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Dreimal im Leben: Roman (German Edition)

Dreimal im Leben: Roman (German Edition)

Titel: Dreimal im Leben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arturo Pérez-Reverte
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Messer steckte. Nachdem er die Herren und die Dame um Erlaubnis gebeten hatte, sich zu ihnen setzen zu dürfen, bestellte er mit der Autorität eines Gastes, der es gewohnt ist, nicht auf eigene Rechnung zu trinken, eine weitere Flasche Llave mit intaktem Verschluss und einen vollen Sodasiphon. Wozu er die Herrschaften – dabei sah er eher Max an als den Ehemann – gern einladen würde, wenn sie nichts dagegen hätten.
    Der einäugige Bandoneonspieler und seine Kollegen legten eine Pause ein, rückten, herbeigewinkt von de Troeye, weitere Stühle an den Tisch und gesellten sich zu der Gruppe, und auch Mecha und Max setzten sich wieder. Das alte Pianola löste die Musiker ab und spielte quietschend ein paar unkenntliche Tangos, und nach einer ausgiebigen Unterhaltung und etlichen Gläsern nahmen sie ihre Instrumente wieder auf, stimmten Noches de farra an, und Rebenque setzte seinen Hut noch ein wenig schräger und forderte Mecha zum Tanzen auf. Sie entschuldigte sich und sagte, sie sei müde, und obwohl er sein Lächeln unbeirrt beibehielt, streifte sein gefährlicher Blick Max, als machte er ihn für die Abfuhr verantwortlich. Rebenque tippte sich mit zwei Fingern an die Hutkrempe, erhob sich und ging zu der Blonden, die ergeben aufstand, dem compadrón den Arm auf die rechte Schulter legte und lustlos zu tanzen begann. Er setzte die Füße mit Bedacht, selbstgefällig, die qualmende Zigarre in der Hand hinter dem Rücken seiner Partnerin, die er mit der Linken führte, männlich, ernst, ohne ersichtliche Anstrengung. Verharrte nach jedem corte einige Sekunden in erstarrter Haltung, bevor er das komplizierte Ornament der Schritte wiederaufnahm, vorwärts und rückwärts, ständig abgebrochen und neu angesetzt, während sich die Frau – eines ihrer Beine war in dem hochgeschlitzten, zu kurzen Rock à la parisiennebis zum Oberschenkel zu sehen – mit geschmeidigem Körper und teilnahmslosem Blick, willig, unterwürfig, jeder Bewegung des Mannes fügte, ob er sie Pirouetten drehen ließ oder an sich riss.
    »Wie findest du sie?«, fragte Mecha Max.
    »Ich weiß nicht ... Ordinär. Und müde.«
    »Womöglich steht sie ja unter der Kontrolle einer dieser finsteren Organisationen, von denen du mir erzählt hast. Vielleicht haben sie sie aus Russland oder sonst woher mit falschen Versprechungen nach Buenos Aires gelockt.«
    »Mädchenhandel«, pflichtete ihr Armando de Troeye mit schwerer Zunge bei und hob fröhlich das nächste Glas Gin. Die Vorstellung schien ihn zu erheitern.
    Max sah Mecha an, um herauszufinden, ob sie es ernst gemeint hatte. Nein, stellte er nach einem kurzen Blick fest. Sie scherzte.
    »Mir scheint sie eher aus der Nachbarschaft zu sein«, erwiderte sie. »Und mehr hinter sich als vor sich zu haben.«
    Wieder mischte de Troeye sich mit einem unangenehmen Kichern ein. Max bemerkte, dass seine Augen vor Trunkenheit langsam glasig wurden.
    »Sie ist hübsch«, sagte der Komponist. »Ordinär und hübsch.«
    Mecha beobachtete die Tänzerin. Dicht am Körper ihres Partners, folgte sie seinen raubtierhaften Schritten über den knarrenden Dielenboden.
    »Gefällt sie dir?«, wandte sie sich unvermittelt an Max.
    Max drückte seine Zigarette im Aschenbecher aus und ließ sich Zeit. Das Gespräch wurde ihm allmählich lästig.
    »Sie ist nicht hässlich«, gab er zu.
    »Warum so unwillig? Das letzte Mal schien es dir Spaß zu machen, mit ihr zu tanzen.«
    Max betrachtete die Lippenstiftspuren am Rand des Glases, das vor Mecha auf dem Tisch stand, und an der Zigarettenspitze neben dem Aschenbecher. Er konnte dieses leuchtende Rot wieder schmecken, das er von ihrem Mund geküsst, geleckt, gebissen hatte, bis keine Spur mehr davon übrig war, als sie sich am Vortag in der Pension Caboto aufeinandergestürzt hatten, fast ohne Zärtlichkeit; erst zum Schluss, nach ihrem letzten Erbeben, als sie ihm ins Ohr flüsterte »pass auf, bitte«, und er, gehorsam, erschöpft und mit seiner Beherrschung am Ende, langsam aus ihrem Schoß glitt und sich feucht an ihren glatten, weichen Bauch schmiegte, um sich dort zahm zu verströmen.
    »Sie kann Tango tanzen«, versetzte er, zurück in der Gegenwart. »Wenn du das meinst.«
    »Sie hat eine gute Figur«, befand de Troeye und betrachtete die Tänzerin durch sein Glas, das er sich mit unsicherer Hand vors Gesicht hielt.
    »So wie ich?«
    Mecha hatte sich Max zugewandt und die Frage direkt an ihn gerichtet, um die Lippen ein keckes, provokantes Lächeln. Obwohl ihr Mann

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