Doppelspiel
Umständen sterben sollte, werden andere, die sich versteckt haben, vermutlich keine Notiz davon nehmen.«
Der Professor schüttelte den Kopf. »Nein, nein. Darauf können wir uns nicht verlassen. Die Presse wird sich darauf stürzen, und es wird Ermittlungen geben. Irgendjemand könnte irgendwo den Mann erkennen. Seit Jahrzehnten hält er sich so weit es geht aus der Öffentlichkeit. Selbst bei seiner Wohltätigkeitsarbeit bekommt man ihn kaum zu sehen. Das geht alles über Mittelsmänner. Trotzdem können wir es uns nicht leisten, unnötige Aufmerksamkeit zu erregen.«
»Nun, ich kann zumindest nicht so tun, als hätte ich Sex mit dem Mann gehabt, woraufhin er dann unglücklicherweise einem Herzschlag erlegen ist wie bei Huber. Auch meine Möglichkeiten haben ihre Grenzen. Vielleicht hat ein Geschäftsmann wie Kuchin ja noch andere Feinde, denen wir die Schuld in die Schuhe schieben können. Was wissen wir denn über die anderen Geschäfte, die er so macht?«
Mallory zuckte mit den Schultern. »Nicht allzu viel. Unsere Leute hatten andere Prioritäten. Sie haben nach Kuchin gesucht, nicht nach einem potenziellen Wirtschaftsverbrecher. Ich stimme Ihnen jedoch zu. Er könnte durchaus noch andere Interessen haben, die zu seiner bösen Natur passen, aber ich weiß nicht, was das für Interessen sind, und wir haben jetzt keine Zeit mehr, das genauer zu untersuchen.«
Reggie lehnte sich zurück. »Ich glaube immer noch, dass Whit bei dieser Mission mitmachen sollte. Kuchin scheint sehr gut auf sich selbst aufpassen zu können. Ich werde ihn nicht allein überwältigen können. Zu guter Letzt werden wir ein ganzes Team dafür brauchen.«
»Das stimmt. Unsere Beute wird immer jünger und kräftiger, nicht wahr?« Gedankenverloren zupfte Mallory sich am Bart. »Größtenteils stimme ich mit Ihnen überein. Sie werden jemand Kräftiges als Unterstützung brauchen, und Whit mag es ja an vielem mangeln, aber an Kraft sicher nicht. Also gut, sagen Sie ihm, dass er mitgehen kann.«
Reggie schaute ihn verärgert an. »Warum sagen Sie ihm das nicht selbst?«
Mallory lächelte amüsiert. »Wir haben so unsere Differenzen. So … Lassen Sie uns noch ein paar Einzelheiten besprechen, bevor das Meeting offiziell beginnt.«
»Warum tun Sie das, Professor?«, fragte Reggie plötzlich.
»Warum tue ich was? Meinen Sie diese übel riechende Pfeife?«
»Sie sind kein Jude. Sie haben nie auch nur erwähnt, dass irgendjemand, der Ihnen nahestand, unter einem dieser Monster gelitten hat. Also warum?«
Mallory schaute ihr in die Augen. »Braucht man denn unbedingt einen Grund, um der Gerechtigkeit zum Sieg zu verhelfen?«
»Tun Sie mir den Gefallen.«
»Heute nicht. Vielleicht ein andermal. Eines kann ich Ihnen jedoch sagen: Sie werden Ihr kleines Domizil in der Provence genießen.«
»Wirklich? Und warum?«
»Es handelt sich um eine fünfstöckige Villa mit einer außergewöhnlichen Aussicht über ein Tal im Luberon, und das idyllische Städtchen Gordes ist nur fünf Minuten zu Fuß entfernt. Die Villa ist furchtbar teuer. Die Miete ist höher als das, was ich für mein kleines Häuschen bezahlt habe. Und das ist noch nicht das Beste.«
»Und was wäre das?«
Mallorys buschige Augenbrauen zuckten vor Freude. »Sie liegt direkt neben dem Ort, wo unser Freund Fedir Kuchin seinen Urlaub verbringen wird.«
Kapitel zwölf
E van Waller lehnte sich auf seinem Schreibtischstuhl zurück und las das Spreadsheet zum fünften Mal. Er liebte Zahlen. Sein geschmeidiger Geist erfasste die komplexen Daten mit Leichtigkeit und zog präzise Schlüsse daraus. Schließlich traf er eine Entscheidung, stand auf, schenkte sich einen schmalen Fingerbreit Macallan ein und trank ihn. Dann stellte er das Glas wieder ab, nahm seine Pistole und drehte sich zu dem Mann um, der an den Stuhl gefesselt war.
»Anwar, was soll ich nur mit dir tun? Sag es mir.« Seine Stimme war tief und kultiviert. Seine osteuropäische Herkunft war ihm nur noch schwach anzuhören, und sein Tonfall war der eines enttäuschten Vaters gegenüber seinem ungezogenen Kind.
Anwar wiederum war ein kleiner, untersetzter Mann. Er war auf dem Stuhl in sich zusammengesackt, an den er mit Armen und Beinen gefesselt war. Sein Gesicht war rund, und die Haut wäre für gewöhnlich von hellbrauner Farbe gewesen, doch jetzt war sie gelb und blau von Blutergüssen. Eine Schnittwunde reichte von der linken Wange bis zu dem durchtrennten Nasenflügel. Das Blut dort war bereits schwarz und
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