Dschungel der Leidenschaft
nickte. „Ich kenne Brian seit Jahren und mag ihn sehr, wie du weißt. Er ist ein vernünftiger, verantwortungsbewusster Mann. Also können wir nur hoffen, dass ihr beide glücklich werdet. Wir wollen ja nur dein Bestes, Nicky."
„Ach, ich weiß jetzt schon, dass ich mit Brian sehr glücklich werde!"
Später, im Bett, dachte Nicky über die Unterhaltung nach. Er ist ein
vernünftiger, verantwortungsbewusster Mann, hatte ihr Vater gesagt. Wie
langweilig das klang! Für sie war Brian der aufregendste, interessanteste und anziehendste Mann, den sie sich vorstellen konnte. Er war weltgewandt und überall herumgekommen - eine echte Persönlichkeit, sich seiner selbst und seiner Überzeugungen sicher. Nie bekam er Wutanfälle oder versuchte, anderen seine Meinung aufzudrücken. Richtig zornig hatte Nicky ihn noch nie erlebt, höchstens einmal verärgert. Er war so wunderbar beherrscht.
Und in vielfacher Hinsicht so ganz anders als sie selbst. Es amüsierte ihn
manchmal, dass sie sich so leidenschaftlich engagieren konnte und soviel Energie auf Dinge verschwendete, die ihm nie in den Sinn gekommen wären. Er lachte, wenn sie sich im Frühling für sprießende Narzissen begeisterte, auf der Fensterbank Kräuter in Töpfen züchtete oder über ein neuentdecktes Rezept jubilierte. Er liebte sie, und sie liebte ihn, und sie waren glücklich miteinander...
Ein markerschütternder Schrei aus dem Dschungel rief Nicky in die Gegenwart
zurück. Dort draußen ging es keineswegs so friedlich zu, wie es den Anschein hatte.
Nicky seufzte. Mit einundzwanzig war sie so naiv gewesen. Es tat weh, das jetzt erkennen zu müssen.
Nach der Scheidung hatte sie sich jahrelang innerlich wie abgestorben gefühlt.
Bis Jim auftauchte, ein besessener Reporter, der privat sehr sanft sein konnte. Er sagte genau das Richtige zum richtigen Zeitpunkt. Ihm war es gelungen, Nicky aus der Reserve zu locken und wieder Gefühle in ihr zu wecken, zumindest bis zu einem gewissen Grad. Für eine neue Bindung hatte es jedoch nicht gereicht. Ein Jahr waren sie miteinander gegangen, dann hatte Nicky erkannt, dass es Jim gegenüber nicht fair war, die Beziehung fortzusetzen, obwohl sie ihn mochte und schätzte.
Doch Liebe war es für sie nicht gewesen. Etwas hatte gefehlt ... die tiefen
Gefühle. Vielleicht lag das daran, dass sie Jim unbewusst nie ganz an sich
herangelassen hatte.
Nicky bewegte sich rastlos. Sie brauchte etwas, um sich zu beschäftigen. Die Vergangenheit war vorbei, und es hatte keinen Sinn, über begangene Fehler nachzugrübeln.
Als sie aufstand, kam Brian auf die Veranda. Nicky hatte ihn nicht kommen hören und fuhr leicht zusammen. „Ich dachte, du arbeitest", sagte sie.
„Es fällt mir schwer, mich zu konzentrieren." Er runzelte die Stirn. „Du brauchst nicht zu gehen."
„Ich wollte mich in mein Zimmer zurückziehen. Außerdem weiß ich, dass du
lieber allein bist."
Brians Züge wurden starr. „Du liebe Güte, lass uns nicht kindisch werden. Wir können uns nicht aus dem Weg gehen, also lass es uns gar nicht erst versuchen, ja?"
Sein Ton ärgerte Nicky. „Ich wollte dir nicht aus dem Weg gehen, sondern in
meinem Zimmer arbeiten."
Brian kniff die Lippen zusammen, dann zuckte er die Schultern. „Wie du willst."
In Dunst gehüllte Berge begrüßten Nicky, als sie am nächsten Morgen verschlafen aus dem Fenster blickte. Die Luft war kühl und feucht. Nicky schlüpfte in Jeans, krempelte die zu langen Beine um und hielt die Hose in der Taille mit einem Gürtel zusammen, weil sie ihr mindestens eine Nummer zu groß war. Auch die Socken und Turnschuhe passten ihr nicht, aber wenn sie die Schnürsenkel festzog, würden die Schuhe ihr nicht von den Füßen, gleiten. Nachdem sie ein Sweatshirt über ein T-Shirt gezogen hatte, ging sie nach dem Frühstück Ausschau halten.
Von Brian war nichts zu sehen, und Nicky nahm an, dass er im Büro arbeitete.
Also aß sie allein. Dann versuchte sie, mit Ramyah zu reden, was nicht ganz einfach war, da Nicky kaum Malaysisch, Ramyah höchstens zwanzig Worte Englisch sprach.
Die Küche war einfach und praktisch eingerichtet, doch die große Speisekammer mit den umfangreichen Vorräten beeindruckte Nicky. Hier würde niemand verhungern.
Sie wollte gerade in den Garten gehen, als Brian die Küche mit einer Kaffeetasse in der Hand betrat.
„Guten Morgen, Nicky." Er betrachtete sie belustigt von Kopf bis Fuß. „Du siehst umwerfend aus."
Sie warf ihm einen pikierten Blick zu. „Ich
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