Dreimal im Leben: Roman (German Edition)
Sie mir das erzählen.«
»Weil es stimmt. Und weil ich sicher bin, dass Sie es in einem Ihrer Anfälle von Wahrheitsliebe bei nächster Gelegenheit Ihren italienischen Freunden übermitteln werden.«
Max nahm den Hut ab und strich sich mit der Hand übers Haar. Trotz der Wolken über dem Meer und der Brise, die von Osten herüberwehte, war ihm unerträglich heiß. Er fühlte sich plötzlich unbehaglich.
»Das soll freilich ein Scherz sein.«
»Ganz und gar nicht.«
»Würde das Ihre Operation nicht gefährden?«
Mostaza deutete mit dem Pfeifenstiel auf ihn.
»Mein lieber Freund, das ist Teil der Operation. NehmenSie sich in Acht, und überlassen Sie die Filigranarbeit mir ... Ich bitte Sie lediglich darum, das zu bleiben, was Sie bis jetzt gewesen sind: ein netter Kerl, loyal gegenüber jedem, der an Sie herantritt, und bestrebt, diesem Wirrwarr möglichst unbeschadet zu entkommen. Niemand wird Ihnen den leisesten Vorwurf machen können. Die Italiener werden Ihre Offenheit gewiss ebenso zu schätzen wissen, wie ich sie zu schätzen weiß.«
Max beäugte ihn misstrauisch.
»Ist Ihnen schon mal der Gedanke gekommen, dass man Ihnen nach dem Leben trachten könnte?«
»Aber sicher.« Der andere lachte bissig, als stünde das außer Frage. »In meinem Beruf ist das ein klarer Risikofaktor.«
Er blieb stehen und schwieg. Fast träumerisch. Einen Moment lang ruhte sein Blick auf der Luciano Canfora, dann wandte er sich wieder Max zu.
»Allerdings führt das durchaus manchmal dazu«, sagte er und betastete die Narbe an seinem Kiefer, »dass andere daran glauben müssen. Weil man selbst, mit Verlaub, mindestens ebenso grob werden kann. Sie, zum Beispiel, verspürten Sie nie das Bedürfnis, grob zu werden?«
»Eigentlich nicht.«
»Schade.« Er musterte ihn mit neuem Interesse, als fiele ihm plötzlich ein Detail auf, das er bisher übersehen hatte. »Ihr Charakter lässt nämlich so etwas erahnen ... Gewisse Anlagen.«
»Vielleicht brauche ich das nicht. Ich komme auch auf friedliche Weise ganz gut zurecht.«
»Waren Sie immer so friedlich?«
»Schauen Sie mich doch an.«
»Ich beneide Sie. Ehrlich. Ich wäre auch gern so.«
Mostaza zog zweimal erfolglos an seiner Pfeife, dann nahm er sie aus dem Mund und blickte missbilligend in den Pfeifenkopf.
»Wissen Sie was?«, fuhr er fort, während er seine Taschen abklopfte. »Einmal saß ich in einem Erste-Klasse-Abteil im Zug und unterhielt mich mit einem vornehmen Herrn. Ein ausgesprochen sympathischer Typ. Sie erinnern mich ein bisschen an ihn ... Wir haben uns gut verstanden. Um fünf Uhr morgens sah ich auf die Uhr und fand, wir hätten genug geredet. Also ging ich hinaus auf den Gang, um eine Pfeife zu rauchen, und jemand, der draußen gewartet hatte, schlich sich ins Abteil und schoss dem vornehmen, sympathischen Herrn eine Kugel in den Kopf.«
Er hatte eine Schachtel Streichhölzer hervorgeholt und zündete konzentriert die Pfeife wieder an.
»Das muss großartig sein, nicht wahr?«, setzte er hinzu und schüttelte das Streichholz, um die Flamme zu löschen.
»Ich weiß nicht, wie Sie das meinen.«
Der andere sah ihn eindringlich an; aus seinem Mund kamen dicke Rauchwolken.
»Wissen Sie etwas über Pascal?«, fragte er unvermittelt.
»Nicht mehr als über Spionage«, gestand Max. »Eher weniger.«
»Er war Philosoph. Die Macht der Fliegen hat er geschrieben: Die gewinnen Schlachten.«
»Ich verstehe nicht, was Sie mir damit sagen wollen.«
Mostaza lächelte anerkennend, ironisch und schwermütig zugleich.
»Sie können mir glauben, dass ich Sie beneide. Im Ernst ... Es ist sicher beruhigend, dieser unparteiische Dritte zu sein. Weder mit Ihren faschistischen Freunden noch mit mir etwas zu schaffen zu haben. Sich allen gegenüber offen zu zeigen, neutral zu bleiben und dann den Schlaf des Gerechten zu schlafen. Allein oder in Begleitung, das geht mich natürlich nichts an ... Aber tief und fest.«
Max packte die Wut. Am liebsten hätte er hineingeschlagen in dieses eiskalte, anmaßend verschwörerische Grinsen,das er drei Handbreit vor sich hatte. Doch er wusste, dass dieses Grinsen, der scheinbaren Zerbrechlichkeit seines Trägers zum Trotz, keines von denen war, die sich ohne weiteres schlagen ließen.
»Hören Sie«, sagte er. »Ich werde jetzt unhöflich sein.«
»Keine Bange, nur zu.«
»Ihr Krieg, Ihre Schiffe und Ihre Briefe von Graf Ciano sind mir scheißegal.«
»So viel Aufrichtigkeit verdient Respekt«, gab Mostaza zu.
»Ihren
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