Drei Zeichen sind ein Wort - Band 1
Darsteller in die sem Zweipersonenstück kennt. (Fast muss ich lächeln über diesen Vergleich, aber der Bühnen-Schlomo und der Liebhaber Schlomo sind sich sehr ähnlich ...)
Zwischendurch trinken wir echten französischen Champagner von »Lutter & Wegner«; unvorstellbar, dass wir gestern, zitternd vor Furcht und Liebe gleichzeitig, auf ein paar alten Klamotten im Fundus gelegen haben, und draußen tobte der Mob.
»Aber du bist jetzt nicht schon müde?«, fragt er mich nach einer Zeit, die lang oder kurz gewesen sein kann; ich bin nicht fähig, das abzuschätzen.
»Wovon sollte ich denn müde sein?«, frage ich ihn mit einem unschuldigen Augenaufschlag. Natürlich ist das ein Spaß, aber es ist wirklich so, dass ich mich so munter fühle wie nach einem prickelnden Sommerregen.
Er geht nicht darauf ein, fährt mit seinen Fingern über meinen Körper, vom Hals über die Schultern, umrundet die Brüste, stattet dem Nabel eine kleine Visite ab, gleitet weiter hinab – schon stockt mir der Atem – und verharrt auf meinem Bauch.
»Wie schön du bist, Duschenju!«, sagt er ernst und nachdenklich. »Und so – so geradeaus, so aufs Ziel zu! Womit verdient ein Luftikus und Laidak wie ich so ein Mädchen?«
»Wenn du mir sagst, was ein Laidak ist ...?«
»Ein Herumtreiber, einer, den man nicht ernst nimmt. Ein windiger Komödiant.«
»Ich nehme dich ziemlich ernst, Schlomo Laskarow. Sternensohn.« Ich lächle.
Er nickt. »Ja, das scheint mir so.« Auf einen Arm aufgestützt, betrachtet er mich; seine Locken hängen ihm in noch wilderen Ringeln als sonst in die Stirn.
»So«, sagt er plötzlich trocken und grinst. »Und nun hast du das, weswegen du dich hier eingeschlichen hast: mich und die Rolle dazu. Nun musst du mir erzählen, was noch fehlt. Weswegen du außerdem noch bei den Laskarows bist.«
Er zieht seine Hand zurück, steht auf und schenkt uns erneut Champagner ein. Gibt mir mein Glas und hebt das seine gegen mich. »Lechaim! Langes Leben, und auf dich! Und nun red schon!«
»Wenn du deine Hand wieder auf mich legst ...«
»Wenn dich das nicht beim Reden stört ...«
Nun müssen wir beide lachen.
Und so fange ich an und erzähle. Von der Reise. Von dem Schloss. Von den beiden alten Menschen, Gaston und Isabelle. Von Isabelles schrecklichen Visionen. Von ihrem Vorhaben. Von den drei Brüdern, die sich trennten und ihre Schwester zurückließen mit ihrem Wissen, aber ohne die Möglichkeit, dies Wissen einzusetzen, denn sie hatten das mitgenommen, was benötigt wurde. Von den drei Zeichen, nach denen ich auf der Suche bin.
Es ist merkwürdig. Ich habe zögernd begonnen, überzeugt davon, dass sich das alles so ungereimt, so überdreht und fantastisch anhören würde, dass Schlomo irgendwann spöttisch grinsen und sich mit dem Finger an den Kopf tippen würde. Aber ich kann in seinen Augen nur nachdenkliche Aufmerksamkeit erkennen. Eigentlich hätte ich’s wissen müssen: Jemand, der von klein auf damit beschäftigt ist, auf der Bühne den unglaubwürdigsten Geschehnissen den Anschein des Möglichen zu geben, der in der Wüste auf einen Brunnen stößt und darin ein Mädchen entdeckt, und der gelernt hat, den Leuten im Parkett abwechselnd Prinzen, Helden, Liebhaber oder flotte Lebemänner (Bunter Abend!) vorzugaukeln – so jemand findet nichts besonders Abwegiges oder Verrücktes in meiner Erzählung. Schlomo scheint nicht den leisesten Zweifel an der Sache zu haben. Er sieht mich mit ernsten Augen an und nickt,wenn ich von Isabelles Visionen berichte, wie ich sie auf Hermeneau erlebt habe. (Von meinen eigenen Erfahrungen sage ich nichts, auch nicht von Gastons Brief.)
Er glaubt alles, was ich erzähle, ohne Weiteres.
»Es ist ja schon dabei, einzutreffen, nicht wahr?«, sagt er leise. Ich nicke zaghaft.
Und selbst die Golem-Geschichte, diese alte Legende, kommt ihm nicht unwahrscheinlich vor.
»Glaubst du wirklich, dass so etwas möglich ist?«, frage ich ihn. »Warum nicht?«, erwidert er nachdenklich. »Wenn es doch so überliefert ist.«
»Aber es ist ein Märchen, ein Mythos!«
»Wie sonst sollte man denn das Wissen weitergeben, als wenn man eine Geschichte darum baut? In allen Mythen steckt Wahrheit. Nur so kann man sich erinnern!«
Je weiter ich erzähle, desto mehr wird angesichts seiner Reaktion auch alles für mich wieder wahrscheinlicher.
»Und nun bin ich auf der Suche nach einem der Zeichen«, sage ich schließlich. »Im Haus meines Vaters ist es nicht. Da habe ich stattdessen
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