Du bist schön Marie (Geschichtentrilogie Band 1 Erotische Geschichten)
dann in der Großen Iberia. Nach einem ruhigen Start durchflog die Maschine eine Schlechtwetterzone. Die Stewards forderten die Fluggäste auf, sich anzuschnallen und die Schwimmwesten bereit zu halten. Das Flugzeug schwankte und schaukelte bedrohlich hin und her, auf und ab. Hagel prasselte wie wild auf das Dach.
Lily klappte neugierig das kleine Bullfenster hoch.
„Ich muss doch sehen, was sich so am Himmel abspielt“, sagte sie. „Wer weiß, wann sich mal wieder so eine Gelegenheit bietet, so ein Schauspiel zu erleben.“
Dunkelheit war überall. Der Himmel über dem Himmel noch gruseliger als der erste Himmel. Blitze zuckten durch die Schwärze. Wie phosphoreszierende Ungeheuer. Es stürmte, regnete und hagelte. Hin und wieder zeigte sich ein Stück Mond. Umgeben von einem gelben Hof. Nichts weiter. Ein paar Meter noch. Dann verschwand auch er. Und wieder nur blitzende Dunkelheit. Doch dann, plötzlich war der Mond wieder zu sehen. Etwas heller nun. Und gebirgig geteilt. Und endlich blieb er am Himmel hängen. Bestrahlte wie eine kalte Sonne die Wolken. Zauberte ihnen helle, goldene Spitzen.
Else schlief. Unbeeindruckt von der gespenstischen Schönheit dieser Nacht.
Karl hatte die richtige Schlafstellung noch nicht gefunden und rutschte unruhig auf seinem Platz hin und her.
Lily klappte das Fensterchen wieder zu. Sie war auch müde. Doch hier war es ihr zu eng. Sie hatte vorhin weiter hinten noch freie Plätze gesehen. Also stand sie auf, zwängte sich an Else und Karl vorbei, suchte einen anderen Schlafplatz. Auf einer leeren Bank wickelte sie sich in die Iberiawolldecke, rollte sich wie ein Igel zusammen, setzte die schwarze Augenbinde auf und war bereit zum Schlaf. Zu spät erst bemerkte sie, dass sich hier die Raucher versammelt hatten. Die Luft war stickig und schwer. Alle husteten so gut sie konnten. An Schlafen war natürlich nicht zu denken.
Lily starrte den Fernseher an der Decke an. Das Programm war zu Ende. Nur das Testbild füllte den Schirm. Verstanden hätte sie sowieso nichts.
Der Kerl in der Reihe vor ihr öffnete seine dritte Packung Marlboro, zündete eine Zigarette an, reichte sie seinem Vater, der neben ihm saß, sabbelnd vor Gier und heiser hüstelnd, und steckte sich dann selbst eine in den Mund. Das Feuerzeug flammte immer wieder auf. Die Glimmstängel ragten steif aus den geteerten Mündern. Igittigitt. Unzählige Wölkchen schwebten bläulich in kleinen Kreisen zur niedrigen Flugzeugdecke. Hüllten Lily in stinkenden Dunst. In ihrem trockenen Hals kratze es unerträglich. Sie hustete wie der Alte und holte sich immer wieder Wasser vom Servicewagen.
Der Mann hinter ihr hatte eine kleine Lampe angeknipst. Das gelbe Licht fiel direkt in Lilys Gesicht. Der Mann las und rauchte und hustete die ganze Nacht.
Irgendwo schrie hysterisch ein Kind.
„Pst! Pst!“, flüsterte der genervte Vater. Das Kind schrie weiter.
Das Flugzeug schwankte auch weiter durch die Himmel, mal höher, mal tiefer. Es war, als würde es über unzählige Schlaglöcher holpern. Wie das Vehikel von Bus über die staubige, unwegsame Landstraße. Endlich schaukelte es wieder im sanften Rhythmus dahin. Und endlich versank auch Lily in einen kurzen, unruhigen Dämmerschlaf, immer begleitet von Husten, Röcheln, Schnaufen, Wispern.
„Das ist ja nicht zum Aushalten“, wütete sie völlig entnervt, stand auf und setzte sich wieder zwischen Else und Karl, die ruhig schliefen. So fand sie in der doch etwas angenehmeren Luft endlich auch noch etwas Schlaf.
Pünktlich sechs Uhr servierte der freundliche Stuart ein reichhaltiges Frühstück. In Madrid war der Aufenthalt nur kurz. Etwas verfrüht landete die kleine laute Iberia dann in Berlin.
*
Mit zwei langstieligen Rosen in der Hand eilte Nobert auf Else und Lily zu.
„Schön, euch wieder zu sehen.“ Nobert reichte Else die eine Rose. Lily die andere. „Wie habe ich euch vermisst.“
Stürmisch umarmte er Lily und küsste sie lange auf den Mund. Und wie stets bei diesen Übungen fühlte Lily tausend kleine Feuerstrahlesonnen in ihrem Körper. Das waren doch ganz andere Gefühle als die, die Alfredos Küsse in ihr ausgelöst hatten. Schnell weg mit diesen Gedanken. Sonst würde Nobert sie womöglich noch lesen.
„Wunderschön siehst du aus. Mit deinen leuchtenden Tigeraugen in deinem schönen braunen Gesicht.“
Nobert sah Lily begehrlich an.
Lily schaute sich suchend um. Karl war nirgends zu sehen. Bestimmt war er wieder mal verschwunden, ohne
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