Duell: Island Krimi (German Edition)
Verbindung gesetzt?«, fragte Marian.
Die Frau schwieg eine Weile und sagte dann:
»Ich muss mit dir reden. Ich habe diesem Jungen nichts getan. Nicht das Geringste!«
Einundzwanzig
Marian Briem hielt sich an das, worum die Frau gebeten hatte, die weder bei der Kriminalpolizei im Borgartún noch im Gefängnis am Síðumúli vernommen werden wollte. Aus naheliegenden Gründen, wie sie sich ausdrückte, konnte die Begegnung nicht bei ihr zu Hause stattfinden, und erst recht nicht an ihrem Arbeitsplatz. Marian hörte sich das alles in Ruhe an und hatte nichts dagegen. Vor allem war wichtig, dass sie sich freiwillig gemeldet hatte. Falls sie zunächst einmal mit Samthandschuhen angefasst werden musste, war das in Ordnung.
Marian schlug das Skúlakaffi als neutralen Treffpunkt vor, und die Frau war damit einverstanden. Albert begleitete Marian dorthin. Er besorgte ihnen Plätze an einem unauffälligen Tisch in einer Ecke und holte zwei Tassen Kaffee. Das Selbstbedienungslokal befand sich in einem Außenbezirk der Stadt und war bekannt für seine deftige isländische Küche. Es war vor allem bei Handwerkern und LKW -Fahrern beliebt, die zum Mittagessen gerne Fleischbällchen in brauner Soße mit Kartoffelpüree aßen.
»Wie alt ist deine Tochter Paula?«, wollte Marian wissen, als er mit den Tassen zum Tisch zurückkehrte.
»Sie ist acht«, sagte Albert.
»Acht? Dann musst du ja blutjung gewesen sein, als sie geboren wurde.«
»Ja. Meine beiden anderen Töchter sind fünf und zwei.«
»Also wird nächstes Jahr wieder ein Kind in die Welt gesetzt, wenn du dich an diesen Rhythmus hältst.«
»Und es wird wieder ein Mädchen.«
»Oder ein Junge.«
»Möchtest du einen Jungen?«
»Mir ist es egal. Guðný ist es wichtiger als mir.«
»Deine Frau?«
»Ja.«
»Tja«, sagte Marian, trank einen Schluck Kaffee und sah in Richtung des Eingangs. Die Frau ließ sich nicht blicken. Marian hatte sie nicht einmal dazu bringen können, ihren Namen zu verraten, und wusste deswegen immer noch nicht, wer sie eigentlich war.
»Was macht deine Frau, arbeitet sie?«
»Nein, im Augenblick nicht. Sie möchte aber unbedingt eine Ausbildung machen. Am Hamrahlíð-Gymnasium richten sie ab Herbst eine Abendschule ein. Guðný möchte das Abitur nachholen und wenn möglich Jura studieren. Sie hat das Gymnasium abgebrochen, als sie schwanger wurde.«
»Zu der Zeit hattet ihr wohl noch keine festen Pläne?«
»Nein, es hat sich einfach so ergeben. Sie ist zwei Jahre jünger als ich. Ich hatte bereits das Abitur und habe über einen Onkel von mir eine Stelle bei der Polizei bekommen.«
»Warst du nicht auf so einer Schulung in England, bevor du zur Kriminalpolizei gegangen bist?«
»Ja, bei Scotland Yard. Hat Spaß gemacht und mir viel gebracht.«
»Was glaubst du, was sie bei Scotland Yard zu diesem Klacken von Ragnars Kassettenrekorder sagen würden? Hätte es genügt, um die Aufmerksamkeit auf den Jungen zu lenken?«
»Sehr wahrscheinlich.«
»Wie lange läuft so eine Kassette?«
»Normalerweise läuft eine Seite fünfundvierzig oder dreißig Minuten«, sagte Albert.
»Also kam dieses Geräusch, als der Film fünfundvierzig oder aber dreißig Minuten gelaufen war.«
»Sie werden es wohl ziemlich deutlich gehört haben, wenn sie direkt vor Ragnar saßen.«
Auf dem Nebentisch lagen die Tageszeitungen aus, die ausführlich über das Match in der Halle berichteten. In einer war von einem Fernsehinterview mit Bobby Fischer vor dem Match in Reykjavík die Rede, in dem er gefragt worden war, was ihn am Schachspiel so faszinierte und welches der größte Augenblick wäre, wenn er gegen einen ebenbürtigen Gegner spiele. Fischer hatte geantwortet: When you break his ego .
»Gibt’s was Neues von deinem Freund?«, fragte Marian und deutete auf ein Foto von Bobby Fischer auf der Titelseite der Wochenzeitung Vikan .
»Er geht nachts schwimmen«, sagte Albert.
»Was du nicht sagst.«
»Das große Schwimmbad im Laugardalur wird die ganze Nacht für ihn offen gehalten, er kann jederzeit rein und seine Bahnen ziehen.
»Und das macht er?«
»Ja, er ist schon einige Mal dort gewesen und hat das ganze Schwimmbad für sich allein gehabt. Er ist vollkommen begeistert.«
»Und außerdem isst er isländischen Quark?«
»Seine Lieblingsspeise.«
Eine Frau um die dreißig betrat das Skúlakaffi und blickte sich nervös um. Sie trug ein blaues Kostüm, eine weiße Bluse und hochhackige Schuhe. Genau wie Konni fiel auch Marian sofort auf,
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