Drachenritter 03 - Der Drache an der Grenze
Lady Geronde lsabel de Chaney; aber wir warten noch darauf, daß ihr Vater aus dem Heiligen Land zurückkehrt, um ihn um die Erlaubnis zur Heirat zu bitten. Warten tun wir nun schon eine ganze Weile -vier Jahre sind es jetzt.«
»Das ist aber schade«, sagte Liseth. »Aber er kommt bestimmt bald zurück.«
»Falls er noch am Leben ist«, meinte Brian.
»Gewiß«, antwortete sie ernst. »Hier an der Grenze kennen wir die Unwägbarkeiten des Lebens. Wir müssen Jahre im voraus planen, ohne zu wissen, ob wir sie auch erleben werden.«
Die Düsternis wich von ihrem Gesicht, und es war, als bräche die Sonne zwischen den Wolken hervor. Sie wandte sich wieder Jim zu.
»Sagt an, Mylord, wir lange gedenkt Ihr hier in unserer armseligen Grenzburg zu bleiben?«
Bevor Jim antworten konnte, gesellte sich eine hochgewachsene, schlanke Gestalt zu ihnen, bekleidet mit dem Lederwams des Bogenschützen, in der Hand den unbespannten und in einem Futteral geschützten Bogen und den Köcher, dessen Regenkappe verschlossen war.
»Und das ist der letzte meiner guten Freunde, den ich dir vorstellen wollte«, sagte Giles zu Liseth, als Dafydd sich dem Tisch näherte, den Bogen dagegenlehnte und den Köcher auf die Tischplatte legte. »Das ist Dafydd ap Hywel, der beste Bogenschütze der Welt; er hat mit Brian am Verhaßten Turm gekämpft und war mit mir in Frankreich!«
Liseth sprang auf, ging rasch um den Tisch herum und vollführte vor Dafydd einen Knicks.
»Es ist mir eine große Freude, Euch kennenzulernen, Meister Bogenschütze«, sagte sie. »Bitte nehmt doch Platz.«
»Auch mir ist es eine Freude, Euch kennenzulernen«, sagte Dafydd, ohne Anstalten zu machen, sich zu setzen. »Würdet auch Ihr Euch setzen, und dürfte ich Euch vielleicht etwas Wein einschenken?«
»Aber nur einen halben Becher«, sagte Liseth. »Danke«, setzte sie hinzu, als beide Platz genommen hatten. »Giles hat mir erzählt, Ihr wärt ebenfalls vermählt.«
»Und zwar mit einer wunderschönen Dame, die als Mädchen Danielle o'the Wold hieß«, antwortete Dafydd. »Wir haben einen sechs Monate alten Sohn.«
»Liseth«, mischte Giles sich ein, »genug der Artigkeiten und Schluß mit dem Gerede über deine häuslichen Pflichten. Wir müssen ein paar wichtige Entscheidungen treffen. Jim... Was habt Ihr für heute vor? Wir könnten angeln; im Meer gibt es schöne große Fische. Oder wir gehen auf die Jagd, wenngleich wir ein Stück weit reiten müßten, bis wir einen Wald finden, in dem es Wild gibt, das die Mühe lohnt...«
»Weder noch«, unterbrach ihn Jim, der plötzlich einen Entschluß gefaßt hatte. Er würde sich ein Bild davon machen, was hier los war. Falls die Dunklen Mächte es wieder auf ihn abgesehen hatten, wäre es Wahnsinn gewesen, die Hände einfach in den Schoß zu legen. »Eigentlich würde ich mir gern einmal die Hohlmenschen anschauen...«
»Eine ausgezeichnete Idee!« stimmte Brian ihm zu. »Das macht bestimmt mehr Spaß als zu fischen oder zu jagen.«
»Ich halte es auch für eine hervorragende Idee«, ließ sich Dafydd vernehmen, dem man soeben einen Teller mit Rindfleisch und Brot vorgesetzt hatte. »Ich habe heute morgen bereits einen der Pfeile ausprobiert, an denen ich einige Veränderungen vorgenommen habe; eine Gelegenheit, sie an den Zielen zu erproben, für die sie eigentlich gedacht sind, käme mir gerade recht.«
»Ich komme mit!« rief Giles. »Ihr werdet einen Führer brauchen. Vorher muß ich allerdings noch Vater um Erlaubnis fragen...«
»Ihr müßt mich mitnehmen«, warf Liseth mit sanfter, gleichwohl entschlossener Stimme ein. »Und das wirst du sogar müssen, Giles, da ich die einzige bin, die den Weg zu den Hohlmenschen kennt.«
Giles fuhr verblüfft zu ihr herum.
»Aber Liseth!« sagte er. »Vater würde es niemals gutheißen ...«
»Ich glaube doch«, sagte Liseth.
Im nächsten Moment war sie auch schon aufgesprungen.
»Ich werde ihn gleich fragen«, setzte sie hinzu und verschwand in der Küche.
»Sie hat recht«, meinte Giles düster. »Sie spricht mit wilden und mit zahmen Tieren und kennt sich besser in den Hügeln aus als wir alle zusammen. Und in die Hügel müssen wir, wenn wir zu den Hohlmenschen wollen. Ich mache mir auch keine großen Hoffnungen, daß Vater sich weigern wird, sie gehen zu lassen. Sie setzt nämlich immer ihren Willen durch... Da fällt mir ein, daß ich selbst mit Vater sprechen wollte. Als Ritter brauchte ich seine Erlaubnis eigentlich nicht; aber wie die meisten
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