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Drachenmonat

Drachenmonat

Titel: Drachenmonat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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im Wind. Ich spürte ihn in meinen Haaren. Jetzt stand ich vorm Wohnwagen. In welche Richtung konnte der Schatten gelaufen sein? Wer war das? Was wollte er? Hatte er uns etwas gestohlen?
    »Was ist, Kenny?« Kerstin stand in der Tür.
    »Es war jemand bei uns im Wohnwagen«, antwortete ich.
    »Was? Bei uns?«
    »Ja. Er ist abgehauen.«
    »Ich hab nichts gehört.«
    »Du hast geschlafen. Er hat neben deinem Bett gestanden.«
    »Meinem Bett? Hast du das gesehen? Warst du wach?«
    »Ich hab geträumt. Davon bin ich wach geworden. Oder er hat was gezischt und ich bin aufgewacht.«
    »Warum hat er an meinem Bett gestanden?«
    »Das weiß ich nicht.«
    Wieder kam ein Windstoß, der meinen Pullover wie mit starker Hand packte. Ich hatte im Pullover geschlafen. Jetzt hob der Wind meine Haare an. Ich schauderte von der Kälte, aber auch von dem, was passiert war. Erst jetzt hatte ich Angst.
    »Lass uns reingehen«, sagte ich und stieg die Treppe hinauf.
    Kerstin hatte eine Lampe angeknipst, die auf dem kleinen Tisch am Fußende ihres Bettes stand. Kerstin betrachtete ihr Bett, als wollte sie sich nie mehr hineinlegen.
    »Bist du sicher, dass jemand hier war, Kenny?«
    »Natürlich.«
    Sie starrte auf ihr Bett.
    »Meinst du, ich hab das geträumt?«, fragte ich. »Nein …«
    »Zuerst wusste ich nicht, was es war. Ein Schatten. Aber als er an mir vorbeistürmte, wurde mir klar, dass er wirklich war. Ich kam nicht an mein Wakizashi ran. Vielleicht hätte ich ihn sonst aufhalten können.«
    »Wahrscheinlich ist es ein Glück, dass du es nicht finden konntest.«
    »Ja, vielleicht hast du Recht.«
    »Wer könnte das gewesen sein?«
    »Keine Ahnung.«
    »Es muss ja einer sein, der weiß, dass wir hier sind«, sagte Kerstin. »Nur Mister Swing und Ingrid wissen das.«
    »Gestern Abend könnte uns jemand gesehen haben«, sagte ich. »Wir haben uns ja nicht gerade versteckt.«
    »War die Tür abgeschlossen, als wir ins Bett gegangen sind?«, fragte Kerstin.
    »Ich weiß es nicht.«
    Sie ging zur Tür und musterte sie.
    »Der Schlüssel steckt im Schloss. Sie kann nicht abgeschlossen gewesen sein. Du hast gestern Abend vergessen abzuschließen.«
    »Trotzdem kann doch nicht einfach so jemand hereinkommen?«
    »Warum hat er an meinem Bett gestanden?«, sagte Kerstin.
    »Vielleicht hat er das nicht getan, und es hat nur so ausgesehen. Es war ja dunkel. Vielleicht hat er mitten im Wohnwagen gestanden.«
    »Aber warum?«
    Mein Rucksack lag auf dem Fußboden neben meinem Katana. Kerstins Rucksack lag immer noch am Fußende ihres Bettes.
    »Wir müssen unsere Rucksäcke überprüfen«, sagte ich. Wir schauten nach, aber es war nichts gestohlen. »Heute Nacht trau ich mich nicht mehr zu schlafen«, sagte Kerstin. »Ich schlaf sowieso nicht wieder ein.«
    »Hast du Hunger?«
    »Nein.«
    »Du musst etwas essen, Kerstin.«
    »Warum?«
    »Das ist doch klar. Du brauchst Kraft für die Flucht.«
    »Vielleicht ist es gefährlich, noch weiter zu fliehen«, sagte Kerstin. »Der ist jetzt weg«, sagte ich. »Aber vielleicht kommt er zurück.«
    »Dann müssen wir wohl abhauen«, sagte ich. »Mitten in der Nacht?«
    Kerstin schaute aus dem Fenster. Alles hinter dem weißen Schotter und der Glühlampe war schwarz. Und immer noch war es totenstill. Es mochte vier Uhr sein oder erst drei. Ich wusste nicht, wie lange wir geschlafen hatten. Als wir losgegangen waren, hatte ich gedacht, wir brauchten keine Uhr, aber jetzt vermisste ich sie. Es schien noch wichtiger zu sein, auf die Zeit zu achten, wenn man gar keine Verpflichtungen hatte.
    Plötzlich musste ich an Klops denken. An sein Gerede von einem Mörder. Vielleicht war es nicht nur Gerede. Der Mörder befand sich heute Nacht auf diesem Platz. Er wohnte hier.
    »Sind keine Spuren an der Tür?« Kerstin sah mich an.
    »Du meinst, die darauf hinweisen, dass jemand eingebrochen ist?«
    Kerstin ging wieder zur Tür.
    »Hier ist was Schwarzes«, sagte sie. Ich ging zu ihr. Auf der Klinke waren kleine schwarze Flecken.
    Ich tippte sie an, da ging das Schwarze weg, oder es wurde verwischt und grau. »Es ist Ruß«, sagte Kerstin. »Hm.«
    »Mister Swing war voller Ruß.«
    »Da war er gestern Abend bestimmt nicht der Einzige, der voller Ruß war.«
    »Warum verteidigst du ihn dauernd?«, fragte Kerstin. »Ich verteidige ihn nicht.«
    »Ich will hier weg. Ich will hier sofort weg.« Sie schaute wieder aus dem Fenster. »Es wird bald Morgen.«
    »Lass uns warten, bis es hell wird«, sagte ich. »Wir schlafen

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