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EB1021____Creepers - David Morell

EB1021____Creepers - David Morell

Titel: EB1021____Creepers - David Morell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Morrell
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hatte, habe ich die
    gefesselten Hände unter den Hüften und Beinen durch nach
    vorn gezerrt. Ich hab mir die rechte Schulter ausgekugelt da‐
    bei, aber ich hatte die Hände vorn. So.« Im Licht der Taschen‐
    lampen und der flackernden Kerzenflammen hob Balenger
    seine mit Klebeband gefesselten Hände. »Und?«, fragte JD.
    Balenger hastete weiter. »Das Gewehrfeuer und die Explo‐
    sionen sind schlimmer geworden. Der Raum hatte einen ge‐
    schlossenen hölzernen Laden. Ich hab dran gezerrt, aber er
    war von außen befestigt, also hab ich den Stuhlsitz genommen
    und drauflosgehämmert. Ich kann euch gar nicht sagen, wie
    ich gehämmert habe. Irgendwann hatte ich den Laden aufgeb‐
    rochen. Ich hab mich durchgezwängt und bin auf die ausge‐
    renkte Schulter gefallen. Ich hab mir nicht erlaubt, vor
    Schmerzen ohnmächtig zu werden. Ich musste weiter weg. Ich
    musste dieses Jetzt noch weiter ausdehnen. Leute sind panisch
    vor den Schüssen und Explosionen weggerannt, und die näch‐
    ste Explosion hat mich richtiggehend hochgehoben. Sie war
    unglaublich dicht hinter mir. Diesmal bin ich bewusstlos ge‐
    worden, und als ich wieder da war, ist mir aufgegangen, dass
    die Explosion von dem Gebäude herkam, wo ich gefangen
    gehalten worden war. Eine Mörsergranate hat es getroffen und
    eingeebnet.«
    »Und?«, fragte Todd.
    »Eine Patrouille von amerikanischen Rangers hat mich ge‐
    funden. Die Firma, für die ich gearbeitet habe, Blackwater, hat
    dafür gesorgt, dass ich zu einem Arzt gebracht wurde. Ich war
    erst zwei Wochen im Irak gewesen. Sie haben mir den ganzen
    Monat bezahlt. Und den Heimflug auch. Ich hatte eine Versi‐
    cherung, die sie mir beschafft hatten. Fünfzigtausend, wenn
    ich umkomme; fünfundzwanzigtausend, wenn ich verletzt
    werde. Fünfundzwanzigtausend. Davon habe ich seither ge‐
    lebt. Der Psychiater vom Veteranenhospital, zu dem ich gehe,
    sagt, es ist posttraumatisches Stress‐Syndrom. Ach wirklich.
    ›Stress‹ trifft’s. Die Welt ist ein Alptraum. Jede Menge Stress,
    vor allem, wenn man versucht, nicht an Typen mit Kapuzen
    zu denken, die einem den Kopf abschlagen wollen.« Balenger
    merkte, dass er vom »ich« zum »man« übergegangen war. Der
    Psychiater nannte es Disassoziation. Seine Stimme schwankte.
    Sein Herz hämmerte so schnell, dass der Blutdruck die Adern
    in seinem Hals anschwellen ließ. »So, jetzt wisst ihr also, dass
    ich kein Bulle bin.«
    »Wissen wir das? Wie habt ihr euch kennen gelernt, der
    Professor und du?«
    »Ich hab euch doch erzählt, ich hab ein Seminar bei ihm be‐
    sucht.« Balengers Kleidung war schweißgetränkt. »Wenn man
    in einem Alptraum lebt, wie schafft man es dann, die Welt hin‐
    ter sich zu lassen? Irak. Es ist überall. Wie kommt man weg
    von diesem gottverdammten Irak? Die Vergangenheit. Ich
    wollte nichts weiter, als in die Vergangenheit entkommen.
    Mein Psychiater hat gedacht, es könnte helfen, wenn ich alte
    Romane lese, Bücher, die mir das Gefühl geben, ich wäre in der
    Vergangenheit. Ich hab’s mit Dickens versucht. Ich hab’s mit
    Tolstoi versucht. Ich hab’s mit Alexandre Dumas versucht.
    Aber dieses Kapitel in Der Graf von Monte Christo, wo sie den
    Helden in einen Sack stecken und ins Meer werfen, war mir zu
    realistisch. Also hab ich angefangen, Geschichtsbücher zu le‐
    sen. Biographien von Benjamin Franklin und Wordsworth und
    die Anfänge der Rothschild‐Dynastie. Franklin und Word‐
    sworth und die Rothschild‐Dynastie haben mich einen Dreck
    interessiert, aber es war die sichere, ungefährliche Vergangen‐
    heit. Alles, solange es vor dem zwanzigsten Jahrhundert war.
    Dicke schwere Bücher, mit denen ich mir beinah einen Bruch
    gehoben habe. Je dicker, desto besser. Je mehr Details, desto
    besser. Fußnoten. Ich liebe Fußnoten. Die einzigen modernen
    Romane, die ich lese, sind von Jack Finney und Richard Ma‐
    theson. Von Zeit zu Zeit. Bid Time Return. Figuren, die verzwei‐
    felt versuchen, der Gegenwart zu entkommen. Sie haben sich
    so sehr drauf konzentriert, dass sie es wirklich in die Vergan‐
    genheit geschafft haben. Schön wär’s. Ich bin zur State Univer‐
    sity in Buffalo gegangen, habe so getan, als wäre ich Student,
    und mich in alle Geschichtsseminare gesetzt, in die ich mich
    reinschleichen konnte. Als der Professor gemerkt hat, dass ich
    nicht eingeschrieben war, hat er mich zu sich ins Büro bestellt.
    Ich hab ihm von mir erzählt. Er hat mich in seine anderen Se‐
    minare

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