DrachenKind: Gegen die Finsternis (German Edition)
dann die Wächter, sich auf die übrigen Tiere zu stürzen, die vor Angst beinahe gelähmt vergaßen, in den Zeitspalt zu springen und ihre rettende Reise anzutreten. Einige machten sogar Anstalten in den Wald zu fliehen, wurden jedoch von den harten Gedanken einiger Verbliebener in den Spalt gedrängt. In wenigen Sekunden hätten sie die Steilwand erreicht, wären über die Verbliebenen hergefallen. Plötzlich verstummte das Lärmen der Strudel zunehmend, der sich reibenden Wolken, der Wirbelstürme, der Blitze und des Donners. Nur das Rauschen war zu hören, welches von den blutrünstigen Wächtern und Spinnen ausging, jetzt hörte man auch wieder das Kreischen der Geier und die Laute der Pferdekreaturen. Ein kurzer, eisiger Wind zog aus allen Richtungen her aufwärts, ein lauter, knisternder Laut ertönte kurz und durchdringend. Mit einem Mal verschwanden die dunklen Wolken, verwandelten sich in weißblaue, durch das Sonnenlicht stumpf leuchtende Massen. Dann begannen sie zu fallen.
Manous Herz blieb beinahe stehen. Das durfte nicht wahr sein. Es war, als würde ihnen buchstäblich der Himmel auf den Kopf fallen und absolut alles unter sich begraben. Das Zischen von Milliarden Eiszapfen, die auf sie zu schossen, durchschnitt die Stille, sie spürten den Luftdrück unter den fallenden Spießen ansteigen. Manou streckte den Stab aus, beschwor einen roten Schutzschild hervor. Aber er konnte das Gewicht und die Wucht dieser grenzenlosen Eismassen nicht halten. Mit einem lauten Schrei und einem Schwung des Stabes verschwanden er und ein paar Wächter, der Rest wurde in einem hässlichen Gemetzel vom Eis durchbohrt und zerrissen. Die Magie der Dunkelheit, welche sie mit sich gebracht hatten, fiel in sich zusammen, ließ sie gnadenlos abstürzen und tief unten in der Asche aufschlagen und versinken.
Eric erkannte zum ersten Mal die Spinnen in ihrer wahren Gestalt. Sie waren riesig, wie große Hunde, ihre langen, dicken, behaarten Beine bewegten sich schnell und hektisch, ihre giftigen Zangen verströmten einen ekelhaften Geruch und erzeugten ein panisches Klicken. Einige von ihnen schossen gigantische Netze ab, welche sich klebend und ätzend in allem verfingen, was ihnen in die Quere kam. Doch es gab keinen Halt, sie alle fielen. Eric hatte kein Mitleid. Er jagte das Eis, hetzte es vor sich her, bohrte die langen, spitzen und messerscharfen Kristalle in die Leiber der seelenlosen Mörder. Das Rauschen des Windes, der sich plötzlich wieder frei und nicht von Zyklonen gehindert bewegen konnte, erinnerte stark an die Schneestürme auf den Eisplatten. Eric hielt die Konzentration, ließ das Eis unermüdlich seine vernichtenden Eigenschaften ausleben. Mit der Zeit war die Luft von glitzernden, roten Splittern durchsetzt, die im Sonnenlicht wie magisch leuchteten und sich in todbringenden Schwärmen weiter um die verbliebenen Angreifer kümmerten. Die Sekunden verstrichen, die Tiere waren bis auf Milian und Sune, die versuchten das Zeitloch zu halten, verschwunden. Eric schickte ihnen einen Stoß, fesselte ihre Gedanken und trieb sie in den kleiner werdenden, blau leuchtenden Spalt. Sie verschwanden, das Zeitloch war geschlossen, der Ausweg verschwunden.
Kapitel 42
Es dauerte kaum mehr als ein paar Minuten, dann hatten die unzähligen Eisgeschosse die verbliebenen Angreifer vernichtet. Überschaubar wenige Wesen, welche nicht wieder eine feste Gestalt angenommen hatten, trieben ziellos vor der Steilwand umher und Eric tötete sie gereizt mit einem einzigen Impuls seiner Gedanken.
Ein Schlachtfeld. Der Wald unter ihm sah aus wie eine riesige Wiese, schneeweiß und hell im Sonnenlicht glitzernd, welches jetzt wieder zu bemerken war. Es war spät geworden, Eric saß immer noch auf der Kante der Steilwand und besah sich die Überreste des Kampfes. Würden dort unten nicht die zerfetzten und durchlöcherten Reste derer liegen, welche seinen letzten Angriff nicht erkannt hatten, hätte er den Anblick schön gefunden. Die Strudel hatten sich gezwungenermaßen in Eis verwandelt, doch am Horizont erkannte er schon den nächsten, grauschwarzen Strich und sah die Blitze und Wirbelstürme, wie sie Zielstrebig einen neuen Versuch wagten, das vielleicht letzte Grün in dieser Umgebung zu vernichten. Es herrschte beinahe vollkommene Stille, nur unterbrochen von den Blättern der Bäume, die im Wind raschelnd unschuldig an ihren Zweigen hingen, allein, ohne Besucher in den Baumkronen, ohne irgendwelche Freude oder eine fremde Regung.
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