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Dunkle Umarmung

Dunkle Umarmung

Titel: Dunkle Umarmung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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Schultern.
    »Einverstanden«, sagte ich. »Wir gehen in den Irrgarten und suchen nach abgeschnittenen Zweigen von der Hecke. Wir können uns ohnehin nicht verlaufen«, fügte ich hinzu, »weil wir im Schnee unsere eigenen Fußspuren zurückverfolgen können.«
    »Das stimmt.« Er stürzte sich vor mir in den Irrgarten. Ich zögerte einen Moment, ehe ich ihm folgte.
    Die feierliche Stille des Irrgartens tat mir wohl. Ich wollte von all diesem Lärm und Trubel nichts mehr wissen. Ich war sehr gereizt; mein Magen rebellierte, und mein Herz klopfte heftig.
    Als wir in den Irrgarten einbogen und tiefer und immer tiefer in sein Herz vordrangen, wich die Welt außerhalb weiter und immer weiter zurück. Die hohen Hecken schnitten uns von den Geräuschen außerhalb ab. Die Schneeflocken, die ständig dichter fielen, wehten in die Gänge zwischen den Hecken und blieben an den Ästen hängen. Troy lief voran und sah sich um, um sich zu vergewissern, daß ich ihm noch folgte. Ich verlor jeden Überblick, jede Orientierung, und hatte keine Ahnung, wie oft wir schon in einem scharfen rechten Winkel abgebogen waren. Ein Gang sah wie der andere aus, vor allem jetzt, als sich eine frische Schneedecke über alles legte. Ich war froh, daß wir durch den Schnee liefen, denn jetzt verstand ich, wie leicht man sich hier verlaufen konnte. Der Irrgarten war wirklich groß.
    »Troy«, rief ich schließlich. »Wir sollten lieber umkehren.
    Hier sind keine gestutzten Hecken, und ich glaube, wir laufen ständig im Kreis.«
    »Nein, das tun wir nicht. Wir laufen zu dem Häuschen.«
    »Was für ein Häuschen? Wer wohnt dort?«
    »Im Moment niemand. Es ist einer meiner geheimen Plätze«, flüsterte er.
    »Wir sollten lieber nicht versuchen, es zu finden«, warnte ich.
    »Nur noch ein kleines bißchen weiter, bitte. Bitte, Leigh«, flehte er mich an.
    »Meinetwegen«, sagte ich. »Wir laufen noch ein kleines Stückchen weiter, aber wenn wir es dann nicht gefunden haben, müssen wir umkehren, einverstanden?«
    Er nickte schnell und lief voraus. Dann verschwand er um eine Ecke. Er rannte so schnell durch die Gänge, daß ich mich nach seinen kleinen Fußstapfen richten mußte.
    »Lauf nicht so schnell, Troy«, rief ich. »Troy.« Ich beschleunigte meine Schritte, aber der kleine Kobold blieb immer eine Biegung vor mir. »Troy!«
    Endlich bog ich um eine Ecke und stellte fest, daß ich am anderen Ende aus dem Irrgarten herausgekommen war. Und dort war es, genau wie Troy gesagt hatte – ein kleines Häuschen, das aussah wie etwas, das Mama als Illustration für eines ihrer Kinderbücher hätte malen können. Ein Zauberer hatte die Seiten berührt und die Szene wahr werden lassen.
    Umgeben von hohen Kiefern lag das kleine Steinhäuschen mit einem roten Schieferdach da. Ein Pfad aus hellen Steinfliesen führte zur Tür.
    »Komm schon, Leigh«, drängte Troy und eilte den Pfad hinunter zur Haustür.
    »Warte«, rief ich, doch er hatte die Tür bereits geöffnet und war eingetreten. Ich folgte ihm und fand ihn auf einem harten Schaukelstuhl aus Ahorn vor dem Kamin. Ein selbstzufriedenes Strahlen stand auf seinem Gesicht. Ich sah mich in dem kleinen Raum um und stellte mir vor, daß es hier sehr gemütlich sein könnte, wenn ein Feuer im Kamin brannte.
    Ein paar einfache Möbelstücke standen herum, ein altes Sofa, ein bequemer Sessel, ein rechteckiger brauner Teppich lag auf dem Boden, und ein paar kleine Tische und leere Regale aus dunklem Kiefernholz standen an den Wänden. Die dünnen weißen Baumwollgardinen hingen kläglich vor den blinden Scheiben. Es war so kalt in dem Häuschen, daß ich Troys und meinen Atem in der Luft sehen konnte. Ich schlang die Arme um meine Schultern, um mich warmzuhalten.
    »Hier wohnt niemand mehr?« fragte ich, als ich herumlief und in das kleine Schlafzimmer und die kleine Küche schaute.
    Im Schlafzimmer standen ein schmales Bett und eine kleine Kommode, aber es gab keinen Teppich auf dem Boden und keine Spiegel. In der Küche gab es einen alten Kohleofen, ein kleines Spülbecken und anstelle eines Kühlschranks eine kleine Kühltruhe, deren Tür weit offen stand. Es war nichts darin. Troy sprang von dem Schaukelstuhl und lief hinter mir her.
    »Im Sommer wohnt Boris manchmal hier, aber eigentlich ist es mein geheimer Ort«, erklärte Troy.
    »Du kommst doch nicht etwa allein her? Wie hast du den Weg durch den Irrgarten gefunden?« fragte ich ihn. Er zuckte mit den Achseln. Ich verstand – es war reine Glückssache

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