sie bestimmt den Laden.«
»Nein«, antwortete Jeanie mit fester Stimme. Ihr wurde klar, dass sie tatsächlich nicht vorhatte, sich in der nahen Zukunft von dem Geschäft zu trennen.
»Gut, denn es wäre schade, wenn der Laden geschlossen
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