Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Doppelspiel

Doppelspiel

Titel: Doppelspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baldacci
Vom Netzwerk:
unter dem Davidstern gebetet hatten. Reggie schlich sich als Kindermädchen bei der jungen Frau des Monsters ein. Die Bestie war inzwischen zum fünften Mal verheiratet. Der Kerl hatte durch den Verkauf gestohlener Antiquitäten während des Krieges genug Geld angehäuft, dass er sich so viele Scheidungen hatte leisten können, und dabei hatte er noch nicht einmal auf ein Quäntchen Luxus verzichten müssen. Das Paar hatte ein Kind, einen fünf Jahre alten Jungen, der mithilfe eines Samenspenders in einer Petrischale entstanden war. Reggie nahm an, dass der alte Nazi den Spender nach Hautfarbe, Haar und Körpergröße ausgesucht hatte – also weiß, blond und groß.
    Reggie arbeitete einen Monat lang für das Paar, und in dieser Zeit machte der Ehemann sie ein halbes Dutzend Mal unverhohlen an. Nach dem zu urteilen, was er zu ihr einmal völlig betrunken gesagt hatte, könnte sie durchaus Ehefrau Nummer sechs werden, wenn sie ihre Karten richtig ausspielte. Eines Nachts hatte sie sich mit ihm in seinem Schlafzimmer verabredet – auf seinen Wunsch hin schliefen er und seine Frau getrennt. Der alte Nazi war wieder einmal betrunken, und Reggie hatte keine Mühe mit ihm. Als er gefesselt und geknebelt war, holte sie die Bilder aus einem Versteck und zeigte ihm die Gesichter einiger seiner Opfer. Das war ein essenzielles Element aller Missionen. Am Ende ihres Lebens mussten die Monster wissen, dass die Gerechtigkeit sie doch noch eingeholt hatte.
    Die Angst des Mannes hatte Reggie zunächst amüsiert. Doch als die Zeit gekommen war, den Job abzuschließen, da hatte sie gezögert. Sie hatte nie jemandem davon erzählt, nicht Whit und mit Sicherheit nicht dem Professor. Bei ihren ermutigenden Worten für Dominic hatte sie diesen Teil ihrer persönlichen Geschichte ebenfalls geflissentlich ausgelassen. Das Monster hatte sie flehentlich angeschaut. Sein Blick hatte sie angebettelt, es nicht zu tun. Während ihrer Ausbildung hatte man Reggie ermahnt, dass so ein Moment irgendwann kommen würde, und man hatte ihr auch erklärt, dass kein Training der Welt sie wirklich darauf vorbereiten konnte.
    Und sie hatten recht behalten.
    Reggies Entschlossenheit wurde mit jeder Träne aus den Augen des nun harmlosen alten Mannes schwächer. Als sie das Messer wieder herunternahm, sah sie die Erleichterung in seinen Augen. Sie hätte einfach sagen können, dass ihr Cover aufgeflogen und die Mission gescheitert sei. Niemand würde die Wahrheit je erfahren.
    Doch zwei Dinge verhinderten das. Das eine war die spöttische Verachtung in den Augen des Mannes, als er Reggies Schwäche sah. Das zweite war das Bild von Daniel Abramowitz, zwei Jahre alt, mit einem Einschussloch in dem kleinen Köpfchen. Das Foto stammte aus dem Privatarchiv des Monsters, das er während seiner Zeit als Lagerkommandant liebevoll gepflegt hatte.
    Sie stieß ihm das Messer so tief in die Brust, bis das Heft gegen das Brustbein prallte. Danach riss sie die Klinge erst aufwärts, dann abwärts und anschließend von links nach rechts durch seinen Leib, durchtrennte Arterien und zerstörte Herzkammern, so wie man es ihr beigebracht hatte. Die spöttische Verachtung des alten Mannes war nun verschwunden. Eine lange Sekunde lang, so lange, wie sein Leben noch andauerte, sah Reggie Hass in seinem Gesicht, Angst, Wut, wieder Angst und schließlich die glasige Leere des Todes.
    »Möge Gott verstehen, warum ich das getan habe«, flüsterte sie. Diese Worte waren später zu einem Ritual geworden, mit dem sie jede ihrer Missionen abschloss.
    Und Reggie hatte nie wieder gezögert.

Kapitel elf
    I n der Küche schnappte sich Reggie eine in Butter geschwenkte Toastscheibe und legte sie zu den Würstchen und den Apfelscheiben auf einen Teller. Zusammen mit einer Tasse heißem Tee trug sie das Ganze dann in die Bibliothek. Als sie den Raum betrat, schaute Professor Mallory von dem polnischen Buch auf, das er gerade las, nahm die Pfeife aus dem Mund und lächelte. »Ich glaube, ich habe gehört, wie Sie gestern Nacht angekommen sind. Ihr Wagen hat einen ganz besonderen Klang.«
    »Das nennt man einen kaputten Auspuff.« Reggie stellte ihr Frühstück ab, setzte sich neben ihn, aß einen Bissen und trank einen Schluck. »Wo ist Whit?«
    »Ich glaube, er ist noch nicht da; aber ich rechne jeden Augenblick mit ihm.«
    »Ich würde gerne mit Ihnen über das Personal für den Kuchin-Job sprechen.«
    Mallory schob sein Buch beiseite. Seine Fliege saß noch immer schief, doch heute Morgen

Weitere Kostenlose Bücher