Dread Empire's Fall 01 - Der Fall des Imperiums
dafür sorgen, dass Caros zunehmende Wut sich nicht auf sie selbst, sondern auf jemand anderen richtete.
Trotz ihrer Gefühle verbrachte sie jetzt mehr Zeit mit Caro als je zuvor. Lamey versteckte sich, was sie jedoch erst erfuhr, als er Panda schickte, um sie bei Caro abzuholen, statt selbst zu kommen. Panda fuhr sie in die Fabs, aber nicht in ein Viertel, in dem Menschen wohnten. Vielmehr brachte er sie in ein Gebäude, das einigen Lai-own gehörte. Eine Familie der großen Vögel starrte sie an, als sie im Vorraum auf den Aufzug wartete. Es roch stark nach Ammoniak.
Lamey hauste in einer kleinen Wohnung im obersten Stockwerk, ein paar seiner eigenen Leute und ein Lai-own hielten Wache. Das flugunfähige Wesen trampelte von einem Fuß auf den anderen, als Gredel eintrat. Auch Lamey wirkte nervös. Er sagte kein Wort zu ihr, sondern lotste sie mit einem knappen Nicken ins kleine Hinterzimmer.
Dort herrschte drückende Sommerhitze, und der Ammoniakgeruch
war sogar noch stärker als unten. Lamey bugsierte Gredel zum Bett. Sie setzte sich, doch Lamey schritt unruhig im schmalen Gang zwischen den Möbelstücken hin und her. Früher hatte er sich fließend und elegant bewegt, nun aber ruckte und zauderte er. Unsicherheit hatte die Anmut zerstört.
»Es tut mir leid«, sagte er, »aber es ist etwas passiert.«
»Sucht die Patrouille nach dir?«
»Das weiß ich nicht.« Seine Lippen zitterten leicht. »Gestern haben sie Bourdelle verhaftet. Allerdings war es die Legion der Gerechten, nicht die Patrouille. Das bedeutet, dass sie ihm etwas Ernstes vorwerfen, für das ihm möglicherweise die Hinrichtung droht. Gerüchteweise haben wir erfahren, dass er mit dem Büro des Präfekten eine Abmachung hat.« Wieder zuckten seine Mundwinkel. Linkjungen schlossen keine Abmachungen mit dem Präfekten. Sie hatten stumm ihre Strafe abzusitzen.
»Wir wissen nicht, was er ihnen anbieten wird«, fuhr Lamey fort. »Aber er steht nur einen Link über mir und könnte mich oder jeden anderen der Jungs anschmieren.« Er blieb stehen und rieb sich das Kinn. Auf seiner Stirn glänzte der Schweiß. »Ich werde dafür sorgen, dass es nicht mich trifft«, verkündete er schließlich.
»Ich verstehe«, sagte Gredel.
Lamey sah sie mit fiebrigen blauen Augen an. »Du darfst mich nicht mehr anrufen. Ich dich auch nicht. Wir dürfen uns nicht in der Öffentlichkeit zusammen
sehen lassen. Wenn ich dich brauche, dann schicke ich jemanden, der dich bei Caro abholt.«
Gredel erwiderte seinen Blick. »Aber …«, begann sie. »Aber wann?«
»Wenn ich dich sehen will«, sagte er nachdrücklich. »Ich weiß nicht, wann es sein wird. Du musst eben einfach da sein, wenn ich dich brauche.«
»Ja«, versprach Gredel ihm. Ihre Gedanken rasten. »Ich werde da sein.«
Dann setzte er sich neben sie aufs Bett und fasste sie an den Schultern. »Ich habe dich vermisst, Erdmädchen. Jetzt brauche ich dich wirklich.«
Sie küsste ihn. Seine Haut war heiß, als hätte er Fieber. Sie schmeckte seine Furcht. Fahrig fummelte er an den Knöpfen ihrer Bluse herum. Du wirst bald sterben, dachte sie.
Es sei denn natürlich, sie selbst zahlte die Strafe für ihn, wie Ava für die Sünden ihrer Männer gebüßt hatte.
Ich muss jetzt besser auf mich aufpassen, nahm sie sich vor. Bevor es zu spät ist.
Als Gredel sich von Lamey verabschiedete, gab er ihr zweihundert Zenith in bar. »Ich kann dir jetzt nichts mehr kaufen, Erdmädchen«, erklärte er. »Kauf dir etwas Schönes für mich, ja?«
Da fiel ihr Antonys Behauptung ein, sie ginge anschaffen. Inzwischen konnte sie es nicht mehr bestreiten.
Einer von Lameys Jungs fuhr Gredel vom Treffpunkt
zur Wohnung ihrer Mutter. Statt den Aufzug zu nehmen, stieg sie die Treppe hinauf, um Zeit zum Nachdenken zu haben. Als sie vor der Tür ihrer Mutter stand, hatten sich die Konturen einer Idee herausgebildet.
Zuerst musste sie jedoch ihrer Mutter von Lamey erzählen und ihr erklären, warum sie bei Caro einziehen musste. »Aber natürlich, Liebes«, sagte Ava. Sie nahm Gredel bei den Händen und drückte sie fest. »Natürlich musst du umziehen.«
Ava wusste, was Loyalität gegenüber einem Mann bedeutete. Man hatte sie verhaftet und zu mehreren Jahren Arbeit auf dem Land verurteilt, weil sie einen Mann geschützt hatte, den sie nur selten sah. Sie hatte ihr Leben damit verbracht, allein herumzusitzen und darauf zu warten, dass dieser oder jener Mann auftauchte. Sie war schön, doch in der hellen Sommersonne entdeckte
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