Dread Empire's Fall 01 - Der Fall des Imperiums
ersten Risse. Am Nachmittag traf sie zu spät bei den Volta-Apartments ein, weil die Zugverbindung von den Fabs gestört war. Sie öffnete mit dem Zahlencode die Tür und fand Caro schnarchend auf dem Bett vor. Caro war schon zum Ausgehen angekleidet, hatte aber offenbar Langeweile bekommen, weil Gredel sich verspätet hatte. Neben dem Bett lag eine leere Weinflasche auf dem Boden, und in der rechten Hand hatte sie noch den Injektor.
Gredel sprach mit Caro und schüttelte sie. Keine Reaktion. Caros Haut war kühl und bleich und hatte einen leicht bläulichen Stich.
Wieder ertönte ein ausgedehntes lautes Schnarchen. Gredel drehte es das Herz um, als sie das Geräusch hörte. Sie schnappte sich den Injektor und überprüfte den Inhalt: ein Endorphinersatz, der Phenyldorphin-Zed hieß.
Abermals schnarchte Caro, aber dann auf einmal brach das Geräusch mitten im Atemzug ab. Ihre Atmung hat ausgesetzt, dachte Gredel erschrocken.
Mit einer Überdosis hatte sie noch nie zu tun gehabt, doch in den Fabs kursierten verschiedene Empfehlungen, was man in so einem Fall zu tun hatte. Eine Möglichkeit bestand darin, dem Betreffenden Eis in die Hosen zu kippen. Eis auf den Genitalien sollte das Opfer aufwecken. Oder galt das nur für Männer?
Gredel hockte sich rittlings auf Caro und versetzte ihr eine feste Ohrfeige. Sie zuckte selbst zusammen, als es laut klatschte, doch Caro fuhr immerhin auf, öffnete ein Stück weit die Augen und keuchte. Gredel schlug sie noch einmal. Wieder ein Keuchen, dann begann Caro zu husten und öffnete die Augen ganz. Sie blickte ins Leere, die grünen Iris zeigten kein Erkennen, die Pupillen waren so stark geschrumpft, dass man sie kaum noch entdecken konnte.
»Was …«, sagte Caro. »Was hast du …«
»Du musst aufstehen.« Gredel sprang vom Bett und zog Caro am Arm hoch. »Du musst aufstehen und mit mir herumlaufen, ja?«
Caro lachte träge. »Was ist … was …«
»Steh jetzt auf!«
Gredel schaffte es, Caro in eine sitzende Position hochzuziehen. Unsicher stellte Caro die Füße auf den Boden, und dann konnte Gredel ihr den Arm um die Schultern legen und Caro ein Stück weit schleppen. Wieder lachte Caro. »Musik!«, schnaubte sie. »Wenn
wir schon tanzen sollen, dann brauchen wir auch Musik!«
Das fand sie so lustig, dass sie sich vor Lachen schier ausschütten wollte. Gredel zog sie jedoch wieder hoch und bewegte sich weiter mit ihr durch die Wohnung. Sie bugsierte Caro zum Wohnzimmer und wanderte mit ihr rund um das Sofa herum.
»Du bist komisch, Erdmädchen«, sagte Caro. »Komisch, komisch.« Immer wieder lachte sie. Nachdem sie ihre Freundin eine Weile gestützt hatte, taten Gredel die Schultern weh.
»Hilf mir, Caro«, drängte sie.
»Komisch, komisch, komisches Erdmädchen.«
Schließlich konnte Gredel Caro nicht mehr halten, ließ sie aufs Sofa sinken und ging in die Küche, um die Kaffeemaschine in Gang zu bringen. Als sie ins Wohnzimmer zurückkehrte, war Caro schon wieder eingeschlafen. Sie versetzte Caro zwei Ohrfeigen, und Caro öffnete wieder die Augen.
»Ja, Sergei«, sagte Caro. »So machst du das. Du tust einfach, was du willst.«
»Du musst aufstehen, Caro.«
»Warum wolltest du nicht mit mir reden?«, fragte Caro. Tränen schossen ihr in die Augen. Gredel zerrte sie hoch und lief wieder mit ihr durchs Zimmer.
»Ich habe ihn angerufen«, sagte Caro, während sie ihre Runden durchs Wohnzimmer drehten. »Ich konnte es nicht mehr aushalten und habe ihn angerufen, aber er wollte nicht mit mir reden. Sein Sekretär hat gesagt,
er sei nicht da, aber ich konnte hören, dass er gelogen hat.«
Es dauerte drei oder vier Stunden, bis Gredels Ängste nachließen. Inzwischen konnte Caro wieder allein gehen und sich beinahe normal, wenngleich sehr leise, unterhalten. Gredel ließ sie mit einer Tasse Kaffee in der Hand auf der Couch sitzen und ging ins Schlafzimmer. Dort nahm sie den Injektor und die beiden anderen, die sie außerdem noch fand, einen vierten, der im Badezimmer lag, und dazu die Patronen mit Phenyldorphin-Zed und alle anderen Drogen, die sie noch finden konnte, und versteckte alles unter ein paar Handtüchern im Bad. Sie wollte die Sachen später entsorgen, wenn Caro nicht aufpasste. Eigentlich hätte sie auch gern den ganzen Schnaps vernichtet, aber das wäre zu offensichtlich gewesen. Vielleicht konnte sie einen Teil davon in den Ausguss kippen, wenn sich eine Gelegenheit ergab.
»Dein Atem hat ausgesetzt«, berichtete Gredel ihrer Freundin später.
Weitere Kostenlose Bücher