Drachentochter
es sich im Bett bequem. »Und nun geh.«
Ich hatte mich schon umgedreht, doch plötzlich kam mir ein Gedanke. »Wolltet Ihr, dass es so kommt? War es ein Teil des Plans, den Ihr mit Lord Tyron geschmiedet habt?«
Mein Meister hielt die Augen geschlossen und antwortete nicht.
Verstört ging ich ins Ankleidezimmer, wo Rilla schon wartete, um mir eilends das verschwitzte Drachengewand auszuziehen.
»Der Palastführer wartet schon«, sagte sie und hielt ein cremefarbenes Übungsgewand aus Baumwolle zum Reinschlüpfen bereit. »Erzähl mir rasch, was im Drachenrat geschehen ist.«
Ich beschrieb ihr die Versammlung und Idos Angriff, während sie mir ins Übungsgewand half.
»Ich mache mir Sorgen um die Gesundheit des Meisters«, sagte sie und schüttelte den Kopf, während sie mir die leichten Schlüpfschuhe überstreifte. »Hoffentlich kann ich ihn dazu überreden, den Arzt zu rufen. Und was ist mit dir? Alles in Ordnung?«
»Mir geht’s gut.«
Doch das stimmte nicht. Während ich dem jungen Palastführer durch gewölbte Durchgänge und über große geschlossene Höfe folgte, ließen mich meine verletzten Rippen nur mühsam und unter Schmerzen Luft holen. Schließlich war ich gezwungen, stehen zu bleiben.
»Stimmt etwas nicht, Mylord?«, wollte der Diener wissen. »Braucht Ihr Hilfe?«
»Ist es noch weit?«
»Nein, Mylord. Das Übungsgelände liegt gleich hinter dem Pavillon der Herbstlichen Gerechtigkeit.«
Ich winkte ihm weiterzugehen. Vielleicht konnte ich Krankheit geltend machen und den Unterricht verschieben. Die Vorstellung war verlockend, da ich auf diese Weise mehr Zeit hätte, den Namen meines Drachen herauszufinden und meine Verletzungen auszukurieren, doch das Drängen meines Meisters spukte mir im Kopf herum.
Kurz darauf hörte ich erst Holz gegen Holz schlagen, dann tosenden Beifall. Der Diener blickte sich nach mir um und nickte mir ermutigend zu, bevor wir aus dem halbdunklen Durchgang ins Sonnenlicht und auf grellweißen Sand traten.
Vor uns lag eine kleine eingezäunte Übungsarena. Ringsum drängten sich hell gekleidete Höflinge unter seidenen Sonnenschirmen, fächelten sich Luft zu und verfolgten den Wettkampf mit Rufen und Beifall. Zwei mit langen Stäben bewaffnete Gestalten, deren wirbelnde Bewegungen Sand durch die Luft fliegen ließen, waren kurz durch eine Lücke in der Zuschauermenge zu sehen. Ich beschirmte die Augen mit der Hand, um nicht geblendet zu werden, tat interessiert und ging langsam an den Zaun, wo ich stehen blieb, um wieder zu Atem zu kommen.
Nun erst erkannte ich den größeren Kämpfer – Prinz Kygo. Er trug lediglich eine cremefarbene Übungshose aus Baumwolle, die an den Knöcheln zusammengebunden war. Nun, da sein standesgemäßes Gewand ihn nicht mehr verhüllte, war zu sehen, dass er einen sehr männlichen Körper hatte. Sein Brustkorb und sein Bauch waren so flach wie muskulös, und als er einen über den Kopf geführten Schlag mit gestreckten Armen abwehrte, waren seine breiten Schultern und die kräftige Armmuskulatur zu sehen. Schweiß hatte sich in seinem Kreuz gesammelt und mein Blick wanderte unwillkürlich sein glitzerndes Rückgrat hinunter zu den schmalen Hüften. Dann sah ich weg, weil mir ein plötzlicher Hitzeschwall vom Sand entgegenschlug.
Der Prinz trat einen Schritt zurück und schwang seinen Stab herausfordernd, als sein Übungspartner einen Angriff antäuschte, sich dann aber zurückzog, um auf eine Kontermöglichkeit zu warten. Der Prinz wiegte sich auf den Ballen und bereitete sich auf den nächsten Angriff vor. Sein Gegner, bei dem es sich – den Goldfäden nach zu urteilen, die kunstvoll in seinen Haarknoten geflochten waren – um einen jungen Adligen handelte, machte nun einen Satz nach vorn und stieß mit seinem Stab nach dem Kopf des Prinzen. Kygo wich dem Angriff geschickt aus, wirbelte herum und hob seinen Stab, um den Gegner auf halber Höhe zu treffen, der allerdings seinerseits ausgeholt hatte, sodass der Prinz sich geradewegs in einen auf sein Gesicht zielenden Streich drehte und einen Schlag abbekam, der sich böse anhörte. Kygos Kopf schnellte zurück und der Stab entglitt seinen Händen.
Die Menge schnappte nach Luft und erstarrte vor Schreck. Es war verboten, ein Mitglied der kaiserlichen Familie zu berühren, selbst während des Kampftrainings. Jeder Verstoß wurde mit dem sofortigen Tod bestraft. Der junge Adlige ließ seinen Stab fallen wie ein glühendes Eisen, sank kniend in den Sand und verbeugte sich so tief,
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