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Dunkle Häfen - Band 1

Dunkle Häfen - Band 1

Titel: Dunkle Häfen - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elin Hirvi
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Ich stieß an die Reling. Vor mir war der Abgrund und dann das Wasser. In einem Anfall von Wahnsinn ließ ich mich einfach über den Rand fallen. Der Aufprall auf dem Wasser war sehr schmerzhaft. Das kalte Nass machte jedoch meinen Kopf klarer. Ich sah das Schiff fortsegeln. Zu meinem Glück jedoch hatten ein paar der Männer meine Tat mitbekommen und tauchten nun mit erstaunten Rufen an der Reling auf. Bis das Schiff gewendet hatte und zurückgesegelt war, dauerte es noch eine ganze Weile. Ich konnte schwimmen, deshalb bereitete mir das keine Probleme. Ich musste allerdings eine geraume Zeit in der Ungewissheit, ob sie zurückkommen würden, warten. Doch sie ließen mich nicht im Stich. Eine Strickleiter fiel zu mir herunter und ich kletterte wieder an Bord. Sie wollten wissen, was mit mir los war. Ich sagte ihnen, ich wollte einfach unbedingt ein Bad nehmen. Die Männer lachten und sahen mich an, als wäre ich verrückt. Immerhin waren schon mehr als einer, der über Bord gegangen war, zurückgeblieben, ohne dass es jemandem aufgefallen wäre. Ich setzte eine unbeschwerte Miene auf, auch wenn mir zum Heulen zumute war. Die Männer beschlossen ganz spontan, eine Wasserschlacht zu machen. Mit Eimern schöpften sie Wasser aus dem Meer und schleuderten es sich ins Gesicht. Sie benahmen sich wie kleine Kinder, diese erwachsenen und rauen Seemänner. Sobald sie abgelenkt waren, trottete ich davon, mit erstarrtem Gesicht.
    Meine Mutter, die Hure... Er hatte mich weggestoßen, mein Kind... Mein Herz war mir herausgerissen worden, Edward war mein Ein und Alles, der Anker, der mich festhielt. Ich fühlte die Leere sich in mir ausbreiten, an diesem kleinen Ort in meiner Seele, dessen Heiligtum seine Worte zerfetzt hatten. Ich ging in die Munitionskammer, drinnen war es dunkel und roch nach Schießpulver. Kraftlos lehnte ich mich an die Wand und drückte meine heiße Stirn dagegen. So muss ich lange gestanden haben, ohne mich zu rühren. Von der Tür her vernahm ich ein Scharren.
    "Ramis?" , erklang eine hohe Stimme.
    Ich antwortete nicht. Kurz darauf stand er vor mir.
    "Geh weg ", sagte ich unendlich müde.
    "Ramis, verzeih mir."
    Ich blickte ihn nicht an. "Ich kann nicht."
    Edward warf sich vor mir auf die Knie und schrie gequält:
    "Verzeih mir! Bitte! Ich kann nicht ohne dich leben!"
    Diese Geste entsetzte mich maßlos. Und als ich Tränen in seinen Augen entdeckte, riss etwas in mir. Edward weinte nie.
    "Du bist doch meine wahre Mutter! Ich habe es doch nicht so gemeint! Schlage mich und bestrafe mich, aber verzeih mir!"
    Ich ging neben ihm in die Hocke. Auch ich konnte ohne ihn nicht leben. Ein trockenes Schluchzen entstieg meiner Kehle.
    "Mein Gott, was haben wir uns nur angetan. Wie kann so etwas zwischen uns kommen!"
    Sanft streckte ich die Hand aus, um seine zu nehmen. Er packte sie und küsste sie. Dann zog er mich an sich. Bald würde er größer sein als ich. Wie zwei alte, gebrechliche Leute schlurften wir aneinander gestützt in unsere Kajüte zurück. Ich sagte Edward, dass ich eigentlich kein Kind bekommen wollte. Mehr konnte ich ihm nicht erzählen und er fragte auch nicht. Für ihn war es nicht mehr so wichtig, solange es nicht zwischen uns kam.
    Ich erklärte ihm, wie schön es dennoch sein könnte, einen Bruder oder eine Schwester zu haben. Ich konnte es fast selbst glauben.

Wandlungen
     
    Als James zurückkehrte, waren sich alle einig, dass er von einem Dämon besessen war. Sofort nachdem Lord Fayford die freudige Nachricht erhalten hatte, ließ er seine Kutsche mit dem Familienwappen vorfahren und begab sich auf schnellstem Wege zum Hafen. Er hatte sich sehr große Sorgen gemacht, vor allem seit er gehört hatte, dass die Hawk nicht angekommen war. Sein Sohn sah sehr geschwächt aus und seine Haut schälte sich fürchterlich, aber er war es tatsächlich.
    "Mein Sohn ", sagte der Lord gerührt, als sein Sohn langsam über die Gangway kam.
    Er ergriff seine Hände.
    "Willkommen daheim. Du weißt gar nicht, was mir bedeutet, dich wieder hier zu haben."
    Das war ein wahrer Gefühlsausbruch für einen Mann wie den Lord, der für gewöhnlich seine Empfindungen nicht zeigte.
    "Danke, Vater ", meinte James knapp.
    Er presste die Lippen aufeinander. Fayford fragte sich, ob er große Schmerzen litt.
    "Was ist denn nun vorgefallen? Ich habe nur Gerüchte gehört."
    James wandte sich abrupt ab, den Rücken steif durchgestreckt.
    "Später! Ich bin furchtbar erschöpft."
    Erstaunt blickte der Lord seinem Sohn nach,

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