Dread Empire's Fall 01 - Der Fall des Imperiums
reingekommen?«, fragte Caro. Sie ließ die Tür offen stehen und kehrte ins Apartment zurück. Gredel folgte ihr. Sie war nervös, und das Herz schlug ihr bis zum Hals.
Drinnen herrschte ein großes Durcheinander. Zersplitterte Flaschen, herumgeworfene Kissen, zerfetzte Päckchen, Bruchstücke von Porzellantassen. Es waren diejenigen, die das Wappen der Sulas trugen.
Auf den Tischen lagen noch mehr Flaschen. Gredel kannte den Wacholdergeruch, der aus Caros Poren strömte.
»Ich fühle mich schrecklich«, gestand Caro. »Ich hab gestern zu viel getrunken.«
Erinnert sie sich nicht?, überlegte Gredel. Oder tut sie nur so?
Caro griff nach der Ginflasche, der Hals stieß mehrmals klirrend an das Glas, als sie sich zwei Finger breit einschenkte. »Ich muss erst mal zu mir kommen.« Dann kippte Caro den Schnaps.
Der Gedanke traf Gredel wie eine Offenbarung.
Sie ist nur eine Trinkerin. Einfach nur eine Trinkerin wie viele andere.
Caro stellte das Glas weg, wischte sich den Mund ab und lachte heiser. »Jetzt können wir uns ins Vergnügen stürzen«, sagte sie.
»Ja«, stimmte Gredel zu. »Von mir aus kann es losgehen.«
Inzwischen dachte sie, dass sie sich vielleicht nie wieder würde amüsieren können.
Möglicherweise entwickelte sich in dieser Zeit ihr Hass auf Caro, oder der Vorfall setzte nur den Hass und die Abneigung frei, die sie ohnehin schon eine Weile empfunden, aber verleugnet hatte. Jetzt konnte sie kaum eine Stunde mit Caro verbringen, ohne neuen Brennstoff für ihren Zorn zu finden. Sie knirschte mit den Zähnen, wenn sie Caros Achtlosigkeit sah, und Caros Lachen ging ihr auf die Nerven. Die müßigen Tage, die sie miteinander verbrachten, die Rundreisen durch Boutiquen, Restaurants und Klubs, ließen stumme Schreie in Gredel aufsteigen. Inzwischen hatte sie auch keine Lust mehr, hinter Caro aufzuräumen, tat es aber trotzdem weiterhin. Caros Stimmungsschwankungen, die abrupten Wechsel von Lachen über Wutausbrüche zu mürrischer Verschlossenheit, brachten Gredel fast zum Explodieren. Selbst Caros Zuneigung und ihre impulsive Großzügigkeit waren anstrengend. Warum macht sie meinetwegen nur so ein Aufhebens?, dachte Gredel. Worauf will sie eigentlich hinaus?
Gredel behielt ihre Gedanken jedoch für sich, und manchmal genoss sie Caros Gesellschaft sogar, erlebte Augenblicke reiner Freude oder konnte aus ganzem Herzen lachen. Dann wiederum fragte sie sich, ob das eine wirklich so echt sein konnte wie das andere, und wieso Entzücken und Hass einträchtig nebeneinander in ihr existieren konnten.
Das ist wie mit meiner sogenannten Schönheit, dachte sie. Die meisten Menschen reagierten auf ihre angebliche Schönheit und erfassten damit nicht ihre ganze Person. Sie besaß ein Innenleben, ganz eigene Gedanken und Hoffnungen, die nicht viel mit der äußeren Hülle zu tun hatten. Die anderen Menschen betrachteten jedoch immer nur das Äußere, sie sprachen nur mit dieser Hülle und hassten, beneideten oder begehrten sie.
Die Gredel, die mit Caro zu tun hatte, war wieder eine andere Hülle. Eine Art Maschine, die sie eigens zu diesem Zweck konstruiert hatte, ohne es direkt beabsichtigt zu haben. Sie war nicht weniger echt, weil es eine Maschine war, doch auch dies entsprach nicht ihrem wahren Selbst.
Ihr Selbst hasste Caro. Das wusste sie jetzt.
Falls Caro Gredels inneren Aufruhr irgendwie spürte, dann ließ sie es sich jedenfalls nicht anmerken, und genau zu beobachten war ohnehin nicht ihre Stärke. Als Caro von Wein zu Schnaps wechselte, nahm ihr Alkoholkonsum sogar noch zu. Wenn sie sich betrinken wollte, dann musste es auf der Stelle geschehen. So ging sie mit allem um. Der Schnaps brachte sie schneller ans Ziel. Auch die Stimmungsschwankungen nahmen zu, und die Ausschläge, die ihre Höhen und Tiefen kennzeichneten, wurden stärker. In einem ihrer teuren Lieblingsrestaurants bekam sie Lokalverbot, weil sie zu laut gesprochen, gesungen und einen Teller nach dem Kellner geworfen hatte, der sie gebeten hatte, sich zu beruhigen.
Aus einem Klub wurde sie hinausgeworfen, nachdem sie auf der Damentoilette eine Frau angegriffen hatte. Gredel erfuhr nie, worum es bei dem Streit gegangen war, doch Caro war offensichtlich stolz auf das blaue Auge, das ihr der Rausschmeißer verpasst hatte.
Größtenteils gelang es Gredel recht gut, Caros Wutanfällen zu entgehen. Sie kannte die Warnzeichen und wusste, wie sie Caros Stimmung beeinflussen konnte. Sie konnte Caros Programm verändern oder wenigstens
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