Draculas Fluch
Kampf. Aber wenn der Augenblick gekommen war, da Ka-Zadok die Übermacht des Königs der Finsternis einsehen mußte, würde er mit allem um sich schlagen, was ihm zur Verfügung stand. Und das konnte Harmons Ende bedeuten.
Seine logischen Folgerungen waren natürlich auf der Annahme gegründet, daß der Vampir tatsächlich mächtiger war als der Zauberer. Angenommen, das war nicht der Fall?
Harmon lächelte. Dann stand sein Ende erst recht fest.
Ka-Zadok war das Lächeln nicht entgangen. »Habe ich etwas Amüsantes gesagt?« fragte er.
»In gewisser Weise schon«, antwortete Harmon. »Sie fragen, was ich vorziehe, und wissen genau, daß ich nicht in der Lage bin, es mir auszusuchen.«
»Eben«, bemerkte der Hüne und stand auf. »Ich habe Ihr Schicksal beschlossen, Professor. Sie haben sich meinem Willen widersetzt. Jetzt wollen wir doch einmal sehen, wie stark dieser Wille ist, wie lange er durchhält, bis Sie alles hinausschreien, was ich wissen will. Denn Sie werden mir alles mitteilen, Professor Harmon, und ich werde Ihre Worte hören, ganz gleich, wo ich bin. Und jetzt werde ich Ihnen erst einmal eine Illusion nehmen.«
Kaum ausgesprochen, war es auch schon getan. Harmon befand sich nicht mehr in einem Raum des Palastes. Es gab auch keinen Palast mehr. Der Rollstuhl befand sich in einer Höhle, die wie das Maul eines riesigen Schneeungeheuers aussah. Eine weiße Grotte mit scharfen Stalaktiten und Stalagniten umgab ihn.
»Ich habe Sie nach Ihrem Streben gefragt, Professor«, sagte der Zauberer spöttisch. »Sie hätten antworten können, daß es auf die Wahrheit gerichtet ist. Sie haben das nicht getan, deshalb werde ich Ihnen jetzt die Wahrheit zeigen, die nackte Wahrheit. Schauen Sie in die Höhe. Sehen Sie etwas Ungewöhnliches über sich?«
Harmon sah in die Höhe. Er war sich nicht ganz sicher, aber...
»Richtig«, bemerkte Ka-Zadok und lachte. »Die Decke dieser Höhle senkt sich langsam – sehr langsam. Sie werden es vielleicht versuchen, aber es gibt keine Möglichkeit, den spitzen Eiszacken zu entkommen.«
Harmon warf einen schnellen Blick auf die Uhr.
»Die Zeit interessiert Sie?« fragte Ka-Zadok. »Keine Angst, es dauert seine Zeit, bis die Spitzen der Eiszapfen Ihre Schädeldecke durchbohren, ihren Nacken, ihre Schultern. Sie haben noch viel Zeit, Professor Harmon, und werden noch tausendmal auf die Uhr sehen.« Er stieß ein Lachen aus. »Und unter der Kälte werden Sie leiden.«
Die Temperatur sank plötzlich um viele Grad. Ein Schaudern ging durch Harmons Körper. Sein Blick streifte die Sauerstoffmaske in seinem Schoß.
»Die werden Sie nicht brauchen, Professor«, sagte Ka-Zadok sofort. »Ich lasse Sie nicht in Besinnungslosigkeit sinken – da fällt mir etwas ein. Die Minustemperaturen können ja den gleichen Effekt haben, oder?«
Harmon antwortete nicht. In gewissen Situationen schwieg man besser.
»Lieber Hitze«, sagte der Zauberer. »Das ist bestimmt besser – und wirkungsvoller.«
Das Echo von Ka-Zadoks Lachen verklang. Ob er noch in der Höhle war oder nicht, konnte Harmon nicht feststellen. Seine Augen waren geschlossen, denn er hielt den Anblick des Scheusals nicht aus, das vor ihm aufgetaucht war.
Es war blaßgelb, nackt und geringelt wie ein Wurm, wobei es gleichzeitig wie von Würmern zerfressen aussah. Eine glitschige, formlose Masse ohne Augen. Ein gähnendes schwarzes Loch, das vielleicht als Maul diente.
Und aus diesem Maul strömte die unerträgliche Hitze aus.
Der Gestank war ekelerregend, die Geräusche so, daß sich Harmon der Magen umdrehte. Er zwang sich, die Augen aufzumachen.
Sein Aufschrei gellte noch in seinen Ohren, als er sie wieder schloß.
An der Unterseite des Scheusals befanden sich mindestens fünfzig mit Saugnäpfen ausgestattete Füße. Wie eine Öllache bewegte sich das Scheusal langsam, aber stetig auf Professor Harmon zu.
11.
Die Kristallkugel, in der das weiße Feuer glühte, sprach mit dem Mongolen, der vor ihr kniete.
»Du bist besorgt, Ka-Zadok, und deine Sorge reicht bis an die Grenzen der Angst.«
»Das stimmt, Mächtiger«, entgegnete der Zauberer. »Dieser Professor Harmon ...«
»Ist nicht der Grund deiner Angst. Du hast ihn neutralisiert. Deine Eitelkeit hat dich gedrängt, ihn zu vernichten. Warum hast du es nicht getan?«
»Weil – weil ich nicht konnte.«
»Aus Angst?«
»Nein. Ich weiß nicht, was mich daran hinderte. Etwas hat mir davon abgeraten. Ich dachte, daß vielleicht du es bist.«
»Ich habe dir nicht
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