Dunkle Umarmung
sicherzugehen, daß niemand ihn gehört hatte.
Als es für uns alle an der Zeit war, ins große Eßzimmer zu gehen und an dem langen Tisch Platz zu nehmen, setzte sich Troy neben mich. Mama saß rechts neben Tony, und ich saß mit Troy zu seiner Linken. Es waren dreiunddreißig Personen.
Ich hatte noch nie so viele Leute an einem Eßtisch gesehen.
Mitten auf dem Tisch stand ein Schwan aus Leberpastete. Für jeden waren mehrere Weingläser gedeckt, und das Service war Wedgewood-Porzellan mit kleinen Gestalten in ländlicher Umgebung. Das Silber war schwer, und es funkelten Blumenmuster darauf. Auf die festen blauen Servietten war mit weißem Garn F. M. gestickt.
Nach einer Weile begann Mama, über ihre Pläne für die Hochzeit zu sprechen.
»Es wird wie auf einer Krönungsfeier zugehen«, sagte sie und ließ ihren Worten ein trällerndes Lachen folgen. »Die Einladungen werden Sammlerstücke sein, denn ich werde sie selbst entwerfen und ihnen eine der Illustrationen zugrunde legen, die ich für das Verlagshaus Darrow angefertigt habe«, fügte sie hinzu und nickte den Darrows zu.
»Wir werden ein sechsundzwanzigköpfiges Orchester haben, und die Blumen werden aus Südamerika eingeflogen, und Tony ist noch etwas Wunderbares dazu eingefallen. Sag es ihnen, Tony.«
»Damit verdirbst du die Überraschung«, protestierte er sachte und lächelte. »Aber ich nehme an, das macht nichts, da heute nur besonders gute Freunde geladen sind. Ich werde für jeden einzelnen Gast als Andenken ein Spielzeug anfertigen lassen.
Das Datum unserer Hochzeit wird eingraviert sein.«
»Das ist doch eine wundervolle Idee«, schwärmte Mama strahlend. »Zwei Figuren, die nach uns gestaltet sind…« Sie griff nach der Hand ihres zukünftigen Mannes, »…und sie tanzen auf der Weltkugel.«
Alle sagten »Aaaah« und »Ooooh«. Selbst ich war vollkommen überrascht. Tony bemühte sich, meinen Blick mit seinen durchdringenden Augen aufzufangen, doch ich sah weg.
Mit welcher Leichtigkeit es Mama doch gelungen war, die Aufmerksamkeit des ganzen Tisches zu fesseln, dachte ich.
Alle schienen neidisch zu sein – die Männer neidisch darauf, daß Tony sie zur Frau bekam, die Frauen neidisch auf Mamas Schönheit und ihre Überschwenglichkeit.
Diese Hochzeitspläne klangen wirklich aufregend und toll, doch selbst jetzt, bei diesem Erntedankfest, fühlte ich mich einsam und verloren.
Für den Rest des Abendessens standen die Pläne für die Hochzeit mit allen ihren Einzelheiten im Vordergrund der Gespräche. Der kleine Troy verschmierte sich das ganze Gesicht mit Schlagsahne, als er sich über die Schokoladeneistorte hermachte. Ich lachte und wischte ihm den Mund ab.
Nach dem Abendessen kehrte die Gesellschaft geschlossen ins Musikzimmer zurück. Troy bat mich, mit ihm in sein Spielzimmer zu kommen und ihm dabei zu helfen, seine Zeichnungen bunt auszumalen. Als wir sein Spielzimmer betraten und ich sah, daß er die Zeichnungen selbst angefertigt hatte, war ich starr vor Staunen. Für ein kleines Kind besaß er eine bemerkenswerte Begabung. Es waren Zeichnungen von dem großen Haus und den Parkanlagen und manchen der Leute, die hier arbeiteten.
»Das hier ist Henderson, und das ist Margaret Stone, und das ist Edgar.« Er deutete auf seine verschiedenen Zeichnungen.
»Sie sind ausgezeichnet geraten, Troy. Sehr, sehr gut«, sagte ich. Er strahlte.
»Hier«, sagte er und drückte mir einen braunen Buntstift in die Hand. »Edgar trägt immer ein braunes Hemd. Du malst Edgar.«
Ich lachte und fing an. Ich verlor jedes Zeitgefühl, als ich dasaß, die Zeichnungen ausmalte und Troy zuhörte, der über die Dienstboten, den Swimmingpool, den Irrgarten und Tony vor sich hin plapperte, aber es war vielleicht eine Stunde vergangen, als ich Mamas Stimme in dem Korridor direkt vor Troys Spielzimmer vernahm. Dann hörte ich Tony. Er schien verärgert zu sein.
Tony und Mama befanden sich ein paar Meter von der Tür entfernt. Tony stand aufrecht und männlich da und hatte seine Hände auf ihre Hüften gelegt, während er versuchte, sie an sich zu ziehen. Sie wußten nicht, daß ich sie stumm beobachtete.
»Komm schon, Jillian.« Seine vollen Lippen waren zu einem Schmollen verzogen. »Wir sind so gut wie verheiratet.«
»Aber wir sind es nicht, noch nicht. Und deshalb kommt das überhaupt nicht in Frage. Und dann müssen wir auch noch an Leigh denken.«
»Ich bringe sie am anderen Ende des Hauses unter. Sie erfährt gar nicht erst, daß du in mein
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