DrachenKind: Gegen die Finsternis (German Edition)
nicht ignorieren konnte.
Jack lief unbeirrbar weiter auf das herabstürzende Nass zu. Eric wartete auf Seath und Mia, dann folgten sie ihm. Ihre Jacken verstauten sie im Rucksack, gleich nachdem Seath ihre Wunde an der Wange mit etwas von dem Majrikraut behandelt hatte. Es sollte den Schnitt desinfizieren und wirkte schmerzlindernd. Außerdem besaß es die Fähigkeit, verletzte Geister zu heilen. Genau die Eigenschaft, die Eric in den frühen Morgenstunden noch gerettet hatte. Er dachte wieder an den Traum, schüttelte die Grübeleien aber ab. Die konnte er sich für später aufheben.
Sie standen in der Bucht im flachen Wasser, ein paar wenige Schritte vom Strand entfernt. Gleich danach schien unter der Wasseroberfläche eine weitere Steilwand zu sein, die das irrsinnig tiefe Loch bildete, welches zum See geworden war. Jack deutete auf die linke Seite des Wasserfalls, der sie mit seinem Lärm und den unzählig vielen, zerstäubten Wassertröpfchen fast blendete, ihnen die Atemluft strich und die Ohren betäubte. Jack schaffte es gerade noch, gegen das laute Chaos anzubrüllen:
„Wieder mich folgen, man kann an dieser Seite gehen. Dann erreichen wir Durchgang zu Tal.“
Er setzte sich in Bewegung und verschwand schon bald hinter dem Vorhang aus Wasser, dicht an die Felswand gepresst. Eric und die anderen beiden kamen langsam hinterher. Der Rucksack drohte von dem Luftstrom des Wassers angesaugt zu werden und Eric nahm ihn schnell ab. Er spürte, wie sich sein Inneres meldete und ihn zur Vorsicht mahnte. Etwas näherte sich, schnell und todbringend. Er sah auf. Ein riesiger Stein raste auf sie zu. Eric stieß einen erschrockenen Schrei aus und streckte reflexartig die rechte Hand aus obwohl er genau wusste, dass es weder helfen noch ihren Standort ändern würde. Ein lauter Knall ertönte, als der Fels aufschlug, der Impuls fuhr ihnen durch alle Knochen und selbst die dünnen Ströme fließenden Wassers an der Steilwand erzitterten kurz. Eric spürte einen enormen Stoß im Arm und glaubte nicht, was er sah. Der Stein schwebte über ihnen, vielleicht einen Meter oder weniger. Unter ihm leuchtete eine blaue Schicht, es sah aus, als wäre der tonnenschwere Brocken auf einer unzerbrechlichen, blauen Glasscheibe aufgeschlagen.
Eric schloss die Augen. Sei Herz raste und er bebte wie bei einem Erdbeben. Die Kraft des Aufpralls sammelte sich in seinem Inneren. Der blaue Drache schlief nicht mehr, er sah sich wütend um und brüllte eine Gestalt an, die oben an der Steilwand stand. Dann spannte er die Flügel aus und schoss wie ein Pfeil auf das Wesen zu. Eric öffnete schnell wieder die Augen. Seine Gedanken zeigten genau das, was er vorhatte. Aber er tat es nicht. Stattdessen fragte er sich, wie es jetzt weiter gehen sollte. Der Felsbrocken lastete immer noch auf seinen Kräften, er konnte ihn kaum bewegen, spürte die Kraft des Aufpralls noch immer in sich. Mit einem lauten Schrei schob er sie zurück in den Stein, der in einem hohen, eleganten Boden davonflog und in der Mitte des Sees ins Wasser fiel. Eine beachtliche Welle breitete sich aus und spritzte sie nass.
Eric spürte, wie der Stein eine unbestimmt lange Reise nach unten antrat und schnell verschwand. Er schüttelte sich und das Wasser flog aus seinen Haaren. Mia und Seath waren ebenso nass, sagten aber keinen Ton. Sie glaubten es nicht. Wie konnte er derart schnell lernen? Nie zuvor hatte er mit seinen Bloßen Gedanken einen Gegenstand aufgehalten, ohne jegliche Vorbereitung. Das erforderte unheimliche Kräfte, die er gewiss noch nicht hatte. Oder doch?
Eric rieb sich den Arm und fluchte. Es fühlte sich an, als wäre er zu einem kleinen Punkt zusammengestaucht worden wie ein Stück Blech in einer Müllpresse. Aber der Arm war unversehrt, pochte nur wie wild und seine Finger schwollen an. Verstaucht. Er hielt den Rucksack nun mit einer Hand und machte sich auf den Weg durch den Wasserfall. Seine eigenen Kräfte machten ihm Angst. Er wusste nicht, dass er das konnte. Mia hatte ihm gezeigt, wie er Materie bewegen konnte, ohne sie zu berühren. Damals im Wald, als sie ihm den kleinen Stein zum Üben gegeben hatte. Schon an der Stelle hatte er es geschafft, gleich den Inhalt eines ganzen Sees anzuheben. Er verstand es nicht.
Als er das tosende Wasser hinter sich gelassen hatte, sah er Jack ungeduldig da stehen. Es sah aus, als befänden sie sich unter einem riesigen Torbogen, viele Schritte breit und tief. Ob sich der Fluss, der hier herunterkam, wohl über
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