Dreikönigsmord (German Edition)
nämlich gerade etwas wirklich Wichtiges zu tun …« Lutz schwenkte die Rakete, während Herbert sein Schwert aus der Scheide zog.
Verächtlich lächelnd drehte sich Jörg Schreiber zu seinen Kumpanen um. »Seht Ihr, vor lauter Angst redet der Feigling schon ganz irre.«
»Nein, das war nur ein kurzer Ausflug in die Westerngeschichte.« An der Spitze der Rakete zischte es, eine Flamme züngelte auf. Mit aller Kraft schleuderte Lutz den Feuerwerkskörper gegen Schreiber. Der wich zurück. Eine Handbreit vor ihm schoss der Feuerwerkskörper in den bewölkten Himmel. Ein roter Funkenregen stob auf.
»Der Himmel sei uns gnädig, das Ende der Welt ist gekommen!«, schrie jemand am Rand des Platzes.
»Oh Herr, erbarme dich«, jammerte ein anderer. Jörg Schreiber und seine Helfer sackten in die Knie. Ihre Gesichter spiegelten tiefes Entsetzen.
»Los, komm!«, brüllte Lutz Herbert über das Krachen der Rakete hinweg zu. Er fasste den panisch wiehernden Esel am Halfter und zerrte ihn in Richtung des Tores. Zwei der Soldaten hatten die Flucht ergriffen, zwei knieten im Matsch. Sie hielten sich ihre Schilde über den Kopf und schielten ängstlich gen Himmel.
Drinnen im Hof zündete Lutz eine weitere Rakete. Sie brannte sofort und zog eine grüne Funkenbahn über den Himmel. Hastig stopfte er sich ein Bündel Raketen unter den Arm und schnappte sich den Topf mit der Glut. »Nimm die Äxte!«, rief er Herbert zu, während er sich rasch orientierte. Der Eingang zu dem Keller lag auf der rechten Seite des Palasts. Die Tür war mit breiten Eisenbändern beschlagen, so hatte es der Bedienstete beschrieben. Ja, dort drüben in dem steinernen Sockel befand sich der Eingang! Lutz spurtete los.
Nun hatte er die Tür erreicht. Sie war mit einem schweren Schloss gesichert. Lutz ließ noch eine Rakete in den Himmel steigen. Wo blieben Herbert und die anderen? Irritiert blickte er sich um. Herbert war mitten im Hof stehen geblieben und verfolgte fasziniert den blauen Kringel, den der Feuerwerkskörper in die Luft malte. Peter und einige der Stadtsoldaten, die mittlerweile im Hof eingetroffen waren, hatten sich zu ihm gesellt und verfolgten ebenfalls staunend die Erscheinung.
»Seid ihr verrückt geworden! Nun macht schon!«, brüllte Lutz. Herbert rannte zu ihm, während Peter und ein Teil der Soldaten das Tor sicherten, so wie sie es vereinbart hatten.
»Tut mir leid, aber ich habe so etwas noch niemals gesehen«, verteidigte sich Herbert. »Man stelle sich vor, künstliche Blitze …« Er strahlte verzückt.
»Ja, ja schon gut … Jetzt hilf mir lieber, das Schloss zu bearbeiten«, knurrte Lutz.
Der Freund reichte ihm eine der Äxte. Abwechselnd hieben sie damit auf das Eisen ein. »Wirt der Grünen Traube «, hörte Lutz plötzlich jemanden rufen. Hatten es Schreiber und seine Gesellen etwa doch wieder in den Hof geschafft? War denn auf Peter und seine Bande überhaupt kein Verlass? Ärgerlich fuhr er herum. Nein, der Mann, der vor dem Haupteingang des Palasts, umgeben von Raketenqualm, mit einem von Peters Stadtsoldaten rang, gehörte nicht zu Schreibers Leuten. Sein schmales Gesicht kam Lutz vage bekannt vor.
»Lass ihn los!«, rief er dem Soldaten zu. Als der Mann auf ihn zueilte, erkannte er den Steinmetz Mattis. »Hört zu«, begann Lutz. »Ich habe es gerade sehr eilig, in diesen Keller zu kommen …«
»Da will ich auch hin«, unterbrach ihn der Steinmetz keuchend. »Das heißt, ich will Josepha befreien. Ich wollte mit unserem Bischof über sie sprechen und ihn bitten, ihr Gnade zu gewähren. Sie ist keine Hexe. Niemals hat sie diese furchtbaren Morde begangen.« Seine Miene drückte Entschlossenheit aus. Gleichzeitig hatten seine Augen jenen beseelten Schimmer, den Lutz nur zu gut kannte. Er spürte eine Regung von Eifersucht.
»Die Josepha, die in diesem Keller gefangen ist, ist nicht die Frau, in die ihr verliebt seid«, meinte er spröde.
»Das mag ja sein. Josepha hat mir einmal so wirres Zeug erzählt. Aber das ist mir egal«, versetzte der Steinmetz heftig. »Wenn auch nur ein Funken von jener Frau in ihr ist, die ich kenne, ist sie es wert, dass ich ihr helfe.« Den Kerl hatte es wirklich ziemlich erwischt …
»Könntet ihr vielleicht eure Unterhaltung beenden und mir stattdessen helfen.« Herbert stöhnte gereizt. »Außerdem wäre es, glaube ich, Zeit für eine neue Rakete.«
Lutz drückte Meister Mattis seine Axt in die Hand. Während er den Feuerwerkskörper in den Himmel schleuderte, hieb der
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