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Dunkles Erbe - Blut Der Finsternis

Dunkles Erbe - Blut Der Finsternis

Titel: Dunkles Erbe - Blut Der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Schröder
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nicht, aber mir kam’s vor, als wäre das ganze Haus leer. Hast du den Müll unten gesehen? Kein Vermieter in dieser Gegend lässt seinen Hausflur derartig verkommen.« Karen sprach seine erste Vermutung aus.
    »Du hast recht. Und ist dir auch aufgefallen, dass nicht das leiseste Geräusch zu hören ist. Kein Fernseher, keine Stimmen.«
    Sie nickte. »Ich komme mit dir, wenn du dich trotzdem umsehen willst. Wenn doch jemanden hier ist, kann ich vielleicht helfen.«
    »Gut, dann komm. Jarout kommt hier sehr gut ohne uns aus, denke ich.«
    Gemeinsam verließen sie die Wohnung und liefen zunächst in das obere Stockwerk. Drei Türen gingen vom Flur ab. Sie klingelten an jeder, doch niemand öffnete. Calman vermutete, dass sich diese Behausungen in einem ähnlichen Zustand befanden wie Turners Bleibe.
    Eine dicke Staubschicht auf den Möbeln und der Gestank verschimmelter Lebensmittel.
    Dieses Haus ist leer, dachte er. Es ist schon seit Wochen, vielleicht Monaten, verlassen. Häuser wie dieses sah er nicht zum ersten Mal. Überall auf der Welt fanden sich verlassene Gebäude wie dieses. Auf dem Tisch stand noch die letzte Mahlzeit, in den Betten sah man noch den Körperabdruck derer, die vergangene Nacht darin geschlafen hatten. Alles sah ganz so aus, als seien die Bewohner nur mal kurz fort, um gleich wieder heimzukehren. Doch keiner von ihnen kam jemals wieder zurück. Die Heimstatt war und blieb verlassen. Ein Geisterhaus, in dem nur noch die Erinnerung lebte.
    Er selbst wohnte vor knapp dreihundert Jahren eine Zeit lang in einem solchen Haus. Ein Gehöft, irgendwo in Mittelengland. Seine Schwester Galatea benutzte das Anwesen als Unterkunft. Und wo zuvor eine Familie ihr Zuhause hatte, stand nur noch eine Fassade, hinter der ein Hirudo schlief. So wie dieses Mietshaus in Islington sahen Häuser aus, in denen Hirudo ihre Wächter wählten, die übrigen Menschen töteten und sich in ihrer Heimstatt einnisteten. Calman schauderte. Menschen zu manipulieren oder gar aus Eigennutz kaltblütig zu töten, war ihm ein Gräuel. Auch damals verließ er seine Schwester schon nach wenigen Tagen. Er schwor sich, niemals wieder mit jemandem zusammen zu sein, der so leichtfertig mit den Lebenden umging.
    »Komm, gehen wir!«, sagte er und zog Karen zur Treppe. »Hier ist niemand.«
    Als sie an Turners Wohnungstür vorübergingen, konnten sie von drinnen das Scheppern fallender Gegenstände und Jarouts Fluchen hören. Karen warf Calman einen vielsagenden Blick zu und folgte ihm hinunter ins Erdgeschoss. Auch sie war mehr als nur ein bisschen genervt von ihrem Bruder, der genau das Verhalten an den Tag legte, mit dem zu rechnen gewesen war. Je länger sie ihn beobachtete, umso überzeugter war sie davon, dass er exakt dieselbe Person war, die sie vor fünf Jahren kennengelernt hatte. Ein unbeherrschter Egoist, der wohl kaum zögerte, andere zum eigenen Vorteil zu opfern.
    Mitten in ihren brütenden Überlegungen stockte Karen plötzlich. »Der Keller«, flüsterte sie und krallte ihre Finger in Calmans Arm.
    »Was ist damit?«
    »Ich weiß nicht. Irgendwas.«
    Eine vage Antwort, doch mehr konnte sie auch nicht sagen. Allerdings lernte sie während der vergangenen Jahre ihrem Instinkt zu vertrauen. Mit achtzig Prozent Wahrscheinlichkeit bestätigten sich ihre Ahnungen.
    »Gut, dann sehen wir nach«, bestimmte Calman und war mit einem Satz an der Kellertür.
    Die metallene Sicherheitstür war unverschlossen, doch schienen die Scharniere eingerostet, denn sie ließ sich nur schwer öffnen. Der Keller dahinter war tintenschwarze Dunkelheit. Nicht einmal die oberste Treppenstufe war zu erkennen. Karen beugte sich durch den Türrahmen und leuchtete mit der immer schwächer strahlenden Taschenlampe in die Tiefe. Im ersten Moment war sie nicht sicher, doch sie glaubte, die eckigen Umrisse gestapelter Kisten zu erkennen. Sie schienen gegen eine Holzwand gelehnt.
    Am Fuß der Treppe stand ein Stuhl. Erst fiel ihr gar nicht auf, warum sie all diese Details erkennen konnte. Das Licht der Lampe reichte kaum die ersten fünf Stufen hinunter. Doch dann wurde ihr bewusst, dass der Boden des Kellers in einem seltsam grünen Licht fluoreszierte. Ein giftig aussehendes, unwirkliches Leuchten, das wie von festen Wurzeln alter Bäume durchzogen war. Die Helligkeit dieses bedrohlich wirkenden Schimmers beleuchtete den Raum bis zur halben Höhe der Wände.
    »Siehst du das auch?«, fragte Karen Calman, der gleich hinter ihr stand. Sie spürte seine Wange

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