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Dreimal im Leben: Roman (German Edition)

Dreimal im Leben: Roman (German Edition)

Titel: Dreimal im Leben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arturo Pérez-Reverte
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nehme an«, sagt sie, »du bist ihm noch oft begegnet. Wie ich.«
    »Natürlich. Sehr oft.«
    »Weißt du, Max ... Ich habe diese Musik kein einziges Mal gehört, ohne an dich zu denken.«
    »Mir geht es genauso: Ich muss dabei auch immer an mich denken.«
    Sie lacht los, und alle Tischnachbarn drehen sich zu ihr um. Sie hebt die Hand, und für einen Moment sieht es so aus, als wollte sie sie dem Mann auf den Arm legen.
    »Die Jungs von früher, so hast du sie damals in dieser Spelunke in Buenos Aires genannt.«
    »Ja«, seufzt er resigniert. »Jetzt sind wir die Jungs von früher.«
    Die Klinge war stumpf und rasierte schlecht. Nachdem er das Messer im Seifenwasser abgespült und mit dem Handtuch trockengerieben hatte, befestigte er einen Ledergürtel am Griff des Fensters, durch das man auf die grünen, roten und malvenfarbenen Kronen der Bäume an der Avenida Almirante Brown blickte, zog den Riemen so stramm wie möglich und fuhr mit der Schneide über das Leder, bis sie wiederzu gebrauchen war, wobei er zerstreut auf die Straße hinunter schaute. Ein auffälliges Auto – in dem Viertel, in dem sich die Pension Caboto befand, waren vorwiegend Kutschen und Straßenbahnen unterwegs und von Autoreifen platt gefahrene Pferdeäpfel ein eher seltener Anblick – hatte neben dem Maultier und dem Karren angehalten, von dem ein Männlein mit Strohhut und weißer Jacke Milchbrötchen, Halbmonde und Karamellkuchen verkaufte. Es war nach zehn Uhr, Max hatte noch nicht gefrühstückt, und beim Anblick des Bäckers machte sich die Leere in seinem Magen bemerkbar. Er hatte auch keine gute Nacht gehabt. Nachdem er die de Troeyes in den frühen Morgenstunden von Barracas ins Hotel Palace zurückgebracht hatte, war er in einen leichten, wenig erholsamen Dämmerschlaf gefallen. Diese Art innerer Unruhe war ihm seit langem vertraut: ein Zustand zwischen Schlafen und Wachen, durch den unbehagliche Schatten spukten, während er sich auf den zerknüllten Laken hin und her warf, von Erinnerungen aufgeschreckt und heimgesucht von Bildern, die seine Phantasie im Halbschlaf entstellte, wenn sie ihn hinterrücks überfielen und Panik auslösten. Das häufigste Bild war eine mit Toten übersäte Landschaft: ein Berghang aus gelber Erde und eine Lehmmauer, die sich bis zu einer kleinen Festung hinaufzog; und auf dem Weg entlang der Mauer dreitausend ausgedörrte, schwärzliche, von der Sonne allmählich mumifizierte Leichen, denen die Verstümmelungen und Folterungen noch anzusehen waren, die sie an einem Sommertag des Jahres 1921 das Leben gekostet hatten. Der Legionär Max Costa, Freiwilliger der 13. Kompanie des Ersten Bataillons der Spanischen Fremdenlegion, war damals neunzehn Jahre alt; und während er mit dem Gefreiten Boris und vier weiteren Kameraden über den Hang auf die verlassene Festung zu vorrückte – »Sechs Freiwillige für ein Himmelfahrtskommando« hatte der Befehl für die Vorhut gelautet –, begleitet vonVerwesungsgestank und dem grausigen Anblick der Leichen, verschwitzt, geblendet vom flimmernden Sonnenlicht, nach den Patronen im Gurt tastend, die Mauser schussbereit, wusste er, dass nur ein Zufall ihn davor bewahren würde, einer dieser schwärzlichen Kadaver zu werden, die bis vor kurzem noch junge, lebendige Männer gewesen waren und jetzt über den Weg von Annual nach Monte Arruit verstreut lagen. Von diesem Tag an boten die Offiziere der Truppe einen duro , fünf Peseten, für jeden toten Marokkaner. Und zwei Monate später, als in einem Ort namens Taxuda, auch hier waren Freiwillige für ein Himmelsfahrtskommando gefordert, die Kugel eines Rif-Soldaten Max’ kurze Militärkarriere beendete, indem sie ihn für fünf Wochen nach Melilla in ein Krankenhaus brachte – von wo er nach Oran desertierte und dann nach Marseille reiste –, hatte er sieben dieser duros aus Silber errungen.
    Als das Messer scharf war und der Eintänzer wieder vor dem Schrankspiegel mit den geschliffenen Kanten stand, suchte er mit kritischem Blick nach den Spuren des Schlafmangels in seinem Gesicht. Sieben Jahre reichten nicht aus, um gewisse Gespenster zu besänftigen. Oder die Teufel auszutreiben, wie es jeder Marokkaner und, nachdem er den Spruch oft genug gehört hatte, auch der Obergefreite Boris Dolgoruki-Bragation nannte, der sie endgültig losgeworden war, indem er sich den Lauf einer Neun-Millimeter-Pistole in den Mund steckte. Aber die Jahre reichten aus, um sich mit ihrer lästigen Gesellschaft abzufinden. Also bemühte sich

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