Dunkles Universum 1 - Aguirre, A: Dunkles Universum 1 - Sirantha Jax 1. Grimspace
angeschrien?«
Ich komme mir ziemlich dumm vor und schüttele den Kopf.
»Warum nicht?«
»Ich habe Angst, ihn zu provozieren«, gestehe ich leise ein. »Ich kenne ihn nicht so gut, wie ich dachte.«
»Du hast Angst, Saul zu provozieren?«, wiederholt er ungläubig. »Klar, er ist Pazifist, also lässt du es an mir aus. Du bist wirklich durch und durch einzigartig, Jax. Uns bleiben noch acht Stunden bis Terra Nova. Komm.«
Ich denke nach über das ungute Gefühl, das ich dem Doc gegenüber hege. Nüchtern betrachtet erscheint es unbegründet. Vielleicht werfe ich ihn mit den Unit-Psychiatern in einen Topf, vielleicht sogar mit Canton Farr. Traue ich ihm wirklich zu, etwas Böses zu tun? Oder ist er einfach nur der Ansicht, dass der Zweck die Mittel heiligt? Ich komme zu keinem wirklichen Ergebnis, und als Marsch die Hand nach mir ausstreckt, ergreife ich sie und lasse mich von ihm in seine Kabine führen.
Er bugsiert mich auf die Koje zu, und ich flüstere: »Ich dachte, du hättest gesagt, es wäre noch zu früh.«
Marsch küsst mich auf die Stirn. »Dafür nicht. Ich bin müde, und ich will dich bei mir haben.« In einer einzigen Bewegung lässt er sich auf die Matratze fallen und rollt sich auf die Seite, den Rücken zur Wand. »Außer es gibt einen anderen Ort, an dem du jetzt lieber wärst.« In seiner Stimme liegt eine gewisse Verletzlichkeit, und vielleicht spiele ich ein bisschen mit ihm, als ich mich in seiner Kabine umsehe und so tue, als würde ich das in die Wand integrierte Bett, den kleinen Schrank neben der San-Kabine und das Sys-Terminal an der gegenüberliegenden Seite betrachten. »Jax?«
»Ich glaube, ich könnte mir für dich freinehmen.«
Die Matratze fühlt sich hart an unter meinen Knien und gibt kein bisschen nach, als ich mich auf die Seite lege, das Gesicht ihm zugewandt. Eins ist sicher: Wer auch immer die Folly entworfen hat, hat nicht damit gerechnet, dass zwei Crew-Mitglieder gleichzeitig im selben Bett schlafen könnten, was mir ein wenig kurzsichtig erscheint. Nur wenige Zentimeter trennen uns, dann legt Marsch einen Arm um meine Hüfte und zieht mich an sich heran.
»Licht aus.«
Ich würde ihn selbst im Dunkeln erkennen. Er riecht nach Zitrusfrüchten, vermischt mit dem Duft von dunklem Holz, als stünde ich um Mitternacht in einem Zedernwald. Seine Wärme umspült mich, ich spüre sie von Kopf bis Fuß, und meine Zehen kribbeln.
»Denkst du manchmal an ihn?«
»Wer, ihn?« Marsch klingt schläfrig. Er fährt mit der Hand durch mein Haar und wickelt seine Finger in die strohigen Locken. Ganz sanft, als hätte ich das seidige Haar einer Prinzessin.
»Baby-Z.«
Wir haben noch kein einziges Mal über diese Nacht gesprochen, und es ist allmählich an der Zeit dazu, wenn wir darüber hinwegkommen wollen.
Marsch richtet sich halb auf, stützt sich auf einen Ellbogen. »Du hast Schuldgefühle?«
»Ja.« Das scheint ein bisschen wenig, aber mir fehlen die Worte, um zu beschreiben, wie es sich anfühlt, dieser krasse Gegensatz zwischen dem Moment, als wir beide auf dem Boden kniend das Wunder bestaunten, das sich zu unseren Füßen abspielte, und dann der Augenblick, als ich merkte, gerade nicht nur Canton Farr, sondern auch ein unschuldiges, hilfloses Lebewesen abgeknallt zu haben. Ich weiß nicht mal, wie sein Leben vielleicht ausgesehen hätte oder wie sich seine Eltern gefühlt haben mögen, als sie aufwachten und feststellten, dass eines ihrer Jungen spurlos verschwunden war. Mir fehlt sogar die Grundlage, um angemessen zu trauern.
Ich krümme und winde mich unter der Last dieser Schuld, mir wird schlecht, wenn ich daran denke, wie leichtfertig ich den Kleinen getötet habe. Und dazu kommt noch die Gewissheit: Hätte es sich bei dem Baby um ein Menschenkind gehandelt, hätte ich nicht so schnell geschossen. Letztlich bin ich auch nicht besser als diese Rassisten, die glauben, der Mensch stünde über allen anderen. Mein Leben ist also mehr wert, nur weil mein Organismus anders funktioniert? Ich bin angewidert von mir selbst, denn damit würdige ich auch das Opfer von jemandem herab, der sein Leben für mich gegeben hat.
»Ich kann dir keine Absolution erteilen«, sagt Marsch leise. »Alles, was ich weiß, ist, hättest du dort am Boden gelegen, hätte ich dasselbe für dich getan.«
»Geht es dir auch oft so? Dass nichts, was du jemals tun könntest, deine Schuld wettmachen kann?«
Im Dämmerlicht sehe ich, wie sich sein Blick verändert, abwesend wird, fremd,
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