Drei Hände Im Brunnen
Falco.«
»Cordus«, rückte der Mann widerstrebend heraus.
»Und du bist ein Staatssklave, der für den Kurator der Aquädukte arbeitet?«
»Woher wissen Sie das?«
Ich sah, wie sich Petro zusammennahm. »Nach dem, was du mir gebracht hast, war das nicht schwer zu erraten.« Wir schauten alle auf die neue Hand und dann genauso schnell wieder weg. »Zu welcher Familie gehörst du?«, fragte Petro, um nicht über das scheußliche Ding reden zu müssen.
»Zur staatlichen.« Die Wasserbehörde beschäftigte zwei Gruppen von Staatssklaven, wovon die eine auf die ursprünglich von Agrippa ins Leben gerufene Organisation zurückging und jetzt unter voller staatlicher Kontrolle stand, während die andere von Claudius eingerichtet worden war und nach wie vor zum Haushalt des Kaisers gehörte. Es gab keinen vernünftigen Grund, diese zwei »Familien« aufrechtzuerhalten. Sie hätten zum selben Arbeitstrupp gehören sollen. Es war das klassische bürokratische Durcheinander, das der Korruption Tür und Tor öffnete. Die Ineffizienz wurde noch durch die Tatsache verschlimmert, dass heutzutage größere bauliche Maßnahmen von privaten Unternehmen durchgeführt wurden statt von den Sklaven selbst. Kein Wunder, dass die Aqua Appia dauernd leckte.
»Als was arbeitest du, Cordus?«
»Als Maurer. Vennus ist mein Vorarbeiter. Er weiß nicht, dass ich das da gefunden habe …«
Wieder blickten wir zögernd auf die Hand.
Diese hier war ein dunkler, stinkender, verwester Alptraum, nur als Hand zu erkennen, weil wir darauf eingestellt waren. Sie war in einem scheußlichen Zustand, nur noch teilweise erhalten. Wie bei der ersten fehlten die Finger, aber der Daumen war noch da, war zwar am Gelenk durchtrennt, hing jedoch an einem ledrigen Hautfetzen an der Hand. Vielleicht waren die Finger von Ratten abgefressen worden. Vielleicht war auch noch etwas viel Schrecklicheres damit passiert.
Das Ding lag jetzt auf einem Teller – meinem alten Essteller, wie ich verärgert bemerkte –, der auf einem Hocker zwischen Petronius und dem Befragten stand, so weit wie möglich von beiden entfernt. In dem kleinen Zimmer war das immer noch zu nahe. Ich schob mich am Tisch entlang in die entgegengesetzte Richtung. Eine Fliege summte herein, sah sich das Ding an und floh entsetzt. Uns alle überkam beim Anblick dieser Scheußlichkeit eine trübe Stimmung.
»Wo hast du sie gefunden?«, fragte Petronius.
»In der Aqua Marcia.« Pech gehabt, Glaucus. Das war’s dann wohl mit dem kristallklaren Badewasser. »Ich bin mit einem der Inspektoren durch einen Schacht eingestiegen, um zu prüfen, ob wir die Wände abkratzen müssen.«
»Abkratzen?«
»Eine Vollzeitbeschäftigung. Da setzt sich Kalk ab, Legat. So dick wie Ihr Bein, wenn wir nichts dagegen tun. Wir müssen ihn regelmäßig abschlagen, sonst verstopft die ganze Leitung.«
»Zu dem Zeitpunkt war demnach Wasser im Aquädukt?«
»Aber ja. Die Marcia zu schließen ist so gut wie unmöglich. Von ihr hängen so viele ab, und wenn wir geringwertigeres Wasser durchschicken, weil wir eine Umleitung vornehmen müssen, gehen die feinen Pinkel gleich an die Decke.«
»Wie hast du die Hand denn dann gefunden?«
»Sie kam einfach angeschwommen und sagte hallo.«
Petronius stellte keine weiteren Fragen. Er sah so aus, als wäre er froh, wenn ich ihn unterbrechen würde, aber es gab nichts, was ich brennend gern wissen wollte. Mir war übel, genau wie ihm.
»Als sie gegen mein Knie stieß, bin ich eine Meile hoch gesprungen, das kann ich Ihnen sagen. Wissen Sie, wem die Hand gehört?«, fragte der Wasserbehördensklave neugierig. Er schien zu glauben, wir hätten Antworten auf das Unmögliche.
»Noch nicht.«
»Sie werden es bestimmt herausfinden.« Der Sklave tröstete sich selbst. Er wollte glauben, dass die Sache einen guten Ausgang haben würde.
»Wir versuchen es.« Petro klang deprimiert. Er wusste genauso gut wie ich, dass es hoffnungslos war.
»Und was ist nun mit dem Geld?«, fragte Cordus verlegen. Sobald wir etwas rausrückten, würde seine Zurückhaltung zweifellos verschwinden. »Um die Wahrheit zu sagen, ich bin nicht wegen der Belohnung gekommen, wissen Sie.« Petronius und ich lauschten mit einer Miene aufrichtiger Besorgnis. »Ich hörte, dass Sie Fragen stellen würden, also dachte ich, Sie sollten das hier bekommen … aber ich würde nicht wollen, dass die Bosse davon erfahren
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