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Drachen-Mädchen

Titel: Drachen-Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
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verliebte sie sich in ihn, denn genau das war es ja auch schließlich, was gerettete Damselln in der Gegenwart von Drachen taten.
    Nun war es Zeit, sich vorzustellen. Solche Dinge mußten dem Protokoll entsprechend durchgeführt werden. »Hallo, Ritter-ohne-Rüstung, wie heißt Ihr?«
    Der Retter blickte zu ihr empor. »Hugo«, sagte er nach kurzer Denkpause.
    »Ich bin Ivy. Das hier ist Stanley. Er ist ein Drache«, sagte sie, die Formel damit vollendend. »Hilf uns beim Absteigen, gutaussehender junger Mann!«
    Hugo überlegte aufs neue. Die Wahrheit war, daß man ihn noch nie für sonderlich schlau gehalten hatte, und ganz bestimmt nicht für gutaussehend, so daß er sich nicht sicher war, was dies zu bedeuten hatte. Er blickte an seinen Kleidern hinab, die schmutzig und zerfetzt waren. Doch irgendwie wirkten sie nicht ganz so unpassend, wie er es erwartet hatte. Natürlich wußte er nicht, daß Ivys Talent an ihm bereits wirksam wurde. Sie hielt jeden, der zu ihrer Rettung herbeieilte, für ein Muster an Intellekt und gutem Aussehen und Tapferkeit schon von Natur aus, so daß er all diese Attribute auch tatsächlich annahm, ob es ihm nun gefiel oder nicht.
    In der Tat begann sein trüber Verstand sich zu erhellen und zu funktionieren wie nie zuvor. Er mußte ihnen dabei helfen, vom Baum zu klettern. Wie sollte er da am besten vorgehen? »Etwas, worauf sie fallen können«, sagte er. »Etwas Weiches. Wie, zum Beispiel, ein Haufen matschiger Früchte!«
    Doch davon war Ivy nicht so recht überzeugt. »Ich mag keine matschigen Früchte.«
    »Oh.« Hugo dachte noch mal nach. Eigentlich mochte er selbst auch keine matschigen Früchte. Leider war das alles, was er hervorzuzaubern imstande war. Er blickte um sich.
    Er hatte Glück. »Eine Bettwanze!« rief er, als er ein schlafendes Exemplar dieser Gattung in der Nähe entdeckte.
    Ivy erinnerte sich daran, daß der freundliche Yak gesagt hatte, daß es in dieser Gegend Bettwanzen gäbe. »Ach, wie schön!«
    Hugo eilte zu der bezeichneten Stelle, packte die Wanze am Kopfteil und zerrte sie zu dem Baum hinüber. Die Wanze schleppte ihre vier kleinen Rollfüße nach, verhielt sich aber ansonsten passiv; sie war wirklich nicht für Bewegung konstruiert. Es war ein gutes Exemplar, denn sie verfügte über ausgezeichnete Federn und dicke Kissen.
    Ivy stimmte der Auswahl zu. Sie ließ sich fallen und stürzte sich mit einem kleinen Freudenquieken auf die Matratze. Es gab kaum etwas Schöneres für ein Kind, als auf eine wirklich weiche und fedrige Matratze zu springen, auch wenn das Ungeheuer unter dem Bett sich dann über den Lärm und die Schwingungen zu beschweren pflegte. Aber dieses Bett besaß kein Ungeheuer, deshalb war alles in Ordnung.
    Sie hopste einige Male auf und ab, dann stieg sie von dem Bett, damit der Drache ihr folgen konnte. Das tat er auch. Doch Stanley war noch nie zuvor auf ein Bett gesprungen und war darin nicht so geübt wie Ivy. Er überschlug sich Schwanz-über-Schnauze und verfehlte die Matratze beim zweiten Aufprall. Doch dieser Sturz erfolgte aus geringer Höhe, und er war ein zähes Geschöpf, so daß er sich nicht weh tat. Allerdings schlug er sich dabei eine Schuppe ab. Na schön, mußte er eben im Laufe der Zeit eine neue nachwachsen lassen; die Stelle würde zwar eine Weile etwas empfindlich sein, doch ein Drache war es gewohnt, mit solchen Unannehmlichkeiten zu leben.
    Hugo musterte den Drachen mit einer gewissen Besorgnis. Er hatte einen ganzen Tag und eine Nacht damit verbracht, sich vor Ungeheuern zu verstecken, und dieser hier war nun ganz bestimmt eins, auch wenn es sehr klein war. Zudem war er sich sicher, daß er es schon einmal irgendwo gesehen hatte.
    Der Drache für seinen Teil schätzte das Erscheinen eines weiteren Menschen auch nicht sonderlich. Bisher hatte er Ivy ganz für sich gehabt. Offensichtlich mochte sie diesen Jungen, und das bedeutete, daß Hugo ein Rivale um ihre Aufmerksamkeit war.
    Nachdem Stanley sich endlich bereitgefunden hatte, Ivys Aufmerksamkeit anzunehmen, wollte er sie nun auch nicht mit irgend jemandem teilen müssen. Also knurrte er und erhitzte ein wenig Dampf, wobei sich seine Grünfärbung vertiefte. Man konnte ja nie wissen, wann sich so ein schöner Bauch voller Dampf als nützlich erweisen würde.
    Hugo seinerseits bereitete sich schon innerlich darauf vor, ein paar wirklich matschige Früchte herbeizuzaubern; denn wenn man die für irgend etwas benutzen konnte, dann dafür, sie Ungeheuern

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