Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dunkel wie der Tod

Dunkel wie der Tod

Titel: Dunkel wie der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.B. RYAN
Vom Netzwerk:
klar sagen, damit auch er es endlich begreifen und sich damit abfinden würde.
    â€žIhr Bruder ist erst heute Mittag wieder zu Bewusstsein gekommen“, sagte Cook, „und als ihm dann aufging, wo er war, fing er an wie ein Verrückter rumzutoben und hörte gar nicht mehr auf zu heulen …“
    Zu heulen ?
    Die Wachen konnten es irgendwann nicht mehr aushalten“, fuhr Cook fort. „Sie haben ihn geknebelt und in eine Zwangsjacke gesteckt.“
    Nell konnte den Detective nur ungläubig ansehen.
    â€žUnd als Pfarrer Beals ihn besuchen kam, ist er völlig durchgedreht. Er hat um sich geschlagen und getreten, sich gegen das Zellengitter geworfen, bis er eine Platzwunde an der Stirn hatte, was ihn aber auch nicht zur Vernunft gebracht hat.“
    â€žAch, du meine Güte …“
    â€žIn einer Stunde wird er abgeholt und nach Charlestown zurückgebracht. Vielleicht können Sie ihn dort in ein oder zwei Tagen besuchen – vorausgesetzt, er kommt wieder zur Vernunft. Im Moment können Sie da nichts machen. Gehen Sie am besten nach Hause und denken Sie nicht mehr an ihn.“
    In stiller Verzweiflung und wie benommen lief Nell zurück zur Colonnade Row – ihr Schultertuch fest um sich geschlungen, denn abends war es nun schon immer recht kühl – und musste daran denken, wie Duncan vor zehn Jahren ausgesehen hatte, als Jamie ihn das erste Mal mitgebracht hatte: so groß und blond, und diese blauen Augen, die bis in ihr Innerstes zu blicken schienen, sein jungenhaftes Grinsen. Sie versuchte, diesen Duncan ihrer Erinnerung mit jenem in Einklang zu bringen, der dort in der City Hall heulte und tobte und sich gegen das Gitter seiner Zelle warf. Schmerz und Verwirrung stiegen in ihr auf, sie schluckte schwer, Tränen brannten in ihren Augen.
    Nicht weinen, befahl sie sich. Um Himmels willen, bloß nicht hier auf der Straße!
    Nell weinte nur selten; wenig war gewonnen, wenn man sich seiner Verzweiflung hingab. Doch manchmal – so wie jetzt – kam die Verzweiflung wie eine Naturgewalt über einen und ließ sich nicht länger unterdrücken.
    Sobald sie zu Hause wäre, wollte sie auf ihr Zimmer gehen und die Tür hinter sich schließen, ihr Gesicht in den Kissen vergraben und sich ausweinen, bevor sie das Gesicht waschen und weitermachen würde, als sei nichts gewesen. Doch kaum war sie durch die Haustür gekommen, tauchte auch schon Mrs. Mott wie aus dem Nichts vor ihr auf. „Ein Herr wartet im Musikzimmer auf sie. Ein Pfarrer Beals.“
    â€žOh.“
    â€žMrs. Hewitt ist mit dem Kind im Wintergarten. Sie will ihr das Malen beibringen.“ Mrs. Mott schien dies für ein recht seltsames Unterfangen zu halten. „Sie hat mich angewiesen, Ihnen zu sagen, dass Sie den Rest des Abends freihaben – wenn Sie wünschen.“
    â€žDanke“, sagte Nell, doch die Haushälterin hatte sich schon umgedreht und ging davon.
    Als Nell das Musikzimmer betrat, sah sie Adam auf der Klavierbank vor dem Flügel sitzen. In stiller Versenkung schlug er einige Tasten des dunklen, schimmernd polierten Steinway an, und eine leise Melodie erklang – dem traurigen Klang nach ein Totenlied.
    â€žFast eine Dreiviertelstunde habe ich im Durgin-Park’s auf Will gewartet“, sagte Adam, während er ihr aus der Mietdroschke half, die sie beide soeben vor dem Revere House abgesetzt hatte. „Als er dann immer noch nicht aufgetaucht war, bin ich hierhergekommen. Ich habe an seine Tür geklopft, aber er wollte mich nicht reinlassen – hat gesagt, er sei beschäftigt, aber ich wusste auch so, was er da drinnen machte. Ich konnte es bis nach draußen riechen.“
    â€žSie kennen den Geruch von Opium?“, fragte Nell erstaunt, während sie den Kutscher bezahlte.
    â€žMeine Berufung führt mich an die verschiedensten Orte.“ Er führte Nell durch die mit Marmor ausgelegte Eingangshalle des Hotels zum Empfangstisch. „Ich weiß wegen des Morphiums Bescheid – Harry hatte es Dienstagabend erwähnt. Will erklärte mir, er nehme es nur gegen die Schmerzen und um keine Entzugserscheinungen zu bekommen. Er meinte zu uns: ‚Sollte ich jemals wieder anfangen, Opium zu rauchen, tut mir bitte einen Gefallen und jagt mir eine Kugel in den Kopf. Das geht schneller.‘“
    â€žMeinen Schlüssel, bitte“, sagte Nell zu dem korpulenten kleinen Rezeptionisten und versuchte ihre

Weitere Kostenlose Bücher