Draußen wartet die Welt
ich wegen eines Mannes traurig war, der kein Zuhause hatte, in dem er seine Gitarre aufbewahren konnte. Und wegen einer Unterhaltung, in der das Schlimmste, was in meiner Welt passieren konnte, als lustiger Scherz behandelt wurde. Und darüber, dass man von einem Ort zum anderen reisen konnte, aber all das, was dazwischen lag, dabei komplett versäumte.
In einem Laden namens Demon Dogs, in dem der Geruch von Fett schwer in der Luft hing und der El-Zug über unseren Köpfen vorbeirumpelte, stellten wir uns in die Schlange, um einen Hotdog und Pommes frites zu bestellen, die in einer ölverspritzten Pappschale serviert wurden. Dann bahnten wir uns einen Weg in einen schmalen Nebenraum und ließen uns mit Blick auf den Gehweg auf roten Hockern nieder.
»Wie gefällt’s dir bis jetzt?«, fragte Josh.
Ich dachte eine Weile darüber nach. »Ich weiß nicht so recht. Hier gibt es viel zu viel Verschiedenes, um darauf nur eine Antwort zu geben.«
»Okay, also, was gefällt dir nicht so gut?«
»Es gefällt mir nicht, Menschen zu sehen, die um Geld betteln müssen. Es gefällt mir nicht, in einer Menschenmenge herumgeschubst zu werden.«
»Okay«, erwiderte Josh. »Lass uns noch mal von vorn anfangen. Was gefällt dir?«
Ich lächelte. »Das hier.«
Joshs Miene hellte sich auf, wie bei jemandem, dem man gerade eine Auszeichnung überreicht hatte.
»Cool«, sagte er und zog das Wort seltsam in die Länge, so wie er es manchmal tat. »Mir gefällt das hier auch.«
Ich tauchte eine Fritte ins Ketchup und ein beruhigendes Gefühl breitete sich in mir aus. Ich war mir nicht sicher, wann ich aufgehört hatte, nervös zu sein, wenn ich mit Josh allein war. Seine Nähe fühlte sich mit der Zeit immer behaglicher an, wie bei einem neuen Paar Hausschuhe.
»Was?« Josh betrachtete mich eindringlich.
»Ich glaube, ich mag die Stadt.«
»Ich auch«, erwiderte er. »Ich fühle mich in der Stadt wohler als meine Freunde. Für sie ist die Stadt ein fremder Ort, aber ich kann es gar nicht abwarten, eines Tages hier zu leben.«
»Und was willst du dann machen?«
»Ich geh zu jeder Menge Spielen der Cubs«, antwortete er. »Und ich tauche so richtig in die Musikszene ein. Ich gehe in Comedyclubs und ins Theater. Vielleicht spiele ich auch in einer Softball-Liga. In ein paar Kneipen hier gibt’s Quizabende. Ich bin ein echtes Quiz-Ass.« Er grinste. »Ich will einfach alles miterleben.«
Ich auch, dachte ich. Ich war ein wenig neidisch auf Josh. Er konnte in seine Zukunft blicken und sich aussuchen, wie sie aussehen sollte. Er wollte eines Tages in der Stadt leben und konnte das auch tun.
»Also, was machst du Freitag in einer Woche?«, wollte Josh wissen. »Musst du babysitten?«
»Ich muss erst Rachel fragen. Können wir uns einen Film ansehen?«
»Eigentlich habe ich mich gefragt, ob du vielleicht ein bisschen Musik hören willst. Eine Band, die ich gut finde, spielt in einem U-21-Klub.«
Ich war ganz aufgeregt, dass ich vielleicht Musik hören würde, die nicht aus einer Maschine dröhnte. In meinem Kopf zog sich die Zeit bis Freitag in einer Woche schon jetzt bis in alle Ewigkeit hin – bis dahin gab es noch viel zu viele Tage, die es zu durchleben galt. Ich verspürte wieder dieses kribbelnde Gefühl unter der Haut, das Gefühl der Vorfreude.
»Also?«, fragte Josh.
Erst jetzt wurde mir bewusst, dass ich ihm noch gar nicht geantwortet hatte. »Ja«, sagte ich.
»Prima«, erwiderte er und wirkte wieder einmal sehr erfreut.
Ich fragte mich, was ich bei einem Besuch in einem Klub wohl anziehen sollte, und war mir sicher, dass kein einziges der Kleidungsstücke, die ich mitgebracht hatte, passend dafür war. Ich würde eine Möglichkeit finden müssen, mir noch mehr Klamotten zu besorgen. Einen Augenblick lang staunte ich über diesen Gedanken. Er war so englisch.
Kapitel 20
Ein paar Tage nachdem ich mit Josh in die Stadt gefahren war, klingelte es an der Tür, als ich gerade das Geschirr vom Abendessen in die Spülmaschine räumte. Ich hörte Schritte und das leise Murmeln höflicher Stimmen und im nächsten Moment stand plötzlich Janie neben mir und zerrte an meinem Arm. »Komm schnell, Eliza, da ist ein Junge an der Tür, der dich besuchen will. Und es ist nicht Josh.«
Rachel stand an der Haustür, sprach mit dem Besucher und sah mir entgegen, als ich auf sie zuging. Sam, der neben ihr stand, machte einen Schritt zur Seite, als ich die beiden erreichte, und mit einem Mal blickte ich Daniel direkt in die
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