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Du. Wirst. Vergessen.: Roman (German Edition)

Du. Wirst. Vergessen.: Roman (German Edition)

Titel: Du. Wirst. Vergessen.: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Young
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zur Tür. »Also gut«, meint er und hebt eine Hand. »Aber damit das klar ist zwischen uns: Solltest du jemandem etwas verraten …«
    »Ich weiß.« Ich kann einfach nicht aufhören zu weinen. Ich spucke seinen Geschmack aus, direkt vor ihm auf den Linoleumboden, und er schaut darauf, überrascht, dass ich so zornig bin.
    »Für die nächste Dosis will ich blanke Haut«, sagt er. »Und ich schlage vor, dass du dich besser beherrscht, denn ich stehe nicht auf Heulerei.« Nach diesen Worten dreht er sich um und geht, zieht die Tür hinter sich zu.

8. Kapitel
    Als die Tränen getrocknet sind, liege ich in meinem Bett, unter der Decke. Ich weiß, dass es nicht mehr lange dauern wird, bis sie sich fragen, wo ich bin, und mich suchen werden. Aber ich kann nicht in den Speiseraum zurückgehen, weil mein Körper nicht aufhören will zu zittern.
    Ich hole die Pille aus meiner Tasche und betrachte sie. Vielleicht wirkt sie nicht, aber ich muss es trotzdem versuchen. Ich muss kämpfen. Das ist meine letzte Chance, mich selbst davor zu bewahren, alles zu verlieren.
    Ich schiebe mir die Pille in den Mund und schlucke sie trocken herunter, huste kurz, als sie stecken bleibt, doch dann rutscht sie weiter. Ich weiß, woran ich mich erinnern muss. Es ist nichts Romantisches. Nichts, was mir besonders kostbar wäre. Aber ich hoffe, dass es mich zu einigen Antworten führen wird, wenn ich wieder draußen bin. Mit der nächsten Pille werde ich eine perfekte Erinnerung von James einfangen.
    Doch jetzt, in diesem Moment, denke ich angestrengt an das Foto von ihm und Brady, an den Ring. An all das, was ich in meiner Matratze versteckt habe, damit ich es wiederfinde, wenn ich zurückkehre. Ich weiß jetzt, dass alles, was an jenem Tag in meinem Elternhaus geschehen ist, aus meiner Erinnerung gelöscht sein wird, dass ich sonst nie nach diesen Dingen suchen würde. Nur so kann ich sie mir erhalten.
    Ich konzentriere mich auf das Foto, auf James’ Gesicht, auf seinen bloßen Oberkörper, darauf, wie er lässig den Arm um die Schultern meines Bruders gelegt hat. Auf Bradys Lachen und darauf, wie der Fluss durch den Hintergrund fließt. Und auf den Ring, jenen purpurfarbenen, glitzernden, herzförmigen Ring, den James mir geschenkt hat, auch wenn ich nicht mehr weiß, wann das war. Aber ich habe ihn ständig getragen, also muss er etwas Besonderes für mich bedeutet haben.
    Das alles steckt in meiner Matratze, diese Dinge, die uns wieder zueinander führen werden. Also klammere ich mic h ganz fest an die Erinnerung und schließe die Augen.
    Es können erst ein paar Minuten vergangen sein, als ich plötzlich von Schmerz zerrissen werde. Ich schreie auf, habe das Gefühl, als habe jemand gerade einen Hammer auf meinen Hinterkopf geschlagen. Ich beuge mich vor und übergebe mich auf den Boden, mein Magen krampft sich zusammen, meine Kehle brennt. Ich presse die Hände gegen den Kopf, als könnte ich so das schmerzhafte Pochen stoppen.
    Das Zimmer dreht sich um mich, und ich lege mich wieder aufs Kissen zurück, die Augen fest geschlossen. Ich versuche, meinen Atemrhythmus unter Kontrolle zu bringen, und noch einmal denke ich an den Ring und das Foto, die ich in meinem Bett versteckt habe.
    Die Agonie scheint sich eine Ewigkeit zu dehnen, aber es hat wahrscheinlich nicht einmal fünf Minuten gedauert, bis ich schließlich wieder in der Lage bin, die Augen zu öffnen. Mein Magen ist immer noch zusammengeschnürt, und ich weiß, dass ich die Schweinerei wegputzen muss, bevor Schwester Kell mich hier entdeckt.
    Langsam rutsche ich aus dem Bett, darauf bedacht, nicht in das Erbrochene zu treten, dann wische ich es mit Toilettenpapier auf und spüle es im Klo hinunter. Immer noch ringe ich keuchend nach Luft, als ob mir jeden Moment wieder schlecht werden könnte. Ich spüre einen sauren Geschmack in meinem Mund, doch dahinter ist – Pfefferminze.
    Ich beuge mich über die Toilette und übergebe mich erneut.
    Ich kehre in den nun halb leeren Speisesaal zurück. Ich bin sicher, dass ich grässlich aussehe. Ich komme mir vor, als hätte ich einen Kater. Meine Augen sind blutunterlaufen, die fettigen Haare habe ich mir zum Pferdeschwanz zurückgebunden. Aber die Leute scheinen es nicht zu bemerk en, und ich begreife plötzlich, dass es hier besser ist, nic ht hübsch zu sein, weil man dann unbemerkt bleibt.
    Das Tablett ist immer noch da, wo ich es stehen gelassen habe, und ich tue so, als würde ich an dem Brötchen knabbern, das auf meinem Teller

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