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Dunkle Häfen - Band 1

Dunkle Häfen - Band 1

Titel: Dunkle Häfen - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elin Hirvi
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als Beutel eignen, dachte er bei sich und stopfte alles wahllos hinein. Nun musste er nur noch herauskommen. Vorsichtig lugte er aus der Türe. Unten war niemand zu sehen. Auf Zehenspitzen huschte er die Treppe hinunter. Von irgendwo hörte er eine Frau schreien und jemanden weinen. Die Zimmertür seiner Mutter war halb ausgehängt und er vernahm Lettice qualvolles Stöhnen und die Geräusche der Männer. Er eilte weiter. Als er fast die Treppe zum Erdgeschoss erreicht hatte, ließ ihn ein Zischen zusammenfahren. Ein vernehmliches Rascheln von Kleidern. Eine schattenhafte Gestalt schob sich an der Wand entlang auf ihn zu. Sie hinterließ rote Schleifspuren daran. Es war Madame, passend zu diesem Tag in düsteres Schwarz gekleidet. Sie hielt sich mit einer Hand die Seite, wo sie eine Wunde haben musste, denn Blut rann über ihre Finger.
    Madame starrte ihn an.
    "Edward!" , stieß sie hervor und winkte mit einem langen Schürhaken, der in ihrer anderen Hand baumelte. "Komm her und hilf mir!"
    Selbst jetzt war ihre Stimme noch befehlend, auch wenn ihr Gesicht zusehends blasser wurde, je mehr Blut sie verlor. Edward erkannte, dass sie am Ende war. Trotzig schlenkerte er mit seinem Bündel.
    "Nein!" , erklärte er. "Nicht für dein ganzes Geld. Niemals. Ich helfe nicht. Und ich vergesse nicht, was du mir angetan hast!"
    "Der Teufel spricht aus dir!" , knurrte Madame und stützte sich an der Wand, um ihn erreichen zu können.
    Edward wich ihr aus, in dem sicheren Wissen, schneller zu sein. Von unten kamen Stimmen herauf. Sie blockierten die Ausgänge... Edward eilte an Madame vorbei in ein Zimmer, dessen Tür offen stand. Es war ironischerweise ihr Arbeitszimmer, das ihn retten sollte. Es hatte ein Fenster und an der Außenwand standen mehrere Holzbalken hervor, so dass man auf das Dach klettern konnte. Die Häuser standen hier dicht beieinander, was es einem geschickten Kletterer ermöglichte, von einem Dach auf das andere zu gelangen. Edward trat noch einmal auf den Gang hinaus, wo noch immer Madame lehnte. Ihre durchdringenden Augen fixierten ihn.
    "Du bist wirklich der Leibhaftige. Mit dir wird es einmal ein schlimmes Ende nehmen!" , röchelte Madame.
    Edward wurde nun erst richtig bewusst, wie sehr er diese Frau hasste. Sie war an allem schuld.
    "Aber dein Ende ist näher!" , stellte er triumphierend fest. "Du stirbst!"
    Der Lärm von der Treppe wurde lauter. Er musste weg. Madames Haut wirkte sehr wächsern. Der Junge rannte ins Zimmer und verschloss die Tür. Als er beim Fenster war und sich anschickte, hinauszuklettern, hielt er inne. Auf dem Schreibtisch stand eine schöne Petroleumlampe und brannte ungestört vor sich hin. Edward kehrte zurück und hob sie hoch.
    "Sollen sie doch alle mitsamt ihrem Haus in Flammen aufgehen! Hoffentlich verbrennt das Feuer ihre Bosheit!" , murmelte er, als seine Hand ihren Zugriff lockerte und die Lampe zu Boden fiel.
    Das Glas zerbrach und das Petroleum ergoss sich über die Holzdielen, wo es sofort Feuer fing. Edward ging wieder zum Fenster und sah zu, wie sich die Flammen rasch ausbreiteten und das ganze Mobiliar in Brand steckten. Das Feuer würde bald die anderen Zimmer erreichen. Als dem Jungen zu heiß wurde, schwang er sich aus dem Fenster und kletterte aufs Dach, den Beutel unter dem Arm. Gewiss hätte er die Frau gar nicht bemerkt, die ein wenig später durch das Küchenfenster in das Haus schlich, bis ins Mark getroffen von dem Anblick, der sich ihr beim Haus bot, selbst wenn er nach unten geschaut hätte. Einige Dächer weiter hangelte Edward sich wieder zu Boden. Am Hafen gab es viel Verstecke, dort würde ihn keiner finden. Vielleicht fand er dabei auch Ramis, die dieselbe Idee gehabt haben könnte. Umgehend machte er sich auf den Weg.
     
    Ramis hielt es nicht länger in der Dunkelheit aus. Sie musste heraus, bevor sie verrückt wurde. Doch es fiel ihr schwer, Lettice allein zu lassen. Sie braucht dich nicht mehr. Es ist nur noch eine Hülle, die dort liegt. Ramis wollte nicht so recht auf ihre vernünftige Stimme hören. Aber sie musste jetzt auch an Edward denken. Durfte sie ihn denn auch noch im Stich lassen? Ramis tastete nach Lettice und berührte ihr kaltes Gesicht.
    "Ruhe in Frieden..." , flüsterte sie, während ihre Augen schmerzhaft brannten. "Du warst die tragische Heldin, an die ich geglaubt habe."
    Es widerstrebte ihr zutiefst, Lettice nicht wenigstens die letzte Ehre erweisen zu können und sie zu begraben, aber sie hatte keine Wahl.
    Ihr Herz war

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