Dray Prescot 05-Der Prinz von Scorpio
gegen das Eis, und indem ich den Druck von Seite zu Seite wechselte, konnte ich abbremsen und dadurch steuern. Aber es war anstrengend, und ich schwitzte ein wenig, was bei solchen Temperaturen äußerst unangenehm ist.
Kühn stürzten wir uns in die Wolkenschicht.
»Achtung, Koter Prescot!« Furtways Stimme klang schwach. Die Kälte ging ihm bis ins Mark. Wenn er überleben wollte, mußten wir ins Tal – und zwar schnell!
Die Dolche und Stiefelabsätze verlangsamten unsere Fahrt. Hinter uns blieb eine breite Bahn von Eisbrocken zurück, die über den Gletscher tanzten. Wenn wir jetzt gegen einen Felsen stießen ...
Die Wolken wurden dünner und wieder dichter, was ich mit einem mächtigen Dolchstoß quittierte, wurden erneut dünner und verschwanden schließlich völlig. Wir befanden uns fast am Ende des Gletschers.
Ich warf mich zur Seite und stemmte beide Dolche rechts ins Eis. Zwischen hochwirbelnden Eisbrocken ruckten wir herum, und im ersten Augenblick dachte ich, wir würden von den Ponshofellen gerissen.
»Festhalten!« brüllte ich.
Wir hielten uns fest. Unmittelbar vor dem Ende des Gletschers der dort kalbte und seine Eisbrocken gut dreihundert Meter in die Tiefe fallen ließ, bogen wir zur Seite ab. Wir trafen auf den Gletscherrand aus Eis und Schnee und blieben erschöpft liegen.
»Auf, auf!« sagte ich.
Die beiden Vallianer stöhnten.
»Laß mich in Ruhe, Rast!« sagte Naghan Furtway, Kov von Falinur. »Ich bin müde und möchte mich ausruhen.«
»Wenn du dich jetzt ausruhst, stehst du nie wieder auf.«
Ich packte ihn an den Schultern und richtete ihn auf, doch seine Knie knickten ein.
Ich wandte mich an den Neffen. »Ihr endet auf den Eisgletschern Sicces, wenn wir nicht weiterwandern!«
»Das Leben ist schön und lebenswert«, sagte er, »aber das ist mir im Augenblick egal. Laß mich hier liegen.«
Ich starrte die beiden an. Wenn sie starben, hatte ich die Aufgabe der Herren der Sterne nicht erfüllt, dann mochten sie mich verächtlich zur Erde zurückschicken. Ich mußte die Männer retten, damit ich auf Kregen bleiben durfte!
Es war äußerst schwierig – doch schließlich gelang es mir, Furtway, den ich in Ponshofelle gewickelt hatte, auf meinen Rücken zu hieven und festzubinden. Dann legte ich Jenbar einen Arm um den Brustkorb, zerrte ihn hoch und stützte ihn. So machte ich mich auf den Weg.
Da wir keinen Eispickel hatten, konnte ich den Boden vor mir nicht abtasten. Wenn wir in eine Spalte stürzten, konnte ich es nicht verhindern. Die Kälte drang mir nun bis ins Gehirn vor; mir blieb nichts anderes übrig, als einen Fuß vor den anderen zu setzen und dankbar zu sein für die hohen vallianischen Stiefel.
Die Erinnerungen, die ich an diesen alptraumhaften Abstieg habe, werden mit der Zeit immer undeutlicher. Ich merkte jedenfalls, daß Genodras in unheimlich grünem Licht unterging und die Welt sich anschließend blutrot färbte, als die rote Sonne Zair eine Zeitlang den Himmel allein beherrschte.
Die Bäume rückten allmählich dichter zusammen und wurden höher, und der ewige verflixte Schnee wurde dünner, und da und dort spürte ich unter meinen Füßen beim Einsinken den felsharten Boden. Die Jungfrau mit dem Vielfältigen Lächeln erschien zwischen den unzähligen Sternen am Nachthimmel, und zwei der kleineren Monde folgten ihrer flachen Bahn. In ihrem rosa Licht kämpfte ich weiter. Ich wußte nicht mehr, wieviel Zeit vergangen war oder welche Entfernung ich zurückgelegt hatte – ich wußte nur, daß ich weiter bergab steigen mußte. Als wir die Wolkendecke verließen, hatten wir einen kurzen Blick auf eine hügelige Landschaft werfen können. Als ich jetzt den Kopf hob, sah ich, daß die dunkle Fläche unter den Monden mit Myriaden von kleinen Lichtflecken übersät war.
Ganz in der Nähe, kaum fünfhundert Meter entfernt, schimmerte ein Licht, warm und freundlich und einladend. Ich hielt darauf zu, fiel gegen die Holztür und hämmerte dagegen, bis sie sich öffnete.
7
»Du bist ein seltsamer Mann, Koter Prescot.«
»Das haben schon viele Männer gesagt, Kov Furtway. Und es stimmt.«
Wir saßen an einem einfachen Holztisch in der sauberen Hütte und tranken hervorragenden Tee und wärmten uns an einem knisternden Herdfeuer während Bibi, die Dame des Hauses, uns bediente. Sie freute sich und fand es sehr aufregend, einen echten Kov bewirten zu dürfen.
»Wie kam es, daß du in den Bergen warst, Koter Prescot?« fragte Jenbar.
»Ich hatte mich
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