Drachenritter 04 - Der Drache im Krieg
Wald innegehalten und kamen nun wieder hervor, um einen Kreis um ihn zu bilden. Kurze Zeit später stand er wieder auf dem Rücken dreier anderer Schlangen und hielt eine Ansprache an sie.
Plötzlich begann Rrrnlf zu lachen. Jim starrte ihn an.
»Jetzt«, sagte Rrrnlf, »fragt er sie, ob sie Schlangen wären oder Seesterne.«
»Seesterne?« wiederholte Jim verwundert.
»Natürlich!« antwortete Rrrnlf. »Wie würde es Euch gefallen, ein Seestern genannt zu werden?«
»Hm...« Jim fehlten die Worte; er wußte nicht recht, wie er erklären sollte, daß die Bezeichnung Seesterne für ihn keine besonders schwere Beleidigung wäre.
»Natürlich«, fuhr Rrrnlf fort, »wird es nichts nutzen. Man kann die Schlangen nicht so sehr beschämen, daß sie deswegen irgend etwas tun würden, was sie nicht wollen. Die haben doch alle kein Schamgefühl, alle wie sie da sind.«
»Kein Schamgefühl?« fragte Brian ungläubig, nachdem er endlich von seinem eigenen Gebrüll abgelassen hatte. Er hatte die ganze Zeit geschrien: »Ein Ausfall! Ein Ausfall!«, und zwar so laut er nur konnte. »Gar keins?«
»Natürlich nicht«, sagte Rrrnlf. »Das einzige, wofür sie sich interessieren, sind die Dinge, die sich während ihrer Lebensspanne ereignen und die Frage, wie sie das Beste daraus machen können, solange sie leben. Es gibt nichts, wofür sie sterben würden.«
Brian wirkte schockiert. Dann nahm sein Gesicht einen grimmigen Ausdruck an. Er wandte sich an seine Mitritter, einschließlich Jim.
»Dann laßt uns Gott danken, edle Herren«, sagte er, »daß wir Ihn haben, England und unsere Waffen, alles Dinge, für die jeder von uns eher sterben würde, als zu dulden, daß sie die geringste Schmach träfe!« Jim fühlte sich seltsam berührt. An Brian zweifelte er keinen Augenblick lang. Mit >Waffen< meinte Brian natürlich das Wappen, das ein jeder von ihnen besaß und das für ihre persönliche wie auch ihre Familienehre stand und für alles andere, was nach Brians und der anderen Meinung einen Ritter und Edelmann ausmachte.
Jim konnte ihm nicht ehrlichen Herzens beipflichten und behaupten, daß auch er für diese Dinge sterben würde. Er fragte sich vielmehr, wofür er zu sterben bereit wäre. Er war kein richtiger Engländer und nicht einmal ein richtiger Ritter.
Aber instinktiv hatte er das Gefühl, daß ein Teil seiner selbst zu sterben bereit wäre für - irgend etwas. Angie natürlich. Aber was noch? Nichts bot sich an, aber dennoch verspürte er ein hartnäckiges Gefühl von so etwas wie Glauben in sich.
Aber Glaube woran?
Der Gedanke ließ ihn nicht los. Er wußte, daß er ein Idealist war, ein Optimist, soweit es die menschliche Rasse betraf. Er glaubte an ihre Zukunft - weit über das 20. Jahrhundert hinaus, aus dem er gekommen war. Vielleicht - er schreckte vor dem Gedanken ein wenig zurück - aber vielleicht war es das. Jedenfalls war es das einzige, was ihm einfallen wollte, ein Glaube an die Menschheit als Ganzes, so lächerlich sich das auch anhörte.
Ein plötzlicher dumpfer Aufprall auf der Plattform riß ihn aus seinen Gedanken. Secoh war wieder da. In den Klauen einer Vorderpfote hielt er einen prallvollen Sack, der nur die Juwelen der französischen Drachen enthalten konnte.
»Mylord«, sagte er, »ich war kurz in Eurer Kemenate, um das hier zu holen. Vielleicht werden wir es brauchen.«
Jim vergaß alles, womit er sich einen Augenblick zuvor in Gedanken beschäftigt hatte. Er fuhr zu dem Sumpfdrachen herum.
»Da seid Ihr ja!« sagte er. »Secoh, signalisiert den anderen Boten. Oh - und gut, daß Ihr an die Juwelen gedacht habt. Verwahrt Ihr sie. Von jetzt an möchte ich, daß Ihr mir nicht mehr von der Seite weicht.«
»Gewiß, Mylord«, entgegnete Secoh.
Jim wandte sich an Rrrnlf. »Was sagt Essessili jetzt?«
»Er...« Rrrnlf brach in schallendes Gelächter aus. »Er sagt ihnen wieder und wieder, was sie bereits zu wissen glauben; daß sie nämlich im Zweikampf jedem Drachen gewachsen wären. Er erbietet sich, Euch zu einem Duell herauszufordern, um zu beweisen, daß er recht hat. Er sagt, wenn er es tun könne, dann sollten sie ebenfalls an ihre überlegene Kraft glauben. Und daß genauso viele Schlangen hier versammelt wären wie Drachen.«
Eine Woge des Unbehagens überkam Jim. Er fuhr zu Carolinus herum.
»Carolinus«, sagte er. »Ihr müßt doch irgend etwas tun können!«
Carolinus, der über die Köpfe der Schlangen hinweg in die Ferne geblickt hatte, als könne er durch die Bäume zur
Weitere Kostenlose Bücher