Drachenritter 07 - Der Drache und der Wuzelkönig
Stallburschen führten gerade.
Aragh überdachte die Lage.
Der Unbekannte war offensichtlich entweder an Robert oder der Amme interessiert. Zudem hatte er keine Angst, sich ins freie Sichtfeld vor der Burg zu begeben. Vielleicht war niemand auf den Wehrgängen, und auch die Wache auf dem Turm könnte vom Spiel ebenso gefesselt sein wie der Wächter hier unten. Sich so offen zu bewegen, war für einen Fremden, der vielleicht etwas im Schilde führte, reichlich ungewöhnlich.
Möglicherweise reichte die Spur doch nicht bis zur Wiege oder zu dem Baum, unter dem die Amme leise schnarchte. Aragh drehte sich um und trottete im Schutz der Bäume weiter bis zu der Stelle, an der der Waldrand am nächsten an die Wiege heranreichte. Dann arbeitete er sich vorsichtig vor und nutzte einzelne Büsche als Deckung, bis er nur noch drei Wolfslängen von der Wiege und fünf von der schlafenden Amme entfernt war.
Er schnüffelte erneut. Auf diese Entfernung war es schwer zu entscheiden, ob die Fährte des Unbekannten zur Wiege oder zur Amme führte. Derjenige, von dem die Spur stammte, hätte auch weiter zur Burg gegangen sein oder sie in einigem Abstand umrundet haben können.
Glücklicherweise stand Roberts Wiege seitlich zum Turm, so daß Aragh sie, sobald er erst einmal die kleine Freifläche überquert hatte, als Deckung nutzen konnte, wenn er sich tief zu Boden duckte. Üblicherweise blieb Aragh im Wald und heulte von Zeit zu Zeit, wenn er etwas von Angie oder Jim wollte. Bisweilen dauerte es ein wenig, bis man den Wolf auf der Burg wirklich wahrnahm, doch sonst funktionierte die Methode sehr sicher. Aber in diesem besonderen Fall wollte Aragh nicht einen halben Tag warten. Der Abstand zur Wiege schrumpfte immer mehr, geduckt schlich der Wolf weiter.
Einen Augenblick später war er am Ziel und fand seine Vermutung bestätigt. Die Fährte führte zur Wiege und auf der anderen Seite weiter, wie Aragh erschnüffeln konnte. Auf dieser Seite war der Unbekannte stehengeblieben, vermutlich, um Robert anzuschauen. Dann hatte er die Wiege umrundet und war wieder in den Wald zurückgekehrt, höchstwahrscheinlich zum Bau.
Wie auch immer, dem Kind war nichts geschehen. Als Aragh über den Rand der Wiege sah, blickte er in Roberts offene Augen. Das Kind quietschte vergnügt, als es das pelzige Wolfsgesicht über sich sah. Robert streckte seine winzigen Ärmchen zu dem nächstgelegenen von Araghs Ohren aus.
Da Aragh sich sowohl mit menschlichen Kindern als auch mit Wolfswelpen auskannte, legte er sein Ohr sorgsam an. Nachdem er auch noch sein Auge geschlossen hatte, legte er seinen Kopf für einen Augenblick auf Roberts Brust und ließ die Kinderhände durch seinen dichten Pelz fahren, ihn erforschen und auch ein wenig an ihm ziehen.
Nach ein paar Augenblicken verlor das Kind das Interesse, und Aragh nahm den Kopf wieder hoch. Robert, der nun nach einem über die Wiege hin und her flatternden Schmetterling grabschte, war immer noch fröhlich. Aragh schlüpfte zurück unter die Bäume. Er umrundete die Burg. Auf der anderen Seite ging die Burgmauer in den Bergfried über, die letzte Bastion, in die sich die Menschen in der Burg zurückziehen würden, wenn der Feind die ersten Verteidigungsanlagen überwunden hatte und bereits im Burghof stand.
Die Rückseite der Burg wies keine Fenster und nur wenige Schießscharten auf, eine glatte, fünfundzwanzig Meter hohe Mauer, die nicht erklommen werden konnte – ungeeignet für einen Angriff. Daher reichte der Wald hier nah an die Burgmauer heran. Aragh konnte gefahrlos über die Rodung trotten und die Richtung weiter verfolgen, die er im Sinn hatte, bevor er den seltsamen Geruch wahrgenommen hatte.
Araghs Weg führte ihn nah an einer Schießscharte vorbei, die Luft und Licht in die Anrichtestube ließ, wie er aus dem Geruch schließen konnte. Beim Vorbeitrotten hörte er zwei weibliche Stimmen, eine offensichtlich jünger als die andere, die miteinander stritten. Aragh mochte Angie und Sir James und war auch bereit, den Rest der Burgbewohner zu erdulden, aber wie alle ihrer Art verbrachten sie einen Großteil ihrer Zeit damit, Lärm zu machen. So waren sie halt. Aragh trottete an der Burg vorbei auf das vertraute Dämmerlicht unter den Bäumen zu. Noch einen Augenblick, dann wäre er wieder unter den Bäumen verschwunden.
Kapitel 8
NACH WENIGER ALS EINER WOCHE überquerte der von Sir John Chandos angeführte Trupp die Low Borrow Brücke und erreichte Burg Penrith südlich von
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