Du. Wirst. Vergessen.: Roman (German Edition)
als müsste ich mich selbst davon überzeugen. »Er weiß so vieles, und diese Botschaft …« Ich senke den Blick, meine Kehle zieht sich vor Furcht zusammen. »Es muss sich um etwas Wichtiges handeln.«
James legt seine Hand über meine. »Lass uns wieder verschwinden. Ich kümmere mich um uns.«
Als ich aufblicke, sehe ich, wie verzweifelt der Ausdruck in seinem Gesicht ist.
»Ich weiß, aber …«
In diesem Moment wird die Haustür geöffnet, und eine Frau tritt auf die Veranda. Ich erkenne sie sofort, auch wenn sie diesmal keine dunkle Sonnenbrille trägt. Sie kam an jenem Tag, als Realm aus dem »Programm« entlassen wurde. Bei ihrem Anblick krampft sich mein Magen zusammen, denn er bestätigt mir, dass irgendetwas nicht stimmt. Wo ist Realm?
»Ist sie vom ›Programm‹?«, will James wissen, die Finger am Zündschlüssel, bereit, ihn sofort umzudrehen.
»Nein«, antworte ich unsicher. »Sie hat Realm aus der Einrichtung abgeholt.«
Die Frau stützt die Hände in die Hüften, als würde sie allmählich ungeduldig werden, und ich sehe James an.
»Ich sollte mit ihr reden«, sage ich.
James stöhnt auf. »Sobald mir etwas merkwürdig vorkommt, bringe ich uns sofort weg von hier. Notfalls werfe ich dich sogar über meine Schulter.«
»Wie ein Neandertaler?«
»Wie ein absoluter Höhlenmensch.«
Ich beuge mich vor, um ihn auf die Lippen zu küssen, sanft, nervös. Und dann steige ich aus.
Der Wind bläst mir das Haar ums Gesicht, als ich mich langsam dem Haus nähere. Mein Herz klopft wie wild in meiner Brust. Halb erwarte ich, dass ein Betreuer aus den Büschen springt und mich packt, mir ein Beruhigungsmittel injiziert. Ich schaue mich nervös nach James um, der mich vom Auto aus beobachtet.
»Michael ist nicht da«, ruft die Frau, während sie darauf wartet, dass ich zu ihr auf die Veranda trete. »Und er kommt auch nicht zurück.«
Ich hole tief Luft. Ich bin verwirrt, bleibe an der Treppe stehen. »Er kommt nicht zurück? Bitte, geht es ihm gut?«
Die Frau legt den Kopf schief, mustert mich. »Ja, es geht ihm gut. Aber, wie ich schon sagte, er kommt nicht zurück.«
Ich schaue mich um, am Boden zerstört, dass Realm verschwunden ist, ohne mir ein Wort zu sagen. Ohne sich zu verabschieden. Ich war doch erst in der vergangenen Nacht bei ihm!
»Wer sind Sie?«, frage ich die Frau.
»Anna, Michaels Schwester. Ich kümmere mich um alles, wenn er nicht da ist.« Sie lächelt, dann mustert sie mich erneut. »Er hat gesagt, dass du sehr hübsch bist.«
Ich sehe sie an. Verwirrt. Verärgert. »Ich verstehe nicht«, erwidere ich. »Er hat mir doch vorhin eine Nachricht geschickt. Warum sollte er …«
»Ich habe die SMS geschickt, Sloane«, unterbricht mich Anna und hebt beschwichtigend die Hände. »Michael ist heute Morgen weggegangen. Aber er wollte, dass ich mit dir rede. Er hat gesagt, du würdest ihn brauchen.«
»Das tue ich«, erkläre ich. »Ich stecke in Schwierigkeiten, und ich brauche ihn jetzt sofort. Also rufen Sie ihn an und sagen Sie ihm, dass er zurückkommen soll.«
»Sloane«, sagt sie freundlich, »es gibt eine Menge, was du nicht über Michael weißt. Er konnte nicht selbst darüber entscheiden, ob er hierbleiben wollte oder nicht, glaub mir, und so musste er gehen. Aber du bedeutest ihm sehr viel. Er will, dass ich dir helfe.«
Realm hat mir immer helfen wollen. Er war alles, was ich im »Programm« hatte. Er war gut. Gab mir Sicherheit. »Und wie werden Sie mir helfen?«
»Es gibt einiges, was dir Michael nicht erzählt hat – Dinge, von denen er glaubt, dass du sie ihm nicht verzeihen könntest. Doch er möchte, dass du weißt, dass er dich liebt. Dass er sich wünscht, dass du glücklich bist.« Sie schweigt einen Moment und schaut mich nur an. »Aber mehr als alles andere möchte er, dass du wegrennst.«
» Wegrennen? « Furcht kriecht mir den Rücken hinauf. Wie erstarrt stehe ich da, unsicher, was ich antworten soll.
Anna schaut an mir vorbei auf das Auto. »Ist das James?«, will sie wissen und deutet mit dem Kopf auf ihn.
»Ja.« Ich durchforste meine Erinnerungen, frage mich, ob es einen versteckten Hinweis gegeben hat auf das, was hier passiert, doch ich finde nichts.
»Mein Bruder mag ihn nicht besonders.« Anna lächelt. »Aber er versteht es.«
»Versteht es? Ich drehe gleich durch! Was läuft hier?«
Am Klang meiner Stimme erkennt Anna offenbar, dass ich am Ende meiner Geduld bin hinsichtlich ihrer rätselhaften Aussagen, denn sie seufzt, als hätte
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