Durst: Thriller (German Edition)
übliche Scheiß. Die Polizei ermittelt. «
Paulo Johannsen seufzte. » Das scheint mir doch ein merkwürdiger Zufall zu sein. «
Bruno schloss die Lider über seinen hellen Augen. » Was willst du damit sagen? «
Der Ton, den sein Sohn anschlug, irritierte Paulo. Und er machte ihm sogar ein wenig Angst. » Was ich damit sagen will? Dass ein solches Blutbad angerichtet wird, nachdem wir das Land diesen Engländern überlassen haben… «
Bruno zitterte plötzlich. » Das ist ja auch gar kein Zufall. «
Paulo erstarrte, sein Herz ging schwer. » Was willst du damit sagen? «
» Dass diese Engländer nicht mit Samthandschuhen an die Sache rangehen, so wie wir immer. Sie wollten diesen Illegalen sofort zu verstehen geben, wer auf dem Land das Sagen hat, ist doch klar. « Bruno hatte die Stimme leicht erhoben, was Paulo nicht entging.
Er beschloss, die Sache auf sich beruhen zu lassen. » Sicher, kann sein… Eigentlich wollte ich auch nur wissen, wie es dir geht, und kurz mit dir sprechen. «
» Alles klar. Jetzt muss ich aber Schluss machen. Nacht. «
Langsam ging Bruno zu seinem Sofa zurück und schaltete das MacBook an. Er öffnete die Website des Folha de São Paulo und entdeckte, schön groß, das Foto von einem tätowierten Arm, den ein Bettler in einer eleganten Straße in Moema im Müll gefunden hatte. Der Schmerz im Nacken verschwand. In einem Zug leerte Bruno sein viertes Glas Champagner. Etwas, das sich wie Angst anfühlte, hatte sich seiner bemächtigt. Jetzt aber verwandelte es sich schnell in etwas anderes, eine Art Gegengift gegen die schlechte Laune, die ihm sein Vater eingeflößt hatte. Er las den Artikel. Auf dem Arm befand sich eine riesige Tätowierung von einer Kobra, aber an den Händen fehlten die Finger. Gute Arbeit. Neue Soldaten, so musste man es machen. Rotationsprinzip. Es gab so viele junge Leute ohne Arbeit, ein so großes Potential an talentierten Soldaten. Während Bruno den Artikel las, kam ihm ein anderer Journalist in den Sinn, ein Italiener. Die Soldaten von Rio hatten sich auf seine Spur gesetzt und würden die Sache regeln, wie immer.
Es war kurz vor elf, also noch früh. Er stellte das leere Glas auf den Kristalltisch und schob das MacBook beiseite. Durch die Scheibe fielen die weichen Lichter der Großstadt auf seine Füße, Lichter, die ein Glücksgefühl in ihm auslösten. Plötzlich hatte er Lust auf Bewegung und auf etwas Hartes.
Er nahm eine kalte Dusche und zog sich an. Das Taxi rief er nicht von zu Hause, sondern winkte eins auf der Straße heran. Ihm schwebte ein bestimmter Ort vor, und da war es besser, wenn der Taxifahrer nicht allzu viel über ihn wusste. Er hatte Lust auf Körper, Körper wie den von Edith, aber nicht nur. Während das Taxi zügig zwischen den Wolkenkratzern von Itaim entlangglitt, schaute Bruno in die nächtliche Landschaft hinaus, ohne etwas wahrzunehmen. Er dachte nur an Körper, spürte ein obsessives Verlangen nach diesen Körpern, vibrierenden menschlichen Körpern, und viel Champagner.
Ein paar Minuten zuvor hatte William Cosimato die Lampe neben seinem Bett gelöscht. Diese dämliche Sarah Clarice war nicht zu ihrer Verabredung erschienen. Zwanzig Minuten hatte er unten an der Haustür gewartet, als die SMS eintraf: › Es ist etwas dazwischengekommen, tut mir leid. Vielleicht ein andermal. ‹ Das war doch nicht zu fassen– derartig versetzt zu werden, und dann noch von einem Mädel aus Bahia. Dabei hatte er sich sogar die Geschichte mit dem vegetarischen Restaurant ausgedacht.
Das soll sie mir büßen, diese Schlampe, dachte er, während er einzuschlafen versuchte. Was bildet die sich bloß ein? Sie und dieser Dummkopf von einem Biochemiker.
Er hatte nie verstanden, was eine Frau wie Cássia Toledo an diesem unglückseligen Halbindianer fand. Während einer wie er schon um elf im Bett lag… Die Welt ist wirklich verrückt! Aber das zahle ich ihnen heim, dachte er, fast besänftigt. Das zahle ich ihnen in jedem Fall heim.
Cássia Toledo schaute auf die Uhr auf der Kommode. Es war elf. Sie lag nackt unter dem weißen Laken. Matheus war aufgestanden, ins Bad gegangen und nicht wiedergekommen.
» Matty, ist alles okay? «
» Ja, einen Moment noch. «
Sie stand auf und öffnete die Tür. Er saß auf dem geschlossenen Klodeckel.
» Was hast du? «
» Nichts. Ich denke nach. «
» Worüber? «
» Über nichts, Cássia. Kann ich nicht einfach mal einen Moment nachdenken? Alleine? «
Sie verschränkte die Arme vor ihren
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