Doppelspiel
Gebiete, wo die Gewalt herrschte. Kuchin hatte gelernt, dass hier mehr als siebzig Prozent der Gewaltverbrechen sich nur auf drei Postleitzahlen beschränkten. Meist hatten sie mit Drogen oder Banden zu tun, und der Polizeichef musste immer mehr Beamte für diese Distrikte abstellen.
Kuchin lehnte sich zurück, studierte den Stadtplan und teilte ihn für sich ein, wie er das schon vor vielen anderen Kämpfen gemacht hatte. D. C. war recht weitläufig, aber bei Weitem nicht die bevölkerungsreichste Metropole des Landes. Trotzdem nannten fast sechshunderttausend Menschen die Stadt ihr Zuhause, und noch weit mehr pendelten Tag für Tag aus den umliegenden Staaten nach D. C. Kuchin glaubte nicht, dass Katie James in einem der gewalttätigen Bezirke untergekommen war, was seine Suche ein wenig einschränkte und erleichterte. Im Geschäftsdistrikt wiederum gab es vor allem Hotels. Wäre sie dort, hätte sie ohne Zweifel ihre Kreditkarte benutzen müssen; also schloss er auch das aus. Um das Kapitol herum gab es jedoch insgesamt vier Wohngebiete, und dort könnte sie sein. Dann gab es da noch die reichen Bezirke in Georgetown im Westen und an der Massachusetts Avenue oder der Embassy Row, wie sie auch genannt wurde, sowie die Connecticut Avenue und die Sixteenth Street, die nach Maryland führte. Kuchin hatte nur eine begrenzte Zahl an Leuten zur Verfügung, und die wollte er nicht unnütz einsetzen.
Kuchin hatte sich im Hay-Adams-Hotel einquartiert, auf der Rückseite des Lafayette Parks, der auf der anderen Seite der Pennsylvania Avenue und gegenüber dem Weißen Haus lag. Er war mit sechs Männern hier einschließlich Pascal, um von hier aus Jagd auf die schwer zu fassende Journalistin zu machen. Was taten Journalisten, fragte er sich zuerst. Sie reisten, schrieben Storys, interviewten Leute und meldeten sich von Zeit zu Zeit bei ihrem Arbeitgeber. Das Problem war nur, dass Katie James im Augenblick nirgends fest angestellt war.
Kuchin schaute auf seine Liste. Irgendwann musste sie doch arbeiten, und wenn sie das tat, dann würden sich ihm auch Möglichkeiten bieten.
Die Washington Post war die bekannteste Zeitung der Stadt. Vor ein paar Jahren war Katie James dort angestellt gewesen, und auch später, als Freiberuflerin, hatte sie noch für sie gearbeitet; doch das war schon lange her. Die Büros der Post lagen an der Fifteenth Street im Nordwesten. Kuchin hatte dort einen Mann mit einem Bild von James postiert. Ein weiterer Mann beobachtete die Büros der New York Tribune , die zwei Blocks von der Post entfernt lagen. James hatte zwei Pulitzerpreise gewonnen, als sie für die Trib tätig gewesen war, doch Kuchin hatte inzwischen in Erfahrung gebracht, dass die Frau und die Zeitung sich zerstritten hatten. Trotzdem musste auch die Trib abgedeckt werden.
Die New York Times hatte ihr Hauptquartier in der First Street, die ebenfalls im Nordwesten lag. CNN wiederum war zwar keine Zeitung, aber auch sie arbeiteten von der First Street aus, doch im Nordosten. Sowohl die Times als auch CNN lagen in Sichtweite des Kapitols. Laut ihrer Akte hatte James auch für die Times gearbeitet und in den ersten Jahren des Afghanistankrieges auch für CNN, und das sowohl hinter als auch vor der Kamera. Natürlich gab es noch viele andere Zeitungen, Fernsehsender und Nachrichtenagenturen in der Stadt, doch Kuchins Meinung nach waren dies die besten Anlaufstellen für eine Journalistin von James’ Ruf.
Kuchin lief in seinem Hotelzimmer auf und ab. Er würde seiner Strategie ein paar Tage Zeit geben, um zu sehen, ob etwas dabei herumkam. Auch hoffte er, dass Katie James irgendwann ihre Kreditkarte benutzen oder an einen Geldautomaten gehen würde, oder vielleicht würde sie sogar den GPS-Chip ihres Handys wieder aktivieren. Sollte das der Fall sein, vertraute Kuchin darauf, dass sein ›Freund‹ ihn alarmieren würde. Auch hatte er noch eine zweite Liste von derselben Quelle. Sie enthielt vier Namen, alles Freunde von James, die ebenfalls im Nachrichtengeschäft tätig waren und in D. C. oder in der Nähe lebten. Zwei davon, Roberta McCormick und Erin Rhodes, wohnten außerhalb, weshalb zu bezweifeln stand, dass James bei ihnen untergekommen war. Die anderen beiden waren gerade nicht im Land. Deshalb hatte Kuchin seine verbliebenen Männer zu diesen beiden Orten geschickt.
Kuchin überdachte noch mal alles. Er hatte seine Schachfiguren so gut platziert, wie er konnte. Jetzt hieß es warten, und trotz seiner Kampferfahrung hatte
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