Éanna - Ein neuer Anfang
leuchteten.
»Ach, Kindchen! Deine teure Bekanntschaft habe ich Patrick doch bewusst bis zum Schluss vorenthalten. Du bist natürlich die Krönung in diesem Konversationsreigen!«, beteuerte Gaylord.
»Du sollst nicht immer Kindchen zu mir sagen!«, rügte Florence ihren Bruder empört. »Wie oft habe ich dir das schon gesagt!«
Gaylord gab sich zerknirscht und lenkte Florence’ Aufmerksamkeit schnell auf Patrick, indem er begann, seinen Freund in den höchsten Tönen zu loben. Mehrmals betonte er dabei, dass er der Neffe von Edmund Wexford sei und wohl schon bald in dessen florierendem Unternehmen die Nachfolge antreten werde. Und wieder meldete Patrick, dem Gaylords Worte mehr als peinlich waren, keinen Widerspruch an.
»Ihr müsst mir unbedingt von Dublin erzählen, Mister O’Brien«, sagte Florence und schenkte Patrick ein reizendes Lächeln. »Ich habe meinen Bruder damals sehr darum beneidet, dass er unseren Vater nach Irland begleiten durfte. Und als er dann wieder hier war, hat er es noch nicht einmal für nötig erachtet, mir in aller Ausführlichkeit von dieser Zeit zu berichten.« Sie blitzte Gaylord an. »Wenn ich es recht bedenke, ist er eigentlich für nichts wirklich zu gebrauchen. Mit Ausnahme von Pferderennen, dem Kricketspiel und seinen Vergnügungen im Jachtklub natürlich!«
Gaylord lachte laut auf, ganz so, als hätte seine Schwester den Nagel auf den Kopf getroffen. »Das halte ich doch für eine sehr maßlose Übertreibung, Schwesterchen!«, protestierte er grinsend.
»Es wird mir ein Vergnügen sein, Miss Sloane, Ihnen von meiner Heimat zu erzählen«, versicherte Patrick lächelnd, und ehe er sich’s versah, hatte Florence ihn nicht nur darum gebeten, ihr ein Glas Punsch zu bringen, sondern ihn im Anschluss auch in ein Gespräch über seine ersten Eindrücke von New York verwickelt.
Er genoss ihre Anwesenheit sehr; Florence Sloane war eine kritische und genaue Zuhörerin und ließ im Gespräch einen wachen und neugierigen Geist erkennen. Hatte Patrick zuvor geglaubt, sich nach spätestens zwei Stunden bei den Sloanes wieder verabschieden und in sein Hotel zurückkehren zu können, so musste er nun erkennen, dass er sich gewaltig geirrt hatte. Denn er amüsierte sich so gut auf diesem glanzvollen Fest, dass er bis in die späten Abendstunden blieb – und das angeregte Geplauder mit Florence, die immer wieder für einige Minuten bei ihm und Gaylord auftauchte, war dabei nur einer der Gründe.
Zu späterer Stunde gesellte sich schließlich auch William Sloane zu ihnen in den feudalen Rauchsalon, wo sie angeregt über die angespannte politische Lage in Europa und die industrielle Entwicklung Amerikas diskutierten. Champagner und Brandy taten ihr Übriges, um Patrick immer mehr das wohlig entspannte Gefühl zu geben, in diesem elitären Kreis wirklich willkommen zu sein und trotz seiner Jugend von erfolgreichen Männern wie Mister Sloane ernst genommen zu werden.
Als dieser schließlich nach einer guten Stunde seinen Zigarrenstummel in einem kristallenen Aschenbecher ausdrückte und aus dem tiefen Ledersessel aufstand, um sich anderen Gästen zu widmen, sprach er zu Patricks Überraschung eine spontane Einladung aus: »Ihr müsst uns in diesem Sommer unbedingt für einige Wochen in unserem Cottage auf Long Island besuchen, Mister O’Brien! Jemanden wie Euch um sich zu haben, kann meinem Müßiggänger von Sohn nur guttun!« Und an Gaylord gewandt fuhr er fort: »Sorge bitte dafür, dass wir das Vergnügen haben, Mister O’Brien auf Long Island wiederzusehen!« Dann stand William Sloane auf, schüttelte Patrick noch einmal die Hand und verließ den Salon.
Verblüfft sah Patrick zu Gaylord hinüber. »Was um alles in der Welt hat dein Vater denn damit gemeint?«, fragte er, obwohl er sich die Antwort schon denken konnte. Gaylord grinste. »Wir haben am Strand von Long Island ein Cottage. Wer kann, verbringt die Sommermonate, in denen es mörderisch heiß in der Stadt werden kann, nicht in New York. Stattdessen hält man sich irgendwo in den Bergen auf oder an der Küste. Ich hätte dich auch ohne den Wunsch meines Vaters zu uns nach Long Island eingeladen. Was meinst du – hast du Lust, uns dort Gesellschaft zu leisten?«
»Das ist sehr großzügig von dir und deinem Vater. Aber das kann ich doch nicht annehmen!«, wandte Patrick ein. »Schon gar nicht für mehrere Wochen!«
»Und ob du das kannst! Es werden sicher noch mindestens zehn bis fünfzehn andere Freunde des Hauses einen
Weitere Kostenlose Bücher