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Drachensturm

Titel: Drachensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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fragen, was ihr schon den ganzen Tag auf der Seele brannte.
    » Pachakamaq, Quetzalcoatl, Viracocha, sie alle werden als fliegende Schlangen dargestellt. Und natürlich fragen wir uns, ob wir hier vielleicht wirklich vergessene Brüder finden könnten, auch wenn wir sie bislang nicht zu Gesicht bekommen haben.«
    » Die Indios scheinen jedoch nichts von ihnen zu wissen, oder?«
    » Zumindest verraten sie uns nichts«, meinte Nabu. » Ich kann es ihnen auch nicht verdenken. Wir kommen mit Feuer und Schwert, als Feinde.«
    » Aber Pizarro hat doch im Norden schon Verbündete gewonnen«, wandte Mila vorsichtig ein.
    » Verbündete? Vasallen trifft es eher, und die trauen uns nicht. Was die Spanier angeht, so haben sie damit wohl Recht. Ich glaube nicht, dass Pizarro sich noch an seine großen Versprechungen erinnert, wenn er erst einmal hat, was er will. Warum also sollten sie uns bei unserer Frage helfen? Das ist tragisch, denn etwas sagt mir, dass wir das Rätsel nicht ohne die Eingeborenen lösen können. Aber die Spanier interessieren sich nur für das Gold, nicht für die Drachen. Übrigens glaubt auch der Stinker, dass die Bilder der Götter auf die Existenz von Drachen verweisen.«
    » Wer?«, fragte Mila verwirrt.
    » Euer Alchemist. Ist dir nie aufgefallen, dass er stets nach Schwefel und anderen giftigen Dingen stinkt?«
    » Das kommt, weil Meister Albrecht Tag und Nacht in seinem Laboratorium sitzt und dort wichtige Geheimnisse ergründet«, nahm Mila den Alchemisten in Schutz.
    Nabu schnaubte verächtlich. » Er zerstört Dinge, und er pfuscht der Natur ins Handwerk, wie alle seines Schlages.«
    » Du magst Alchemisten nicht sehr, oder?«, fragte Mila.
    » Ich nehme doch an, du weißt, warum das so ist.«
    Mila schwieg. Sie hatte einmal etwas darüber gehört, über Drachen und Alchemisten, aber sie wusste nicht mehr genau, was es war. Sie wusste nur, dass Drachen eine unüberwindliche Abneigung gegen alle Mitglieder dieser Zunft hegten. Sie wollte aber ihre Unkenntnis nicht zugeben.
    » Jedenfalls, um auf die Götter dieser Neuen Welt zurückzukommen«, fuhr Nabu fort, » es ist leicht, sie für Drachen zu halten, wenn man die Reliefs an den Tempeln gesehen hat.«
    » Mag sein«, sagte Mila. » Aber ich kann sie nun einmal nicht sehen.«
    » Ah«, rief Nabu und flog eine erneute Schleife, » ich hatte beinahe vergessen, wie sehr dich bewegen muss, was ich dir gezeigt habe.«
    » Mich bewegt noch mehr die Frage, warum du es mir an einem Tag zeigst und dann wieder nicht, Nabu. Habe ich etwas falsch gemacht?«
    » Nein, Prinzessin, ich glaube eher, dass ich einen Fehler gemacht habe.«
    » Das verstehe ich nicht.«
    » Diese Verbindung, ich glaube, du bist dafür empfänglicher als jeder andere, der vor dir an dieser Krankheit litt. Das macht mir Sorge.«
    » Das verstehe ich nicht.«
    » Der Fluch, er trifft den Unglücklichen nicht immer auf gleiche Weise, Mila. Die einen lässt er erblinden, andere leiden an Lähmungen ihrer Glieder, manche an beidem.«
    » Wie mein Vater«, warf Mila ein.
    » Ja, wie dein Vater Friedrich. Bei ihm begann es mit einer Lähmung des linken Beines. Er bestand dennoch darauf, weiter seinen Dienst zu versehen. Dann jedoch erblindete er und musste seinen Abschied nehmen.«
    » Das weiß ich doch, Nabu.«
    » So? Wie gesagt, es gab andere vor euch, die das gleiche Unglück erlitten. Eines ist mir in all den Jahrhunderten jedoch aufgefallen, die Krankheit schreitet nicht weiter fort, wenn der Ritter den Orden erst einmal verlassen hat.«
    » Worauf willst du hinaus, Nabu?«
    Nabu seufzte. » Ich will damit sagen, dass es bei denen, die bei uns blieben, manchmal schlimmer wurde, vor allem bei denen, die die Flamme sahen.«
    Mila fühlte sich erbleichen. Eine Weile flogen sie stumm über den fern unter ihnen rauschenden Wellen.
    » Aber du sagst, es wurde nur manchmal schlimmer, oder?«
    » Ja, Mila, dennoch, ich fürchte, das Gleiche könnte auch dir widerfahren.«
    Sie schüttelte den Kopf. » Weißt du, Nabu, das, was du mir gezeigt hast, war das Schönste, was ich jemals gesehen habe. Es mag dir lächerlich erscheinen, ist es doch auch das Einzige, was ich je sah, und was ich je sehen werde. Diese Erfahrung würde ich für keinen Preis der Welt missen wollen. Und ich will sie wiederholen, selbst wenn es mich das Leben kostet. Lieber habe ich die Wunder dieser Welt gesehen und sterbe bald, als weiter blind durch die Dunkelheit zu irren.«
    Nabu brummte, und es klang beeindruckt. »

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